Sämtliche Dramen
Würdigster Vetter!
Es treten auf Macbeth, Banquo, Rosse und Angus.
Die Sünde meines Undanks drückte schwer
Mich eben jetzt. Du bist so weit voraus,
Daß der Belohnung schnellste Schwing’ erlahmt,
Dich einzuholen. Hätt’st du wen’ger doch verdient,
Daß ich ausgleichen könnte das Verhältnis
Von Dank und Lohn! Nimm das Geständnis an:
Mehr schuld’ ich, als mein Alles zahlen kann.
Macbeth
.
Dienst, so wie Lehnspflicht, lohnt sich selbst im Tun.
Genug, wenn Eure Hoheit unsre Pflichten
Annehmen will: und unsre Pflichten sind
Die Söhn’ und Diener Eures Throns und Staates,
Und tun nur, was sie müssen, tun sie alles,
Was Lieb’ und Ehrfurcht heischt.
Duncan
.
Willkommen hier!
Ich habe dich gepflanzt und will dich pflegen,
Um dein Gedeihn zu fördern. – Edler Banquo,
Nicht minder ist dein Wert, und wird von uns
Nicht minder anerkannt. Laß dich umschließen
Und an mein Herz dich drücken!
Banquo
.
Wachs’ ich da,
So ist die Ernte Euer.
Duncan
.
Meine Wonne,
Üppig im Übermaß, will sich verbergen
In Schmerzenstropfen. – Söhne, Vettern, Thans,
Und ihr, die Nächsten unserm Thron, vernehmt,
An Malcolm, unsern Ältsten, übertragen
Wir unser Thronrecht: Prinz von Cumberland
Heißt er demnach, und solche Ehre soll
Nicht unbegleitet ihm verliehen sein;
Denn Adelszeichen sollen, Sternen gleich,
Auf jeden Würd’gen strahlen. – Fort von hier
Nach Inverneß, und sei uns näher stets!
Macbeth
.
Arbeit ist jede Ruh’, die Euch nicht dient.
Ich selbst bin Euer Bote und beglücke
Durch Eures Nahens Kunde meine Hausfrau:
So scheid ich demutsvoll.
Duncan
.
Mein würd’ger Cawdor!
Macbeth
für sich.
Ha! Prinz von Cumberland! – Das ist ein Stein,
Der muß, sonst fall’ ich, übersprungen sein,
Weil er mich hemmt. Verbirg dich, Sternenlicht!
Schau’ meine schwarzen, tiefen Wünsche nicht!
Sieh, Auge, nicht die Hand; doch laß geschehen,
Was, wenn’s geschah, das Auge scheut zu sehen!
Er geht ab.
Duncan
.
Ja, teurer Banquo, er ist ganz so edel,
Und ihn zu preisen, ist mir eine Labung;
Es ist ein Fest für mich. Laßt uns ihm nach,
Des Lieb’ uns vorgeeilt, uns zu begrüßen:
Wer gleicht dem teuren Vetter?
Trompeten. Alle gehn ab.
¶
Fünfte Szene
Inverneß. Zimmer in Macbeths Schloß.
Lady Macbeth tritt auf mit einem Brief.
Lady Macbeth
liest. »Sie begegneten mir am Tage des Sieges; und ich erfuhr aus den sichersten Proben, daß sie mehr als menschliches Wissen besitzen. Als ich vor Verlangen brannte, sie weiter zu befragen, verschwanden sie und zerflossen in Luft. Indem ich noch, von Erstaunen betäubt, da stand, kamen die Abgesandten des Königs, die mich als Than von Cawdor begrüßten; mit welchem Titel mich kurz vorher diese Zauberschwestern angeredet und mich durch den Gruß: ’Heil dir, dem künft’gen König!’ auf die Zukunft verwiesen hatten. Ich habe es für gut gehalten, dir dies zu vertrauen, meine geliebteste Teilnehmerin der Hoheit, auf daß dein Mitgenuß an der Freude dir nicht entzogen werde, wenn du nicht erfahren hättest, welche Hoheit dir verheißen ist. Leg’ es an dein Herz und lebe wohl!«
Glamis bist du; und Cawdor; und sollst werden,
Was dir verheißen ward: – Doch fürcht’ ich dein Gemüt;
Es ist zu voll von Milch der Menschenliebe,
Das Nächste zu erfassen. Groß möcht’st du sein,
Bist ohne Ehrgeiz nicht; doch fehlt die Bosheit,
Die ihn begleiten muß. Was recht du möchtest,
Das möcht’st du rechtlich; möchtest falsch nicht spielen,
Und unrecht doch gewinnen: möchtest gern
Das haben, großer Glamis, was dir zuruft:
»Dies mußt du tun, wenn du es haben willst!« –
Und was du mehr dich scheust zu tun, als daß
Du ungetan es wünschest. Eil’ hieher,
Auf daß ich meinen Mut ins Ohr dir gieße,
Und alles weg mit tapfrer Zunge geißle,
Was von dem goldnen Zirkel dich zurückdrängt,
Womit Verhängnis dich und Zaubermacht
Im voraus schon gekrönt zu haben scheint. –
Ein Diener tritt auf.
Was gibt es Neues?
Diener
.
Noch vor Abend kommt
Hierher der König.
Lady Macbeth
.
Tolle Rede sprichst du;
Ist nicht dein Herr bei ihm? der, wär’ es so,
Der Anstalt wegen es gemeldet hätte.
Diener
.
Verzeiht; es ist doch wahr. Der Than kommt gleich,
Denn ein Kam’rad von mir ritt ihm voraus;
Fast tot von großer Eil’, hatt’ er kaum Atem,
Die Botschaft zu bestellen.
Lady Macbeth
.
Sorgt für ihn,
Er bringt uns große Zeitung.
Der Diener geht ab.
Selbst der Rab’ ist
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