Sämtliche Dramen
tugendhaft, voll stolzen Muts,
Die durch den Krieg zum Ansehn sich erhoben,
Den Tod nicht scheuend, noch vor Nöten zagend,
Vielmehr im Äußersten entschlossen stets.
Wer denn nicht also ausgestattet ist,
Maßt sich nur an den heil’gen Namen Ritter,
Entweihend diesen ehrenvollen Orden;
Und sollte (wär’ ich würdig, da zu richten)
Durchaus verworfen werden, wie ein Bettler,
Am Zaun geboren, welcher sich erfrecht,
Mit seinem adeligen Blut zu prahlen.
König Heinrich
.
Schimpf deines Lands! Da hörst du deinen Spruch!
Drum pack’ dich weg, du, der ein Ritter war:
Wir bannen dich hinfort bei Todesstrafe. –
Fastolfe ab.
Und nun, Mylord Protektor, lest den Brief
Von unserm Oheim, Herzog von Burgund.
Gloster
die Überschrift betrachtend.
Was meint er, so die Schreibart zu verändern?
Nur »an den König« schlicht und grade zu?
Hat er vergessen, wer sein Lehnsherr ist?
Wie? Oder tut die grobe Überschrift
Veränderung des guten Willens kund?
Was gibt es hier?
Liest.
»Ich bin aus eignen Gründen,
Aus Mitleid über meines Lands Ruin
Samt aller derer kläglichen Beschwerden,
Die Eure Unterdrückung ausgezehrt,
Von Eurer höchst verderblichen Partei
Zu Frankreichs echtem König Karl getreten.«
O scheußlicher Verrat! Kann es denn sein,
Daß unter Freundschaft, Bündnissen und Schwüren
So falsch verstellter Trug erfunden wird?
König Heinrich
.
Was? Fällt mein Oheim von Burgund mir ab?
Gloster
.
Ja, gnäd’ger Herr, und ward nun Euer Feind.
König Heinrich
.
Ist das das Schlimmste, was sein Brief enthält?
Gloster
.
Es ist das Schlimmste, weiter schreibt er nichts.
König Heinrich
.
Ei nun, so soll Lord Talbot mit ihm sprechen
Und Züchtigung für sein Vergehn ihm geben.
Was sagt Ihr, Mylord? Seid Ihr es zufrieden?
Talbot
.
Zufrieden, Herr? Ihr kamt mir nur zuvor,
Sonst hätt’ ich um den Auftrag Euch gebeten.
König Heinrich
.
So sammelt Macht und zieht gleich wider ihn.
Er fühle, wie uns sein Verrat entrüstet,
Und wie gefehlt es ist, der Freunde spotten.
Talbot
.
Ich gehe, Herr, im Herzen stets begehrend,
Daß Ihr die Feinde mögt vernichtet sehn.
Ab.
Vernon und Basset treten auf.
Vernon
.
Gewährt den Zweikampf mir, mein gnäd’ger Herr!
Basset
.
Und mir, mein Fürst, gewährt den Zweikampf auch!
York
.
Dies ist mein Diener: hört ihn, edler Prinz!
Somerset
.
Dies meiner; liebster Heinrich, sei ihm hold!
König Heinrich
.
Seid ruhig, Lords, laßt sie zu Worte kommen;
Sagt, Leute: was bewegt euch, so zu rufen?
Und warum wollt ihr Zweikampf? Und mit wem?
Vernon
.
Mit ihm, mein Fürst, denn er hat mich gekränkt.
Basset
.
Und ich mit ihm, denn er hat mich gekränkt.
König Heinrich
.
Was ist die Kränkung, über die ihr klagt?
Laßt hören, und dann geb’ ich euch Bescheid.
Basset
.
Als ich von England überfuhr nach Frankreich,
So schmähte mich mit boshaft scharfer Zunge
Der Mensch hier um die Rose, die ich trage,
Und sagte, ihrer Blätter blut’ge Farbe
Bedeute das Erröten meines Herrn,
Als er der Wahrheit starr sich widersetzt
Bei einer zwist’gen Frage in den Rechten,
Worüber Herzog York und jener stritt,
Nebst andern schimpflichen und schnöden Worten;
Zu Widerlegung welcher groben Rüge,
Und meines Herrn Verdienste zu verfechten,
Des Waffenrechtes Wohltat ich begehre.
Vernon
.
Das ist auch mein Gesuch, mein edler Fürst;
Denn mag er gleich durch schlauen, feinen Vortrag
Der dreisten Absicht einen Firnis leihn:
Wißt dennoch, Herr, ich ward gereizt von ihm,
Und er nahm Anstoß erst an diesem Zeichen,
Mit solchem Ausspruch: dieser Blume Blässe
Verrate Schwäch’ im Herzen meines Herrn.
York
.
Läßt diese Bosheit, Somerset, nicht nach?
Somerset
.
Und Euer Groll, Mylord von York, bricht aus,
Ob Ihr ihn noch so schlau zu dämpfen sucht.
König Heinrich
.
O Gott, wie rast der Menschen krankes Hirn,
Wenn aus so läppischem, geringem Grund
So eifrige Parteiung kann entstehn!
Ihr lieben Vettern, York und Somerset,
Beruhigt euch, ich bitt’, und haltet Frieden!
York
.
Laßt ein Gefecht erst diesen Zwist entscheiden,
Und dann gebiete Eure Hoheit Frieden.
Somerset
.
Der Zank geht niemand an als uns allein,
So werd’ er zwischen uns denn ausgemacht.
York
.
Da ist mein Pfand; nimm, Somerset, es an.
Vernon
.
Nein, laßt es da beruhn, wo es begann.
Basset
.
Bestätigt das, mein hochgeehrter Fürst!
Gloster
.
Bestätigt das? Verflucht sei euer Streit!
Mögt ihr und euer frech Geschwätz
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