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Sämtliche Werke

Sämtliche Werke

Titel: Sämtliche Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johann Wolfgang von Goethe
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Leser der das Werk nicht gelesen, auch nicht die leiseste Anschauung davon bekommt. Man sieht aber daraus, daß die Philosophie und die Kunst sich noch gar nicht ergriffen und wechselseitig durchdrungen haben, und vermißt mehr als jemals ein Organon, wodurch beide vermittelt werden können. In den Propyläen war dieses in Absicht auf die bildenden Künste eingeleitet: aber die Propyläen gingen auch von der Anschauung aus, und unsere jungen Philosophen wollen von Ideen unmittelbar zur Wirklichkeit übergehen. So ist es denn nicht anders möglich, als daß das Allgemeingesagte hohl und leer und das Besondere platt und unbedeutend ausfällt.
    Die Turandot denke ich etwa auf den Dienstag vom Theater herab zu hören und werde dadurch erst in den Stand gesetzt sein, zu bestimmen, was noch zu thun ist, und was der Ort und der Zeitmoment an dieser alten Erscheinung verändert. Destouches hat bereits einen Marsch dazu gesetzt und mir heute vorgespielt, der sich ganz gut ausnimmt.
    Ich wünsche, daß Sie sich in dem alten productiven Zimmer recht gut befinden und etwas neues an dem Fensterpfosten zu notiren haben möchten .
    Sch.
     
 * 
833. An Schiller.
    Ich sage heute nur wenig, indem ich die Beilage schicke, die Ihnen gewiß Freude machen wird, wenn Sie das Gedicht nicht schon kennen. Nur Schade daß schon Jones und nun auch Dalberg (siehe p. XV.) die sogenannten anstößigen Stellen unterdrückt haben; dadurch erhält das Stück einen lüsternen Charakter, da es im Original gewiß einen genußvollen ausdrückt.
    Mir waren äußerst merkwürdig die mannigfaltigen Motive, durch die ein einfacher Gegenstand sich zu einem unendlichen erweitert.
    Die Hauptprobe von Turandot wird wohl Donnerstag sein. Schreiben Sie mir, ob Sie ohne mein Zuthun glauben fertig zu werden, so käme ich erst Freitag früh. Der schreckliche Wust des Büttnerischen Nachlasses bedrängt mich um so mehr, als ich gleich räumen soll, um dem neuen Commandanten Platz zu machen. Ich dachte die Zimmer zuzuschließen und diesen Wirrzopf methodisch aufzukämmen, nun muß ich ihn aber rein wegschneiden und sehen wo ich die Sachen herum stecke , und dabei Sorge tragen, daß ich die Verwirrung nicht vermehre.
    Montag Nachmittag wird erst legaliter aufgesiegelt und da habe ich zum Déménagement nur wenig Zeit. Ich muß überhaupt denken das Haus brenne, und da würde das Ausräumen noch etwas confuser ablaufen.
    Die Philosophen habe ich noch nicht gesehen.
    Jena den 22. Januar 1802.
    G.
     
 * 
834. An Goethe.
    Weimar, 22. Januar 1802.
    Ich habe, wie Sie finden werden, weniger Verheerungen in dem Manuscript angerichtet, als ich selbst erwartet hatte, vornehmen zu müssen; ich fand es von der Einen Seite nicht nöthig und von einer andern nicht wohl thunlich. Das Stück ist an sich gar nicht zu lang, da es wenig über zweitausend Verse enthält, und jetzt werden die zweitausend nicht einmal voll sein, wenn Sie es zufrieden sind, daß die bemerkten Stellen wegbleiben. Aber es war auch nicht gut thunlich, weil dasjenige was den Gang des Stücks verzögern könnte, weniger in einzelnen Stellen, als in der Haltung des Ganzen liegt, die für die dramatische Forderung zu reflectirend ist. Oefters sind auch diejenigen Partien, die das Loos der Ausschließung vor andern getroffen haben würde, nothwendige Bindungsglieder, die sich durch andre nicht ersetzen ließen, ohne den ganzen Gang der Scene zu verändern. Ich habe da, wo ich zweifelte, einen Strich am Rande gemacht; wo meine Gründe für das Weglassen überwiegend waren, habe ich ausgestrichen, und bei dem Unterstrichenen wünschte ich den Ausdruck verändert.
    Da überhaupt in der Handlung selbst zu viel moralische Casuistik herrscht, so wird es wohl gethan sein, die sittlichen Sprüche selbst und dergleichen Wechselreden etwas einzuschränken.
    Das Historische und Mythische muß unangetastet bleiben, es ist ein unentbehrliches Gegengewicht des Moralischen, und was zur Phantasie spricht, darf am wenigsten vermindert werden.
    Orest selbst ist das Bedenklichste im Ganzen; ohne Furien ist kein Orest, und jetzt da die Ursache seines Zustands nicht in die Sinne fällt, da sie bloß im Gemüth ist, so ist sein Zustand eine zu lange und zu einförmige Qual, ohne Gegenstand; hier ist eine von den Grenzen des alten und neuen Trauerspiels. Möchte Ihnen etwas einfallen, diesem Mangel zu begegnen, was mir freilich bei der jetzigen Oekonomie des Stücks kaum möglich scheint; denn was ohne Götter und Geister daraus zu

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