Sämtliche Dramen
darüber!
Macbeth
.
Doch warum
Konnt’ ich nicht »Amen« sprechen? War mir doch
Die Gnad’ am meisten not, und »Amen« stockte
Mir in der Kehle.
Lady Macbeth
.
Dieser Taten muß
Man so nicht denken; so macht es uns toll.
Macbeth
.
Mir war, als rief es: »Schlaft nicht mehr! Macbeth
Mordet den Schlaf!« Ihn, den unschuld’gen Schlaf;
Schlaf, der des Grams verworr’n Gespinst entwirrt,
Den Tod von jedem Lebenstag, das Bad
Der wunden Müh’, den Balsam kranker Seelen,
Den zweiten Gang im Gastmahl der Natur,
Das nährendste Gericht beim Fest des Lebens.
Lady Macbeth
.
Was meinst du?
Macbeth
.
Stets rief es: »Schlaft nicht mehr!« durchs ganze Haus;
»Clamis mordet den Schlaf!« und drum wird Cawdor
Nicht schlafen mehr, Macbeth nicht schlafen mehr.
Lady Macbeth
.
Wer war es, der so rief? Mein würd’ger Than,
Du läßt den edeln Mut erschlaffen, denkst du
So hirnkrank drüber nach. Nimm etwas Wasser,
Und wasch’ von deiner Hand das garst’ge Zeugnis! –
Was brachtest du die Dolche mit herunter?
Dort liegen müssen sie; geh, bring’ sie hin,
Und färb’ mit Blut die Kämm’rer, wie sie schlafen.
Macbeth
.
Ich gehe nicht mehr hin, ich bin entsetzt,
Denk’ ich, was ich getan: es wieder schaun –
Ich wag’ es nicht!
Lady Macbeth
.
O schwache Willenskraft!
Gib mir die Dolche! Schlafende und Tote
Sind Bilder nur; der Kindheit Aug’ allein
Scheut den gemalten Teufel. Wenn er blutet,
Färb’ ich damit der Diener Kleider rot;
So tragen sie des Mords Livrei.
Sie geht ab.
Man hört klopfen.
Macbeth
.
Woher das Klopfen?
Wie ist’s mit mir, daß jeder Ton mich schreckt?
Was sind das hier für Hände? Ha, sie reißen
Mir meine Augen aus! –
Kann wohl des großen Meergotts Ozean
Dies Blut von meiner Hand rein waschen? Nein;
Weit eh’r kann diese meine Hand mit Purpur
Die unermeßlichen Gewässer färben
Und Grün in Rot verwandeln. –
Lady Macbeth kommt zurück.
Lady Macbeth
.
Meine Hände
Sind blutig, wie die deinen; doch ich schäme
Mich, daß mein Herz so weiß ist.
Es wird geklopft.
Klopfen hör’ ich
Am Südtor: – Eilen wir in unsre Kammer;
Ein wenig Wasser reint uns von der Tat,
Wie leicht dann ist sie! Deine Festigkeit
Verließ dich ganz und gar.
Es wird geklopft.
Horch, wieder Klopfen.
Tu’ an dein Nachtkleid; müssen wir uns zeigen,
Daß man nicht sieht, wir wachten! – Verlier’ dich nicht
So ärmlich in Gedanken!
Macbeth
.
Meine Tat
Zu wissen! – besser von mir selbst nichts wissen!
Klopf Duncan aus dem Schlaf! O könntest du’s! –
Sie gehn ab.
¶
Zweite Szene
Ebendaselbst.
Der Pförtner kommt; es wird geklopft.
Pförtner
. Das ist ein Klopfen! Wahrhaftig, wenn einer Hölenpförtner wäre, da hätte er was zu schließen. Poch, poch, poch: Wer da, in Beelzebubs Namen? Ein Pachter, der sich in Erwartung einer reichen Ernte aufhing. Zur rechten Zeit gekommen; habt Ihr auch Schnupftücher genug bei Euch? denn hier werdet Ihr dafür schwitzen müssen! – Poch, poch: Wer da, in des andern Teufels Namen? Mein’ Treu’, ein Zweideutler, der in beide Schalen gegen jede Schale schwören konnte, der um Gottes willen Verrätereien genug beging und sich doch nicht zum Himmel hinein zweideuteln konnte. Herein, Zweideutler! – Poch, poch, poch: Wer da? Mein’ Treu’, ein englischer Schneider, hier angekommen, weil er etwas aus einer französischen Hose gestohlen: herein, Schneider; hier kannst du deine Bügelgans braten. Poch, poch – Keine Ruhe! Wer seid Ihr? Aber hier ist es zu kalt für die Hölle; ich mag nicht länger Teufelspförtner sein. Ich dachte, ich wollte von jedem Gewerbe einige herein lassen, die den breiten Rosenpfad zum ewigen Freudenfeuer wandeln. – Gleich, gleich! Ich bitt’ Euch, bedenkt doch, daß der Pförtner auch ein Mensch ist!
Er öffnet das Tor; Macduff und Lenox kommen herein.
Macduff
. Kamest du so spät zu Bett, Freund, daß du nun so spät aufstehst?
Pförtner
. Mein’ Seel’, Herr, wir zechten, bis der zweite Hahn krähte; und der Trunk ist ein großer Beförderer von drei Dingen.
Macduff
. Was sind denn das für drei Dinge, die der Trunk vorzüglich befördert?
Pförtner
. Ei, Herr, rote Nasen, Schlaf und Urin. Buhlerei befördert und dämpft er zugleich: er befördert das Verlangen und dämpft das Tun. Darum kann man sagen, daß vieles Trinken ein Zweideutler gegen die Buhlerei ist: es schafft sie und vernichtet sie; treibt sie an und hält sie zurück; macht ihr Mut und schreckt
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