Sämtliche Dramen
verderben!
Schämt ihr euch nicht, anmaßende Vasallen,
Mit unbescheidnem, lautem Ungestüm
Den König und uns alle zu verstören?
Und ihr, Mylords, mich dünkt, ihr tut nicht wohl,
Wenn ihr so duldet ihr verkehrtes Trotzen,
Viel minder, wenn ihr selbst aus ihrem Mund
Zu Händeln zwischen euch den Anlaß nehmt.
Laßt mich zu beßrer Weise euch bereden!
Exeter
.
Es kränkt den König: lieben Lords, seid Freunde!
König Heinrich
.
Kommt her, ihr, die ihr Kämpfer wolltet sein.
Hinfort befehl’ ich euch bei meiner Gunst,
Den Streit und seinen Grund ganz zu vergessen;
Und ihr, Mylords! Bedenket, wo ihr seid:
In Frankreich, unter wankelmüt’gem Volk.
Wenn sie in unsern Blicken Zwietracht sehn,
Und daß wir unter uns nicht einig sind,
Wie wird ihr grollendes Gemüt erregt
Zu starrem Ungehorsam und Empörung?
Was wird es überdies für Schande bringen,
Wenn fremde Prinzen unterrichtet sind,
Daß um ein Nichts, ein Ding von keinem Wert.
Des König Heinrichs Pairs und hoher Adel
Sich selbst zerstört und Frankreich eingebüßt?
O denkt an die Erob’rung meines Vaters,
An meine zarten Jahre; laßt uns nicht
Um Possen das, was Blut erkauft, verschleudern!
Laßt mich der streit’gen Sache Schiedsmann sein.
Ich seh’ nicht, wenn ich diese Rose trage,
indem er eine rote Rose ansteckt
Weswegen irgendwer argwöhnen sollte,
Ich sei geneigter Somerset als York.
Sie sind verwandt mir, und ich liebe beide;
Man kann so gut an mir die Krone rügen,
Weil ja der Schotten König eine trägt.
Doch eure Weisheit kann euch mehr bereden,
Als ich zur Lehr’ und Mahnung fähig bin:
Und drum, wie wir in Frieden hergekommen,
So laßt uns stets in Fried’ und Freundschaft bleiben.
Mein Vetter York, in diesem Teil von Frankreich
Bestallen wir für uns Euch zum Regenten;
Und, lieber Herzog Somerset, vereint
Mit seinem Heer zu Fuß die Reiterscharen.
Wie echte Untertanen, Söhne eurer Ahnherrn,
Geht freudiglich zusammen und ergießt
Die zorn’ge Galle wider eure Feinde.
Wir selbst, Mylord Protektor, und die andern
Gehn nach Calais zurück nach ein’ger Rast;
Von da nach England, wo ich hoff’, in kurzem
Durch eure Siege vorgeführt zu sehn
Karl, Alençon und die Verräterbande.
Trompetenstoß.
König Heinrich, Gloster, Somerset, Winchester, Suffolk und Basset ab.
Warwick
.
Mylord von York, der König, auf mein Wort,
Hat artig seine Rednerkunst gezeigt.
York
.
Das tat er auch; jedoch gefällt’s mir nicht,
Daß er von Somerset das Zeichen trägt.
Warwick
.
Pah! Das war nur ein Einfall, scheltet’s nicht:
Der holde Prinz, ich wett’, er meint kein Arges.
York
.
Und wenn ich’s wüßte, – doch das mag beruhn,
Zu führen gibt’s nun andere Geschäfte.
York, Warwick und Vernon ab.
Exeter
.
Gut, Richard, daß du deine Stimm’ erstickt!
Denn, bräch’ die Leidenschaft des Herzens aus,
So fürcht’ ich, sähen wir daselbst entziffert
Mehr bittern Groll, mehr tobend wilde Wut,
Als noch sich denken und vermuten läßt.
Doch, wie es sei, der schlichteste Verstand,
Der die Mißhelligkeit des Adels sieht,
Wie einer stets den andern drängt am Hof,
Und ihrer Diener heftige Parteiung,
Muß einen übeln Ausgang prophezein.
Schlimm ist’s, wenn Kindeshand den Szepter führt;
Doch mehr, wenn Neid erzeugt gehäss’ge Irrung:
Da kommt der Umsturz, da beginnt Verwirrung.
Ab.
¶
Zweite Szene
Vor Bourdeaux.
Talbot tritt auf mit seinen Truppen.
Talbot
.
Geh zu den Toren von Bourdeaux, Trompeter,
Lad’ auf die Mauer ihren Feldhauptmann.
Eine Trompete bläst die Einladung zur Unterredung.
Auf den Mauern erscheint der Befehlshaber der französischen Truppen und andre.
Der Englische John Talbot ruft euch her,
Heinrichs von England Diener in den Waffen;
Und dieses will er: Öffnet eure Tore,
Demütigt euch, nennt meinen König euren,
Und huldigt ihm wie treue Untertanen.
So zieh’ ich fort mit meiner blut’gen Macht.
Doch seht ihr sauer dem erbotnen Frieden,
So reizt zur Wut ihr meine drei Begleiter,
Vierteilend Schwert, wild Feuer, hohlen Hunger,
Die eure Türme, so den Lüften trotzen,
Im Augenblick dem Boden machen gleich,
Wenn ihr den Antrag ihrer Huld versäumt.
Befehlshaber
.
Du ahndungsvoller, grauser Todesvogel,
Schreck unsrer Nation und blut’ge Geißel!
Es naht das Ende deiner Tyrannei.
Du dringst zu uns nicht ein, als durch den Tod:
Denn, ich beteur’ es, wir sind wohl verschanzt
Und stark genug, zu Kämpfen auszufallen;
Ziehst du
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