Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sämtliche Dramen

Sämtliche Dramen

Titel: Sämtliche Dramen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Shakespeare
Vom Netzwerk:
zurück, so steht bereit der Dauphin,
    Dich mit des Krieges Schlingen zu verstricken.
    Gelagert sind Geschwader rechts und links,
    Dir zu der Flucht die Freiheit zu vermauern;
    Du kannst dich nirgends hin um Hülfe wenden,
    Wo nicht der Tod mit Untergang dir droht
    Und bleich Verderben dir die Stirne bietet.
    Zehntausend Franken woll’n, und nahmen drauf
    Das Sakrament, ihr tödliches Geschütz
    Auf keine Christenseel’ als Talbot sprengen.
    Sieh! Dort noch stehst und atmest du, ein Mann
    Von unbesiegbar’m, unbezwungnem Geist:
    Dies ist die letzte Glorie deines Preises,
    Mit welcher ich, dein Feind, dich noch begabe;
    Denn eh’ das Glas, das jetzt beginnt zu rinnen,
    Den Fortgang seiner sand’gen Stunde schließt,
    Wird dieses Aug’, das wohlgefärbt dich sieht,
    Dich welk erblicken, blutig, bleich und tot.
    Man hört Trommeln in der Ferne.
    Horch! Horch!
    Des Dauphins Trommel, eine Warnungsglocke,
    Spielt deiner bangen Seele Trau’rmusik,
    Und meine läute dir zum grausen Abschied.
    Der Befehlshaber und Gefolge ab von der Mauer.
    Talbot
.
    Er fabelt nicht, ich höre schon den Feind. –
    Auf, leichte Reiter! Späht um unsre Flanken. –
    O lässige, saumsel’ge Kriegeszucht!
    Wie sind wir eingehegt und rings umzäunt,
    Ein kleiner Rudel scheues Wild aus England,
    Von Kuppeln fränk’scher Hunde angeklafft!
    Sind wir denn englisch Wild, so seid voll Muts,
    Fallt nicht auf einen Biß, Schmaltieren gleich,
    Kehrt wie verzweifelnde tollkühne Hirsche
    Gestählte Stirnen auf die blut’gen Hunde,
    Daß aus der Fern’ die Feigen bellend stehn.
    Verkauft sein Leben jeglicher wie ich,
    So finden sie ein teures Wild an uns.
    Gott und Sankt George! Talbot und Englands Recht
    Bring’ unsern Fahnen Glück in dem Gefecht!
    Ab.
    ¶

Dritte Szene
    Ebne in Gascogne.
    York tritt auf mit Truppen, zu ihm ein Bote.
    York
.
    Sind nicht die hurt’gen Späher wieder da,
    Die nachgespürt dem mächt’gen Heer des Dauphin?
    Bote
.
    Sie sind zurück, Mylord, und geben an,
    Er sei gezogen nach Bourdeaux mit Macht,
    Zum Kampf mit Talbot; wie er zog entlang,
    Entdeckten Eure Späher zwei Geschwader,
    Noch mächtiger als die der Dauphin führte,
    Die nach Bourdeaux, vereint mit ihm, sich wandten.
    York
.
    Verflucht sei doch der Schurke Somerset,
    Der mein versprochnes Hülfswerk so verzögert
    Von Reiterei, geworben zur Belag’rung.
    Der große Talbot wartet meiner Hülfe,
    Und mich betölpelt ein Verräterbube,
    Daß ich nicht beistehn kann dem edlen Ritter.
    Gott helf’ ihm in den Nöten! Geht er unter,
    Dann alle Krieg’ in Frankreich, fahret wohl!
    Sir William Lucy tritt auf.
    Lucy
.
    Du fürstlich Haupt der englischen Gewalt,
    Der nie so nötig war auf Frankreichs Boden,
    Hin sporne zu des edlen Talbots Rettung,
    Den Eisenbande jetzt umgürtet haben
    Und grimmiges Verderben eingeengt.
    Auf, mut’ger Herzog, nach Bourdeaux! Auf, York!
    Leb wohl sonst, Talbot, Frankreich, Englands Ehre!
    York
.
    O Gott! Wär’ Somerset, der, stolzen Herzens,
    Mir die Schwadronen hält, an Talbots Stelle:
    So würd’ ein tapfrer Edelmann gerettet,
    Ein Feigling und Verräter dran gewagt.
    Daß wir so sterben, zwingt mich Wut zu weinen,
    Indes Verräter träg zu schlafen scheinen.
    Lucy
.
    O sendet Hülfe dem bedrängten Lord!
    York
.
    Er stirbt, wir fall’n; ich brach mein krieg’risch Wort:
    Wir trauern, Frankreich lacht; wir fall’n, sie steigen
    Durch Somersets verrät’risches Bezeigen.
    Lucy
.
    Erbarm’ sich Gott dann Talbots wackrer Seele
    Und seines Sohnes John, den vor zwei Stunden
    Ich auf der Reise traf zu seinem Vater!
    Die sich in sieben Jahren nicht gesehn,
    Sie treffen sich: da ist’s um sie geschehn.
    York
.
    Ach, was für Lust denkt Ihr, daß Talbot habe,
    Da er den Sohn willkommen heißt zum Grabe?
    Fort! Jammer würgt mich, daß die Todesstund’
    Erneuern muß getrennter Freunde Bund.
    Lucy, leb wohl! Ich weiß nun keinen Rat,
    Als den verfluchen, der den Schaden tat.
    Maine, Blois, Poitiers und Tours sind alle hin:
    Des Falschen Zögern schaffte den Gewinn.
    Ab.
    Lucy
.
    So, weil der Geier der Empörung nagt
    Am Busen solcher mächtigen Gebieter,
    Beut schlafende Versäumnis dem Verlust
    Des kaum erkalteten Erob’rers Werk,
    Des Manns von ewig lebendem Gedächtnis,
    Heinrich des Fünften: weil sie sich zuwider,
    Stürzt Leben, Ehre, Land und alles nieder.
    Ab.
    ¶

Vierte Szene
    Eine andre Gegend in Gascogne.
    Somerset mit seinen Truppen tritt auf, mit ihm ein Offizier von Talbots Heer.
    Somerset
.
    Es ist zu

Weitere Kostenlose Bücher