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Sämtliche Dramen

Sämtliche Dramen

Titel: Sämtliche Dramen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Shakespeare
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nur zu gut:
    Bezeug’s der arme Stumpf, die Purpurschrift,
    Bezeug’s dies Antlitz, tief von Gram gefurcht,
    Bezeug’s der traur’ge Tag, die lange Nacht,
    Bezeug’ es alles Weh, – ich kenne dich
    Als unsre stolze Kais’rin Tamora.
    Nicht wahr, du kommst um meine zweite Hand?
    Tamora
.
    Unsel’ger, wiss’, ich bin nicht Tamora;
    Sie haßt dich, ich bin freundlich dir gesinnt:
    Ich bin die Rach’, entsandt dem Höllenreich,
    Dein Herz zu heilen von des Geiers Biß
    Durch blutige Vergeltung an dem Feind. –
    Komm und begrüß’ mich auf der Oberwelt,
    Zieh’ mich zu Rat nun über Tod und Mord!
    Denn keine Höhle gibt es, kein Versteck,
    Kein ödes Dunkel, kein umnebelt Tal,
    Wo Raub und Schandtat und verruchter Mord
    Sich scheu verbergen, – dennoch find’ ich sie,
    Und nenne meinen grausen Namen »Rache«,
    Der die verworfnen Sünder zittern macht.
    Titus
.
    So bist du Rache? Bist mir zugesandt,
    Um allen meinen Feinden Qual zu sein?
    Tamora
.
    Ich bin’s; drum komm herab, begrüße mich!
    Titus
.
    Tu’ einen Dienst mir, eh’ ich dir vertrau’, –
    Sieh, dir zur Seite seh’ ich Raub und Mord:
    Nun gib Beweis, daß du die Rache bist;
    Erstich sie, schleif’ sie an des Wagens Rädern,
    Dann will ich kommen und dein Fuhrmann sein,
    Und rasch mit dir hinbrausen um die Welt.
    Schaff’ dir zwei wackre Renner, schwarz wie Nacht,
    Dein rächend Fuhrwerk fortzuziehn im Sturm;
    Such’ Mörder auf in ihrer schuld’gen Schlucht;
    Und ist dein Karrn von ihren Häuptern voll,
    Dann steig’ ich ab und trab’ am Wagenrad
    Gleich einem Knecht zu Fuß den ganzen Tag,
    Früh von Hyperions Aufgang dort in Ost,
    Bis wo er abends spät sich taucht ins Meer:
    Und Tag für Tag tu’ ich dies schwere Werk,
    Wenn du mir Raub und Mord allhier vertilgst.
    Tamora
.
    Sie sind mir Diener und begleiten mich.
    Titus
.
    Die beiden dienen dir? Wie nennst du sie?
    Tamora
.
    Sie heißen Raub und Mord, also genannt,
    Weil sie heimsuchen solche Missetat.
    Titus
.
    O Gott! wie gleichen sie der Kais’rin Söhnen! –
    Und du der Kais’rin! – Doch wir ird’schen Menschen
    Sehn mit armsel’gen, blöden, falschen Augen.
    O süße Rache, nun komm’ ich zu dir,
    Und wenn dir eines Arms Umfahn genügt,
    Schließ’ ich dich an die Brust im Augenblick.
    Titus kommt von oben herab.
    Tamora
.
    Ihm so sich fügen, paßt für seine Tollheit!
    Was ich ersann, zu nähren diesen Wahn,
    Das stärkt und unterstützt durch euer Wort!
    Jetzt glaubt er fest, ich sei die Rache selbst,
    Und wie er gläubig solchem Traumbild folgt,
    Soll er zu Lucius senden, seinem Sohn,
    Und während ich beim Schmaus ihn selber halte,
    Ersinn’ ich einen list’gen Anschlag wohl,
    Die leicht betörten Goten zu zerstreun,
    Wo nicht, sie mind’stens feindlich ihm zu stimmen.
    Sieh da, er kommt; nun spiel’ ich meine Rolle.
    Titus tritt auf.
    Titus
.
    Lang’ war ich weit, weit weg; und nur nach dir. –
    Willkommen, Furie, in mein Haus des Wehs!
    Ihr, Raub und Mord, seid gleichfalls mir willkommen!
    Wie gleicht ihr Tamora und ihren Söhnen!
    Ihr wärt vollkommen, fehlt’ euch nicht ein Mohr;
    Gab’s nicht im ganzen Abgrund solchen Teufel?
    Wahrlich, nie schweift die Kaiserin umher,
    Daß nicht ein Mohr in ihrer Nähe sei;
    Und wollt ihr recht der Kön’gin Bild uns stellen,
    So wär’ es gut, ihr hättet solchen Teufel. –
    Doch, wie ihr seid, willkommen! – Was zu tun? –
    Tamora
.
    Was soll’n wir für dich tun, Andronicus?
    Demetrius
.
    Zeig’ mir ’nen Mörder, und ich greif’ ihn an.
    Chiron
.
    Zeig’ mir ’nen Räuber, der Gewalt geübt:
    Ich bin gesandt, ihn vor Gericht zu ziehn.
    Tamora
.
    Zeig’ tausend mir, durch die dein Recht gekränkt:
    Mein Amt ist, alle vor Gericht zu ziehn.
    Titus
.
    Durchsuch’ die frevelhaften Straßen Roms,
    Und findst du einen Menschen, der dir gleicht,
    Den töte, guter Mord, er ist ein Mörder.
    Geh du mit ihm, und wenn’s auch dir gelingt,
    ’nen andern aufzufinden, der dir gleicht,
    Den töte, Raub, er ist ein Weiberschänder.
    Geh du mit ihnen; an des Kaisers Hof
    Lebt eine Kön’gin, und mit ihr ein Mohr,
    Die magst du, als dein Abbild, leicht erkennen,
    Denn ganz, von Kopf zu Füßen, gleicht sie dir.
    Ich bitt’ dich, diesen gib grausamen Tod,
    Sie waren grausam meinem Stamm und mir.
    Tamora
.
    Du hast uns wohl belehrt; wir wollen’s tun.
    Doch nun ersuch’ ich dich, Andronicus,
    Sende zu Lucius, deinem tapfern Sohn,
    Der jetzt auf Rom mit mut’gen Goten zieht:
    Zu einem Schmause lad’ ihn in

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