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Sämtliche Dramen

Sämtliche Dramen

Titel: Sämtliche Dramen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Shakespeare
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die Mutter kommt. –
    Alle gehn ab.
    ¶

Dritte Szene
    Ein Gezelt mit Tischen und andern Sachen.
    Lucius und Marcus treten auf; Goten führen den Aaron gefangen ins Lager.
    Lucius
.
    Wohl, Oheim Marcus, da mein Vater heischt,
    Daß ich gen Rom mich wende, folg’ ich dir.
    Gote
.
    Wir stehn dir bei, es gehe, wie es will.
    Lucius
.
    Oheim, verwahrt mir den grausamen Mohren,
    Den wüt’gen Tiger, den verfluchten Teufel;
    Laßt ihm nicht Nahrung reichen, fesselt ihn,
    Bis er der Kais’rin gegenüber steht,
    Als Zeugnis ihres höchst verworfnen Wandels.
    Dann sorgt, daß stark sei unser Hinterhalt;
    Der Kaiser, fürcht’ ich, ist uns schlimm gesinnt.
    Aaron
.
    Ein Teufel flüstre Flüche mir ins Ohr,
    Und helfe meiner Zung’, hervor zu sprühn
    Die gift’ge Wut, die mir im Herzen schwillt! –
    Lucius
.
    Hinweg, verruchter Hund! Ungläub’ger Sklav’!
    Aaron wird von den Goten weggeführt. Man hört Trompeten blasen.
    Ihr Herrn, helft unserm Ohm, ihn zu geleiten;
    Trompeten melden, daß der Kaiser naht.
    Saturninus, Tamora, Tribunen und Gefolge treten auf.
    Saturninus
.
    Was? hat der Himmel mehr als eine Sonne?
    Lucius
.
    Was frommt es dir, daß du dich Sonne nennst?
    Marcus
.
    Roms Kaiser und du, Neffe, brecht nun ab:
    In Ruhe muß der Streit verhandelt sein.
    Das Mahl ist fertig, welches Titus sorglich
    Geordnet hat zu ehrenwertem Zweck,
    Für Frieden, Lieb’ und Bündnis, Rom zum Heil! –
    So tretet denn heran und nehmet Platz!
    Saturninus
.
    So sei es, Marcus!
    Hoboen. Eine Tafel wird gebracht; Titus, als Koch gekleidet, stellt die Speisen auf den Tisch; Lavinia folgt ihm verschleiert.
    Titus
.
    Willkommen, Herr! Willkommen, Kaiserin! –
    Willkommen, tapfre Goten; willkommen, Lucius!
    Willkommen all’! Ist gleich das Mahl gering,
    Doch wird’s den Hunger stillen. Wollt ihr essen?
    Saturninus
.
    Weshalb in dieser Tracht, Andronicus?
    Titus
.
    Um recht gewiß zu sein, daß nichts mißlang,
    Eu’r Hoheit und die Kais’rin zu bewirten.
    Tamora
.
    Wir sind Euch hoch verpflichtet, wackrer Titus.
    Titus
.
    Kennt’ Eure Maj stät mein Herz, Ihr wärt’s. –
    Mein gnäd’ger Kaiser, löst die Frage mir:
    War’s recht getan vom heftigen Virginius,
    Sein Kind zu töten mit der eignen Hand,
    Weil sie entführt, entehrt, geschändet ward? –
    Saturninus
.
    Das war’s, Andronicus.
    Titus
.
    Eu’r Grund, erhabner Kaiser?
    Saturninus
    Weil das Mädchen
    Nicht überleben durfte solche Schmach
    Und seinen Gram erneun durch ihre Nähe.
    Titus
.
    Ein Grund, nachdrücklich, streng und voll Gehalt,
    Ein Vorgang, Mahnung und gewicht’ge Bürgschaft
    Für mich Unsel’gen, gleiche Tat zu tun: –
    Stirb, stirb, mein Kind, und deine Schmach mit dir,
    Und mit der Schmach auch deines Vaters Gram!
    Er ersticht Lavinien.
    Saturninus
.
    Was tatst du, unnatürlicher Barbar?
    Titus
.
    Ich schlug, um die mein Aug’ erblindet war.
    Ich bin so leidvoll als Virginius einst,
    Und habe tausendmal mehr Grund als er
    Zu solchem Mord; – und jetzt ist es vollbracht.
    Saturninus
.
    Ward sie entehrt? Wer hat die Tat verübt?
    Titus
.
    Wie, eßt Ihr nicht? Nehmt, Hoheit, wenn’s beliebt!
    Tamora
.
    Wie kam’s, daß Vaterhand sie morden muß?
    Titus
.
    Sie mord’ten Chiron und Demetrius,
    Die sie entehrt, die Zung’ ihr ausgeschnitten,
    Durch die sie all dies bittre Leid erlitten.
    Saturninus
.
    Vor uns erscheinen sollen sie sogleich!
    Titus
.
    Nun wohl! hier sind sie schon, zerhackt zu Teig,
    Von dem die Mutter lüstern hat genossen,
    Verzehrend, was dem eignen Blut entsprossen.
    ’s ist wahr! ’s ist wahr! Bezeug’s mein scharfer Dolch!
    Er ersticht Tamora.
    Saturninus
.
    Wahnwitz’ger, stirb! Nimm das für deinen Hohn!
    Ersticht den Titus.
    Lucius
.
    Des Vaters blutig Ende rächt der Sohn:
    Hier Lohn um Lohn, Mord für des Mörders Hohn! –
    Ersticht den Saturninus.
    Marcus
oben auf der Bühne.
    Leidvolle Männer, Volk und Söhne Roms,
    Getrennt durch Aufruhr, wie ein Vögelschwarm,
    Zerstreut durch Sturm und starken Wetterschlag, –
    O hört, wie ihr von neuem binden mögt
    In eine Garbe dies zerstreute Korn,
    In einen Körper die zerstückten Glieder,
    Daß Rom sich nicht am eignen Gift vernichte!
    Das Reich, dem mächt’ge Szepter sich geneigt,
    Ehrlosen, ausgestoßnen Sündern gleich
    Nicht Mord, verzweifelnd, an sich selbst vollziehe!
    Wenn meine Furchen, meines Alters Schnee
    (Ehrwürd’ge Bürgen reifer Urteilskraft)
    Euch nicht bewegen, meinem Wort zu traun,
    Sprich du, Roms teurer Freund (gleich unserm Ahn,
    Als

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