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Sämtliche Dramen

Sämtliche Dramen

Titel: Sämtliche Dramen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Shakespeare
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wer ruft?
    Casca
.
    Es schweige jeder Lärm: noch einmal still!
    Die Musik hält inne.
    Cäsar
.
    Wer ist es im Gedräng’, der mich begehrt?
    Durch die Musik dringt gellend eine Stimme,
    Die: »Cäsar!« ruft. Sprich! Cäsar neigt sein Ohr.
    Wahrsager
.
    Nimm vor des Märzen Idus dich in acht!
    Cäsar
.
    Wer ist der Mann?
    Brutus
.
    Ein Wahrsager; er warnt Euch vor des Märzen Idus.
    Cäsar
.
    Führt ihn mir vor, laßt sein Gesicht mich sehn!
    Casca
.
    Komm aus dem Haufen, Mensch: tritt vor den Cäsar!
    Cäsar
.
    Was sagst du nun zu mir? Sprich noch einmal!
    Wahrsager
.
    Nimm vor des Märzen Idus dich in acht!
    Cäsar
.
    Er ist ein Träumer: laßt ihn gehn, und kommt!
    Ein Marsch. Alle bis auf Brutus und Cassius gehn ab.
    Cassius
.
    Wollt Ihr den Hergang bei dem Wettlauf sehn?
    Brutus
.
    Ich nicht.
    Cassius
.
    Ich bitt’ Euch, tut’s!
    Brutus
.
    Ich hab’ am Spiel nicht Lust, mir fehlt ein Teil
    Vom muntern Geiste des Antonius:
    Doch muß ich Euch in Eurem Wunsch nicht hindern.
    Ich lass’ Euch, Cassius.
    Cassius
.
    Brutus, seit kurzem geb’ ich acht auf Euch:
    Ich find’ in Eurem Blick die Freundlichkeit,
    Die Liebe nicht, an die Ihr mich gewöhnt.
    Zu störrisch und zu fremd begegnet Ihr
    Dem Freunde, der Euch liebt.
    Brutus
.
    Mein Cassius,
    Betrügt Euch nicht: Hab’ ich den Blick verschleiert,
    So kehrt die Unruh’ meiner Mienen sich
    Nur gegen mich allein. Seit kurzem quälen
    Mich Regungen von streitender Natur,
    Gedanken, einzig für mich selbst geschickt,
    Die Schatten wohl auf mein Betragen werfen.
    Doch laßt dies meine Freunde nicht betrüben
    (Wovon Ihr einer sein müßt, Cassius),
    Noch mein achtloses Wesen anders deuten,
    Als daß, mit sich im Krieg, der arme Brutus
    Den andern Liebe kund zu tun vergißt.
    Cassius
.
    Dann, Brutus, mißverstand ich Euren Unmut.
    Deshalb begrub hier diese Brust Entwürfe
    Von großem Werte, würdige Gedanken.
    Sagt, Brutus, könnt Ihr Euer Antlitz sehn?
    Brutus
.
    Nein, Cassius, denn das Auge sieht sich nicht,
    Als nur im Widerschein, durch andre Dinge.
    Cassius
.
    So ist’s:
    Und man beklagt sich sehr darüber, Brutus,
    Daß Ihr nicht solche Spiegel habt, die Euren
    Verborgnen Wert Euch in die Augen rückten,
    Auf daß Ihr Euren Schatten säht. Ich hörte,
    Wie viele von den ersten Männern Roms
    (Nur Cäsarn nehm’ ich aus), vom Brutus redend,
    Und seufzend unter dieser Zeiten Joch,
    Dem edlen Brutus ihre Augen wünschten.
    Brutus
.
    Auf welche Wege, Cassius, lockt Ihr mich,
    Daß Ihr mich heißt in meinem Innern suchen,
    Was doch nicht in mir ist?
    Cassius
.
    Drum, lieber Brutus, schickt Euch an zu hören.
    Und weil Ihr wißt, Ihr könnt Euch selbst so gut
    Nicht sehn als durch den Widerschein, so will
    Ich, Euer Spiegel, Euch bescheidentlich
    Von Euch entdecken, was Ihr noch nicht wißt.
    Und denkt von mir kein Arges, werter Brutus:
    Wär’ ich ein Lacher aus der Menge; pflegt’ ich
    Mein Herz durch Alltagsschwüre jedem neuen
    Beteurer auszubieten; wenn Ihr wißt,
    Daß ich die Menschen streichle, fest sie herze,
    Und dann sie lästre; oder wenn Ihr wißt,
    Daß ich beim Schmaus mich mit der ganzen Schar
    Verbrüdern mag, – dann hütet Euch vor mir!
    Trompeten und Freudengeschrei.
    Brutus
.
    Was heißt dies Jauchzen? Wie ich fürchte, wählt
    Das Volk zum König Cäsarn.
    Cassius
.
    Fürchtet Ihr’s?
    Das hieße ja, Ihr möchtet es nicht gern.
    Brutus
.
    Nein, Cassius, nicht gern; doch lieb’ ich ihn.
    Doch warum haltet Ihr mich hier so lange?
    Was ist es, das Ihr mir vertrauen möchtet?
    Ist’s etwas, dienlich zum gemeinen Wohl,
    Stellt Ehre vor ein Auge, Tod vor’s andre,
    Und beide seh’ ich gleiches Mutes an.
    Die Götter sei’n mir günstig, wie ich mehr
    Die Ehre lieb’, als vor dem Tod mich scheue!
    Cassius
.
    Ich weiß, daß diese Tugend in Euch wohnt,
    So gut ich Euer äußres Ansehn kenne.
    Wohl! Ehre ist der Inhalt meiner Rede.
    Ich weiß es nicht, wie Ihr und andre Menschen
    Von diesem Leben denkt; mir, für mich selbst,
    Wär’ es so lieb, nicht da sein, als zu leben
    In Furcht vor einem Wesen wie ich selbst.
    Ich kam wie Cäsar frei zur Welt, so Ihr;
    Wir nährten uns so gut, wir können beide
    So gut wie er des Winters Frost ertragen.
    Denn einst, an einem rauhen stürm’schen Tage,
    Als wild die Tiber an ihr Ufer tobte,
    Sprach Cäsar zu mir: »Wagst du, Cassius, nun,
    Mit mir zu springen in die zorn’ge Flut
    Und bis dorthin zu schwimmen?« – Auf dies Wort,
    Bekleidet, wie ich war, stürzt’ ich hinein,
    Und hieß ihn

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