Sämtliche Dramen
Ohr!
Es treten auf Leontes, Antigonus und andre Herren vom Hofe.
Leontes
.
Man traf ihn dort? Sein Zug? Camillo mit ihm?
Erster Herr
.
Ich traf sie hinterm Pinienwald; noch nie
Sah Menschen ich so eilen; meine Blicke
Verfolgten zu den Schiffen sie.
Leontes
.
Wie glücklich,
Daß ich so recht gesehn, die Wahrheit traf! –
Ach! irrt’ ich lieber! Wie verdammt bin ich
In diesem Glück! – Wohl kann sich eine Spinne
Verkriechen in den Becher, und man trinkt;
Man geht, und spürt kein Gift; nicht angesteckt
Ward das Bewußtsein; aber hält uns einer
Die ekelhafte Zutat vor, und sagt uns,
Was wir getrunken, sprengt man Brust und Seiten
Mit heft’gem Würgen: – ich trank und sah die Spinne.
Camillo half dazu und war sein Kuppler; –
Ein Anschlag ist’s auf meinen Thron, mein Leben;
Zur Wahrheit wird Verdacht: – der falsche Bube,
Den ich bestellt, war vorbestellt von ihm;
Er hat ihm meinen Plan entdeckt, und ich
Bin ein geäffter Tor für sie, ein Spielball
Für ihre Laune. – Wie denn sind so leicht
Die Pforten ihnen aufgetan?
Erster Herr
.
Durch Vollmacht,
Durch die er oft schon dies ins Werk gestellt,
Wenn Ihr’s befahlt.
Leontes
.
Ich weiß es nur zu wohl. –
Gib mir das Kind; ein Glück, daß du’s nicht nährtest:
Trägt er von mir auch manchen Zug, hat er
Doch zu viel Blut von dir.
Hermione
.
Was ist das? Scherz?
Leontes
.
Tragt fort das Kind, er soll nicht bei ihr sein;
Hinweg mit ihm: – mit jenem mag sie scherzen,
Womit sie schwanger, denn Polyxenes
Verdankst du das.
Hermione
.
Ich kann es wohl verneinen
Und schwören, daß Ihr meinem Leugnen glaubt,
Wenn Ihr gleich anders scheinen wollt.
Leontes
.
Ihr Herren,
Schaut dort sie an und scharf, gern spräch’ dann jeder,
Nicht wahr: »Die Frau ist lieblich?« Doch es muß
Die Redlichkeit des Herzens alsbald sprechen:
»Wie schade, daß sie keusch nicht ist und ehrbar!«
Preist sie nur um dies Außenwerk des Leibes
(Das man gewiß hoch darf in Rechnung stellen),
Und gleich wird Achselzucken, Hum und Ha,
Die kleinen Brandmal’, die Verleumdung braucht, –
Oh! weit gefehlt, die Milde braucht; Verleumdung
Brennt ja die Tugend selbst: – dies Achselzucken,
Dies Hum und Ha, wie ihr sie lieblich nanntet,
Dringt, eh’ ihr keusch sie nennen könnt, hervor.
Doch hört
Von ihm, den’s wohl am tiefsten schmerzen muß:
Sie ist Eh’brecherin.
Hermione
.
Sagte das ein Bube,
Der ausgemachtste Bube auf der Welt,
Er wär’ ein um so ärgrer Bub’: Ihr, mein Gemahl,
Seid nur im Irrtum.
Leontes
.
Ihr, Fürstin, wart verirrt.
Weit, vom Leontes zum Polyxenes.
O du Geschöpf!
Das ich nicht nennen will, wie du verdienst,
Daß Barbarei, an mir ein Beispiel nehmend,
Nicht gleiche Sprach’ in allen Ständen führe,
Vernichtend jede Sitte, die den Fürsten
Vom Bettler unterschied! – Ich hab’s gesagt,
Sie ist Eh’brecherin, und gesagt, mit wem;
Mehr noch, Verrät’rin ist sie, und Camillo
Ihr Mitverschworner, der um alles weiß,
Was sie sich schämen sollte selbst zu wissen,
Sie nur, mit ihrem schändlichen Verführer,
Daß sie verbuhlt ist, schlecht wie jene, die
Der Pöbel mit den frechsten Namen schilt;
Ja, auch vertraut war sie mit dieser Flucht.
Hermione
.
Bei meinem Leben! Nein,
Vertraut mit nichts von dem; wie wird’s Euch schmerzen,
Wenn Ihr zu hellrer Einsicht einst gelangt,
Daß Ihr mich so beschimpft habt! Teurer Herr,
Ihr könnt mir kaum genug tun, sagt Ihr dann:
Ihr irrtet Euch.
Leontes
.
Nein, nein; wenn ich mich irre
In diesem Fundament, worauf ich baue,
So ist die Erd’ nicht stark genug, zu tragen
Des Knaben Kreisel. – Fort mit ihr zum Kerker!
Wer für sie spricht, der ist schon deshalb schuldig,
Bloß weil er spricht.
Hermione
.
Es herrscht ein bös Gestirn;
Ich muß geduldig sein, bis der Aspekt
Am Himmel günst’ger ist. – Ihr guten Herrn,
Ich weine nicht so schnell, wie mein Geschlecht
Wohl pflegt; der Mangel dieses eiteln Taues
Macht wohl eu’r Mitleid welken; doch hier wohnt
Der ehrenvolle Schmerz, der heft’ger brennt,
Als daß ihn Tränen löschten: ich ersuch’ euch,
Mit einem Sinn, so mild, als eure Liebe
Euch stimmen mag, meßt mich, – und so geschehe
Des Königs Wille!
Leontes
zu der Wache.
Wird man mir gehorchen?
Hermione
.
Und wer begleitet mich? – Ich bitt’ Eu’r Hoheit,
Mir meine Frau’n zu lassen; denn ihr seht,
Mein Zustand fodert’s. Weint nicht, gute Kinder,
Es ist kein Grund; hört ihr, daß
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