Sämtliche Dramen
bricht,
Und die Gewalt und Sturmkraft seiner Wucht
Den Rang hat vor der Hand, die ihn gezimmert,
Ja selbst vor denen, die mit List und Klugheit
Scharfsinnig seine Wirkung angeordnet.
Nestor
.
Dies eingeräumt, so gilt Achilles’ Pferd
Viel Thetis-Söhne!
Trompetenstoß.
Agamemnon
.
Horcht! Wes die Trompeten?
Sieh, Menelaus!
Menelaus
.
Von Troja!
Äneas tritt auf.
Agamemnon
.
Was führt Euch hieher?
Äneas
.
Ist dies
Des großen Agamemnon Zelt?
Agamemnon
.
Ja, dieses.
Äneas
.
Darf einer, der ein Herold ist und Fürst,
Mit offner Botschaft nahn des Königs Ohr?
Agamemnon
.
Noch sichrer, als geschützt vom Arm Achills,
Vor allen griech’schen Häuptern, die einstimmig
Als Haupt und Feldherrn Agamemnon ehren.
Äneas
.
Höflich Gewähren; Sicherheit vollauf.
Wie mag, wer diesen höchsten Blicken fremd,
Von andern Sterblichen ihn unterscheiden?
Agamemnon
.
Wie?
Äneas
.
Ich frag’, auf daß ich Ehrfurcht in mir wecke
Und ein Erröten auf die Wange rufe,
Beschämt, so wie Aurora, wenn sie kühl
Zum jungen Phöbus schaut.
Wer ist der Gott im Amt, der Helden lenkt?
Wer ist der Hochgebieter Agamemnon?
Agamemnon
.
Der Troer höhnt uns, oder Trojas Ritter
Sind überfeine Hofherrn.
Äneas
.
Hofherrn so mild und adlig, ohne Wehr,
Wie Engel hold geneigt: also im Frieden.
Doch fehlt im Kriegsschmuck Zorn nicht, kräft’ger Arm,
Der Glieder Macht, getreues Schwert, – und, Gott voran,
Kein Herz so muterfüllt. Doch still, Äneas!
Still, Troer! Leg’ den Finger auf die Lippe,
Des Ruhmes Würdigkeit verliert an Wert,
Wenn der Gepriesne selbst mit Lob sich ehrt:
Doch Lob, das vom besiegten Feind erklingt,
Der Taten Ruf ist’s, der zum Himmel dringt.
Agamemnon
.
Trojan’scher Ritter, nennt Ihr Euch Äneas?
Äneas
.
Ja, Grieche, also heiß’ ich.
Agamemnon
.
Eu’r Geschäft?
Äneas
.
Verzeiht, es ist für Agamemnons Ohr!
Agamemnon
.
Er hört nichts heimlich, was von Troja kommt.
Äneas
.
Auch kam ich nicht von Troja, ihm zu flüstern;
Trompeten lass’ ich schmettern an sein Ohr
Und weck’ es, aufmerksam sich mir zu neigen;
Dann will ich reden.
Agamemnon
.
Sprich, so frei wie Luft;
Dies ist nicht Agamemnons Schlummerstunde;
Vernehmen sollst du, Troer, er ist wach:
Er selber sagt es dir.
Äneas
.
Trompet’, erklinge
Mit eh’rnem Schall durch all die trägen Zelte;
Und jedem tapfern Griechen tu’ es kund,
Was Troja edel meint, das spricht es laut.
Trompetenstoß.
In Troja lebt, o großer Agamemnon,
Ein Prinz, Hektor mit Namen, Priams Sohn,
Den diese dumpfe, lange Waffenruh’
Verrostet hat. Nimm die Trompeten, sprach er,
Und rede so: Ihr Kön’ge, Fürsten, Herrn,
Ist einer von den Edeln Griechenlands,
Dem mehr die Ehre gilt als seine Ruh’,
Der mehr nach Ruhm strebt, als Gefahren scheut,
Der seinen Mut wohl kennt, nicht seine Furcht,
Der seine Dame mehr liebt als in Worten,
Mit müß’gen Schwüren ihrem Mund gelobt, –
Und ihren Wert und Reiz behaupten darf
Nicht bloß mit Liebeswaffen, – dem entbiet’ ich:
Im Angesicht der Griechen und Trojaner
Beweist es Hektor, oder müht sich drum, –
Er hab’ ein Weib, verständ’ger, schöner, treuer,
Als an die Brust jemals ein Grieche schloß: –
Und morgen ruft er mit Trompetenklang
In Mitten eurer Zelt’ und Trojas Mauern,
Daß sich ein Griech’ erheb’ in Liebe treu.
Tritt einer auf, wird Hektor hoch ihn ehren;
Wenn keiner kommt, wird er in Troja sagen:
Die griech’schen Frau’n sind sonnverbrannt und unwert
Des Splitters einer Lanze. – Dies mein Auftrag.
Agamemnon
.
So, Prinz, verkünd’ ich’s unsern Liebenden.
Hat keiner ein Gemüt also entzündet,
Kam keiner mit uns her. Doch wir sind Ritter:
Und sei mit Schmach vom Rittertum vertrieben,
Wer nicht schon liebt, geliebt hat, noch wird lieben!
Drum, wer in Lieb’ ist, sein wird oder war,
Der stelle sich, sonst biet’ ich selbst mich dar.
Nestor
.
Sag ihm vom Nestor, der ein Mann schon war,
Als Hektors Ältervater sog die Brust, –
Er ist nun alt, – doch findet sich im Heer
Kein edler Mann, in dem ein Funke glüht,
Zu stehn für seine Dame. – sag ihm dies:
Den Silberbart berg’ ich im Goldvisier
Und in der Schiene den gewelkten Arm:
So tret’ ich auf und sag’ ihm, mein Gemahl
Besiegt’ an Schönheit seine Ältermutter,
An Keuschheit alle. Seinem Jugendmut
Zeug’ ich’s mit meinen sieben Tropfen Blut.
Äneas
.
Verhüte Gott, daß Jugend also
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