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Sämtliche Dramen

Sämtliche Dramen

Titel: Sämtliche Dramen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Shakespeare
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Tod so sehr beweinst du,
    Als daß der Schurke lebt, der ihn erschlug.
    Julia
.
    Was für ein Schurke?
    Gräfin Capulet
.
    Nun, der Romeo.
    Julia
beiseit.
    Er und ein Schurk’ sind himmelweit entfernt. –
    Laut.
    Vergeb’ ihm Gott! Ich tu’s von ganzem Herzen;
    Und dennoch kränkt kein Mann, wie er, mein Herz.
    Gräfin Capulet
.
    Ja freilich, weil der Meuchelmörder lebt.
    Julia
.
    Ja, wo ihn diese Hände nicht erreichen! –
    O rächte niemand doch als ich den Vetter!
    Gräfin Capulet
.
    Wir wollen Rache nehmen, sorge nicht:
    Drum weine du nicht mehr! Ich send’ an jemand
    Zu Mantua, wo der Verlaufne lebt;
    Der soll ein kräftig Tränkchen ihm bereiten,
    Das bald ihn zum Gefährten Tybalts macht:
    Dann wirst du hoffentlich zufrieden sein.
    Julia
.
    Fürwahr, ich werde nie mit Romeo
    Zufrieden sein, erblick’ ich ihn nicht – tot –,
    Wenn so mein Herz um einen Blutsfreund leidet.
    Ach, fändet Ihr nur jemand, der ein Gift
    Ihm reichte, gnäd’ge Frau: ich wollt’ es mischen,
    Daß Romeo, wenn er’s genommen, bald
    In Ruhe schliefe. – Wie mein Herz es haßt,
    Ihn nennen hören – und nicht zu ihm können –,
    Die Liebe, die ich zu dem Vetter trug,
    An dem, der ihn erschlagen hat, zu büßen!
    Gräfin Capulet
.
    Findst du das Mittel, find’ ich wohl den Mann.
    Doch bring’ ich jetzt dir frohe Zeitung, Mädchen.
    Julia
.
    In so bedrängter Zeit kommt Freude recht.
    Wie lautet sie? Ich bitt’ Euch, gnäd’ge Mutter!
    Gräfin Capulet
.
    Nun, Kind, du hast’ nen aufmerksamen Vater:
    Um dich von deinem Trübsinn abzubringen,
    Ersann er dir ein plötzlich Freudenfest,
    Des ich so wenig mich versah, wie du.
    Julia
.
    Ei, wie erwünscht! Was wär’ das, gnäd’ge Mutter?
    Gräfin Capulet
.
    Ja, denk’ dir, Kind! Am Donnerstag früh morgens
    Soll der hochedle, wackre junge Herr,
    Graf Paris, in Sankt Peters Kirche dich
    Als frohe Braut an den Altar geleiten.
    Julia
.
    Nun, bei Sankt Peters Kirch’ und Petrus selbst!
    Er soll mich nicht als frohe Braut geleiten.
    Mich wundert diese Eil’, daß ich vermählt
    Muß werden, eh’ mein Freier kömmt zu werben.
    Ich bitt’ Euch, gnäd’ge Frau, sagt meinem Vater
    Und Herrn, ich wolle noch mich nicht vermählen;
    Und wenn ich’s tue, schwör’ ich: Romeo,
    Von dem Ihr wißt, ich hass’ ihn, soll es lieber
    Als Paris sein. – Fürwahr, das ist wohl Zeitung!
    Gräfin Capulet
.
    Da kommt dein Vater: sag du selbst ihm das;
    Sieh, wie er sich’s von dir gefallen läßt.
    Capulet und die Wärterin kommen.
    Capulet
.
    Die Luft sprüht Tau beim Sonnenuntergang,
    Doch bei dem Untergange meines Neffen,
    Da gießt der Regen recht.
    Was? Eine Traufe, Mädchen? Stets in Tränen?
    Stets Regenschauer? In so kleinem Körper
    Spielst du auf einmal See und Wind und Kahn,
    Denn deine Augen ebben stets und fluten
    Von Tränen wie die See; dein Körper ist der Kahn
    Der diese salze Flut befährt; die Seufzer
    Sind Winde, die, mit deinen Tränen tobend,
    Wie die mit ihnen, wenn nicht Stille plötzlich
    Erfolgt, den hin- und hergeworfnen Körper
    Zertrümmern werden. – Nun, wie steht es, Frau?
    Hast du ihr unsern Ratschluß hinterbracht?
    Gräfin Capulet
.
    Ja, doch sie will es nicht, sie dankt Euch sehr.
    Wär’ doch die Törin ihrem Grab vermählt!
    Will gehen.
    Capulet
.
    Sacht, nimm mich mit dir, nimm mich mit dir, Frau.
    Wäs? Will sie nicht? Weiß sie uns keinen Dank?
    Ist sie nicht stolz? Schätzt sie sich nicht beglückt,
    Daß wir solch einen würd’gen Herrn vermocht,
    Trotz ihrem Unwert, ihr Gemahl zu sein?
    Julia
.
    Nicht stolz darauf, doch dankbar, daß Ihr’s tatet.
    Stolz kann ich nie auf das sein, was ich hasse;
    Doch dankbar selbst für Haß, gemeint wie Liebe.
    Capulet
.
    Ei, seht mir! seht mir! Kramst du Weisheit aus?
    Stolz – und ich dank’ Euch – und ich dank’ Euch nicht –
    Und doch nicht stolz – Hör’ Fräulein Zierlich du,
    Nichts da gedankt von Dank, stolziert von Stolz!
    Rück’ nur auf Donnerstag dein zart Gestell zurecht,
    Mit Paris nach Sankt Peters Kirch’ zu gehn,
    Sonst schlepp’ ich dich auf einer Schleife hin.
    Pfui, du bleichsücht’ges Ding! du lose Dirne!
    Du Talggesicht!
    Gräfin Capulet
.
    O pfui! seid Ihr von Sinnen?
    Julia
.
    Ich fleh’ Euch auf den Knie’n, mein guter Vater:
    Hört mit Geduld ein einzig Wort nur an!
    Capulet
.
    Geh mir zum Henker, widerspenst’ge Dirne!
    Ich sage dir’s: zur Kirch’ auf Donnerstag,
    Sonst komm mir niemals wieder vor ’s Gesicht!
    Sprich nicht! erwidre nicht! gib keine

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