Sämtliche Werke
Flandern? Aber ich mein’, wir trafen sie! Ihre alten, handfesten Kerle hielten lange wider, und wir drängten und schossen und hieben, dass sie die Mäuler verzerrten und ihre Linien zuckten. Da ward Egmont das Pferd unter dem Leibe niedergeschossen, und wir stritten lange hinüber herüber, Mann für Mann, Pferd gegen Pferd, Haufe mit Haufe, auf dem breiten flachen Sand an der See hin. Auf einmal kam’s, wie vom Himmel herunter, von der Mündung des Flusses, bau, bau! Immer mit Kanonen in die Franzosen drein. Es waren Engländer, die unter dem Admiral Malin von ungefähr von Dünkirchen her vorbeifuhren. Zwar viel halfen sie uns nicht; sie konnten nur mit den kleinsten Schiffen herbei, und das nicht nah’ genug; schossen auch wohl unter uns – Es tat doch gut! Es brach die Welschen und hob unsern Mut. Da ging’s rick! Rack! Herüber, hinüber! Alles totgeschlagen, alles ins Wasser gesprengt. Und die Kerle ersoffen, wie sie das Wasser schmeckten; und was wir Holländer waren, gerad hinten drein. Uns, die wir beidlebig sind, ward erst wohl im Wasser wie den Fröschen; und immer die Feinde im Fluss zusammengehauen, weggeschossen wie die Enten. Was nun noch durchbrach, schlugen euch auf der Flucht die Bauerweiber mit Hacken und Mistgabeln tot. Musste doch die welsche Majestät gleich das Pfötchen reichen und Friede machen. Und den Frieden seid ihr uns schuldig, dem großen Egmont schuldig.
Alle .
Hoch! Dem großen Egmont hoch! Und abermal hoch! Und abermal hoch!
Jetter .
Hätte man uns den statt der Margrete von Parma zum Regenten gesetzt!
Soest .
Nicht so! Wahr bleibt wahr! Ich lasse mir Margareten nicht schelten. Nun ist’s an mir. Es lebe unsre gnäd’ge Frau!
Alle .
Sie lebe!
Soest .
Wahrlich, treffliche Weiber sind in dem Hause. Die Regentin lebe!
Jetter .
Klug ist sie, und mäßig in allem, was sie tut; hielte sie’s nur nicht so steif und fest mit den Pfaffen. Sie ist doch auch mit schuld, dass wir die vierzehn neuen Bischofsmützen im Lande haben. Wozu die nur sollen? Nicht wahr, dass man Fremde in die guten Stellen einschieben kann, wo sonst Äbte aus den Kapiteln gewählt wurden? Und wir sollen glauben, es sei um der Religion willen. Ja, es hat sich. An drei Bischöfen hatten wir genug: Da ging’s ehrlich und ordentlich zu. Nun muss doch auch jeder tun, als ob er nötig wäre; und da setzt’s allen Augenblick Verdruss und Händel. Und je mehr ihr das Ding rüttelt und schüttelt, desto trüber wird’s. (Sie trinken.)
Soest .
Das war nun des Königs Wille; sie kann nichts davon noch dazu tun.
Jetter .
Da sollen wir nun die neuen Psalmen nicht singen, aber Schelmenlieder, soviel wir wollten. Und warum? Es seien Ketzereien drin, sagen sie, und Sachen, Gott weiß. Ich hab’ ihrer doch auch gesungen; es ist jetzt was Neues, ich hab’ nichts drin gesehen.
Buyck .
Ich wollte sie fragen! In unsrer Provinz singen wir, was wir wollen. Das macht, dass Graf Egmont unser Statthalter ist; der fragt nach so etwas nicht. – In Gent, Ypern, durch ganz Flandern singt sie, wer Belieben hat. (Laut.) Es ist ja wohl nichts unschuldiger als ein geistlich Lied? Nicht wahr, Vater?
Ruysum .
Ei wohl! Es ist ja ein Gottesdienst, eine Erbauung.
Jetter .
Sie sagen aber, es sei nicht auf die rechte Art, nicht auf ihre Art; und gefährlich ist’s doch immer, da lässt man’s lieber sein. Die Inquisitionsdiener schleichen herum und passen auf; mancher ehrliche Mann ist schon unglücklich geworden. Der Gewissenszwang fehlte noch! Da ich nicht tun darf, was ich möchte, können sie mich doch denken und singen lassen, was ich will.
Soest .
Die Inquisition kommt nicht auf. Wir sind nicht gemacht, wie die Spanier, unser Gewissen tyrannisieren zu lassen. Und der Adel muss auch beizeiten suchen, ihr die Flügel zu beschneiden.
Jetter .
Es ist sehr fatal. Wenn’s den lieben Leuten einfällt, in mein Haus zu stürmen, und ich sitz’ an meiner Arbeit und summe just einen französischen Psalm und denke nichts dabei, weder Gutes noch Böses; ich summe ihn aber, weil er mir in der Kehle ist: Gleich bin ich ein Ketzer und werde eingesteckt. Oder ich gehe über Land und bleibe bei einem Haufen Volks stehen, das einem neuen Prediger zuhört, einem von denen, die aus Deutschland gekommen sind: Auf der Stelle heiß’ ich ein Rebell und komme in Gefahr, meinen Kopf zu verlieren. Habt ihr je einen predigen hören?
Soest .
Wackre Leute. Neulich hört’ ich einen auf dem Felde vor tausend und tausend Menschen
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