Sämtliche Werke
sprechen. Das war ein ander Geköch, als wenn unsre auf der Kanzel herumtrommeln und die Leute mit lateinischen Brocken erwürgen. Der sprach von der Leber weg; sagte, wie sie uns bisher hätten bei der Nase herumgeführt, uns in der Dummheit erhalten, und wie wir mehr Erleuchtung haben könnten. – Und das bewies er euch alles aus der Bibel.
Jetter .
Da mag doch auch was dran sein. Ich sagt’s immer selbst und grübelte so über die Sache nach. Mir ist’s lang’ im Kopf herumgegangen.
Buyck .
Es läuft ihnen auch alles Volk nach.
Soest .
Das glaub’ ich, wo man was Gutes hören kann und was Neues.
Jetter .
Und was ist’s denn nun? Man kann ja einen jeden predigen lassen nach seiner Weise.
Buyck .
Frisch, ihr Herren! Über dem Schwätzen vergesst ihr den Wein und Oranien.
Jetter .
Den nicht zu vergessen. Das ist ein rechter Wall: Wenn man nur an ihn denkt, meint man gleich, man könne sich hinter ihn verstecken und der Teufel brächte einen nicht hervor. Hoch! Wilhelm von Oranien, hoch!
Alle .
Hoch! Hoch!
Soest .
Nun, Alter, bring’ auch deine Gesundheit.
Ruysum .
Alte Soldaten! Alle Soldaten! Es lebe der Krieg!
Buyck .
Bravo, Alter! Alle Soldaten! Es lebe der Krieg!
Jetter .
Krieg! Krieg! Wisst ihr auch, was ihr ruft? Dass es euch leicht vom Munde geht, ist wohl natürlich; wie lumpig aber unsereinem dabei zumute ist, kann ich nicht sagen. Das ganze Jahr das Getrommel zu hören; und nichts zu hören, als wie da ein Haufen gezogen kommt und dort ein andrer, wie sie über einen Hügel kamen und bei einer Mühle hielten, wie viel da geblieben sind, wie viel dort, und wie sie sich drängen, und einer gewinnt, der andere verliert, ohne dass man sein Tage begreift, wer was gewinnt oder verliert. Wie eine Stadt eingenommen wird, die Bürger ermordet werden, und wie’s den armen Weibern, den unschuldigen Kindern ergeht. Das ist eine Not und Angst, man denkt jeden Augenblick: „Da kommen sie! Es geht uns auch so.“
Soest .
Drum muss auch ein Bürger immer in Waffen geübt sein.
Jetter .
Ja, es übt sich, wer Frau und Kinder hat. Und doch hör’ ich noch lieber von Soldaten, als ich sie sehe.
Buyck .
Das sollt’ ich übel nehmen.
Jetter .
Auf Euch ist’s nicht gesagt, Landsmann. Wie wir die spanischen Besatzungen los waren, holten wir wieder Atem.
Soest .
Gelt! Die lagen dir am schwersten auf?
Jetter .
Vexier’ Er sich.
Soest .
Die hatten scharfe Einquartierung bei dir.
Jetter .
Halt dein Maul.
Soest .
Sie hatten ihn vertrieben aus der Küche, dem Keller, der Stube – dem Bette. (Sie lachen.)
Jetter .
Du bist ein Tropf.
Buyck .
Friede, ihr Herren! Muss der Soldat Friede rufen? – Nun da ihr von uns nichts hören wollt, nun bringt auch eure Gesundheit aus, eine bürgerliche Gesundheit.
Jetter .
Dazu sind wir bereit! Sicherheit und Ruhe!
Soest .
Ordnung und Freiheit!
Buyck .
Brav! Das sind auch wir zufrieden.
(Sie stoßen an und wiederholen fröhlich die Worte, doch so, dass jeder ein anders ausruft und es eine Art Kanon wird. Der Alte horcht und fällt endlich auch mit ein.)
Alle .
Sicherheit und Ruhe! Ordnung und Freiheit!
(Palast der Regentin.)
Margarete von Parma in Jagdkleidern. Hofleute . Pagen . Bediente .
Regentin .
Ihr stellt das Jagen ab, ich werde heut nicht reiten. Sagt Machiavellen, er soll zu mir kommen.
(Alle gehen ab.)
Der Gedanke an diese schrecklichen Begebenheiten lässt mir keine Ruhe! Nichts kann mich ergötzen, nichts mich zerstreuen; immer sind diese Bilder, diese Sorgen vor mir. Nun wird der König sagen, dies sei’n die Folgen meiner Güte, meiner Nachsicht; und doch sagt mir mein Gewissen jeden Augenblick das Rätlichste, das Beste getan zu haben. Sollte ich früher mit dem Sturme des Grimmes diese Flammen anfachen und umhertreiben? Ich hoffte, sie zu umstellen, sie in sich selbst zu verschütten. Ja, was ich mir selbst sage, was ich wohl weiß, entschuldigt mich vor mir selbst; aber wie wird es mein Bruder aufnehmen? Denn, ist es zu leugnen? Der Übermut der fremden Lehrer hat sich täglich erhöht; sie haben unser Heiligtum gelästert, die stumpfen Sinne des Pöbels zerrüttet und den Schwindelgeist unter sie gebannt. Unreine Geister haben sich unter die Aufrührer gemischt, und schreckliche Taten sind geschehen, die zu denken schauderhaft ist, und die ich nun einzeln nach Hofe zu berichten habe, schnell und einzeln, damit mir der allgemeine Ruf nicht zuvorkomme, damit der König nicht denke, man wolle noch mehr
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