Sämtliche Dramen
heiser,
Der Duncans schicksalsvollen Eingang krächzt
Unter mein Dach. – Kommt, Geister, die ihr lauscht
Auf Mordgedanken, und entweibt mich hier;
Füllt mich von Wirbel bis zur Zeh’, randvoll,
Mit wilder Grausamkeit! Verdickt mein Blut;
Sperrt jeden Weg und Eingang dem Erbarmen,
Daß kein anklopfend Mahnen der Natur
Den grimmen Vorsatz lähmt; noch friedlich hemmt
Vom Mord die Hand! Kommt an die Weibesbrust,
Trinkt Galle statt der Milch, ihr Morddämonen,
Wo ihr auch harrt in unsichtbarer Kraft
Auf Unheil der Natur! Komm, schwarze Nacht,
Umwölk’ dich mit dem dicksten Dampf der Hölle,
Daß nicht mein scharfes Messer sieht die Wunde,
Die es geschlagen; noch der Himmel,
Durchschauend aus des Dunkels Vorhang, rufe:
Halt! Halt!
Macbeth tritt auf.
O großer Glamis, edler Cawdor!
Größer als beides durch das künft’ge Heil!
Dein Brief hat über das armsel’ge Heut
Mich weit verzückt, und ich empfinde nun
Das Künftige im Jetzt.
Macbeth
.
Mein teures Leben,
Duncan kommt heut noch.
Lady Macbeth
.
Und wann geht er wieder?
Macbeth
.
Morgen, so denkt er –
Lady Macbeth
.
Oh, nie soll die Sonne
Den Morgen sehn! Dein Angesicht, mein Than,
Ist wie ein Buch, wo wunderbare Dinge
Geschrieben stehen. – Die Zeit zu täuschen scheine
So wie die Zeit; den Willkomm trag’ im Auge,
In Zung’ und Hand; blick’ harmlos wie die Blume,
Doch sei die Schlange drunter! Wohl versorgt
Muß der sein, der uns naht; und meiner Hand
Vertrau’, das große Werk der Nacht zu enden,
Daß alle künft’gen Tag’ und Nächt’ uns lohne
Allein’ge Königsmacht und Herrscherkrone!
Macbeth
.
Wir sprechen noch davon.
Lady Macbeth
.
Blick hell und licht;
Mißtraun erregt verändert Angesicht:
Laß alles andre mir!
Sie gehen ab.
¶
Sechste Szene
Ebendaselbst, vor dem Schloß.
Es treten auf Duncan, Malcolm, Donalbain, Banquo, Macduff, Rosse, Angus, Gefolge.
Duncan
.
Dies Schloß hat eine angenehme Lage;
Gastlich umfängt die lichte, milde Luft
Die heitern Sinne.
Banquo
.
Dieser Sommergast,
Die Schwalbe, die an Tempeln nistet, zeigt
Durch ihren fleiß’gen Bau, daß Himmelsatem
Hier lieblich haucht; kein Vorsprung, Fries, noch Pfeiler,
Kein Winkel, wo der Vogel nicht gebaut
Sein hängend Bett und Wiege für die Brut:
Wo er am liebsten heckt und wohnt, da fand ich
Am reinsten stets die Luft.
Lady Macbeth tritt auf.
Duncan
.
Seht! unsre edle Wirtin!
Die Liebe, die uns folgt, wird oft uns lästig;
Doch dankt man ihr als Liebe. Lernt daraus,
Noch Gottes Lohn für Eure Müh’ uns geben
Und Dank für Eure Last.
Lady Macbeth
.
All unsre Dienste,
Zwiefach in jedem Punkt, und dann verdoppelt,
Wär’ nur ein arm und schwaches Tun, verglichen
Der hohen Gunst, womit Eu’r Majestät
Verherrlicht unser Haus. Für früh’re Würden,
Wie für die letzte, die die andern krönt,
Bleiben wir im Gebet Euch Knecht und Diener.
Duncan
.
Wo ist der Than von Cawdor?
Wir folgten auf dem Fuß ihm, denn wir meinten
Ihn anzumelden; doch er reitet schnell;
Und seine Liebe, schärfer als sein Sporn,
Bracht’ ihn vor uns hieher. Höchst edle Wirtin,
Wir sind zu Nacht Eu’r Gast.
Lady Macbeth
.
Für allezeit
Besitzen Eure Diener nur das Ihre,
Sich selbst und was sie haben, als Verwalter,
Und legen Rechnung ab, nach Eurer Hoheit
Befehl; und geben Euch zurück, was Euer.
Duncan
.
Reicht mir die Hand; führt mich zu meinem Wirt:
Wir lieben herzlich ihn, und unsre Huld
Wird seiner stets gedenken. Teure Wirtin,
Erlaubt –
Er nimmt ihre Hand und führt sie in das Schloß, die übrigen folgen.
¶
Siebente Szene
Ebendaselbst, Schloßhof.
Hoboen und Fackeln. Ein Vorschneider und mehrere Diener mit Schüsseln gehn über die Bühne; dann kommt Macbeth.
Macbeth
.
Wär’s abgetan, so wie’s getan ist, dann wär’s gut,
Man tät’ es eilig: – Wenn der Meuchelmord
Aussperren könnt’ aus seinem Netz die Folgen
Und nur Gelingen aus der Tiefe zöge:
Daß mit dem Stoß, einmal für immer, alles
Sich abgeschlossen hätte – hier, nur hier –
Auf dieser Schülerbank der Gegenwart –,
So setzt’ ich weg mich übers künft’ge Leben. –
Doch immer wird bei solcher Tat uns schon
Vergeltung hier: daß, wie wir ihn gegeben,
Den blut’gen Unterricht, er, kaum gelernt,
Zurückschlägt, zu bestrafen den Erfinder.
Dies Recht, mit unabweislich fester Hand,
Setzt unsern selbstgemischten, gift’gen Kelch
An unsre eignen Lippen. –
Er kommt hieher, zweifach
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