Sämtliche Werke
naturhistorischen Studien. Alle Reisebeschreibungen sind mir als wenn ich in meine flache Hand sähe.
Daß die Gegend in dieser Blüthenzeit außerordentlich schön sei, darf ich Ihnen nicht sagen; ein Blick aus Ihrer obern Gartenstube, mit der Sie, wie ich höre, einen Philosophen beliehen haben, würde jetzt sehr erquicklich sein.
Leben Sie recht wohl und sagen mir ein Wort.
Jena den 4. Mai 1802.
G. Daß Loder seinen Schwiegervater, Frau und Kind nach Warschau bringt, daß die Krankheit unserer Freundin Paulus sich in einen gesunden Knaben aufgelöst hat gehört wohl für Sie nicht unter die Neuigkeiten.
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853. An Goethe.
Ich komme in diesem Augenblick aus der Regierung, wo man mich länger warten lassen, als ich dachte, und kann Ihnen also, da das Botenmädchen gleich fort will, bloß das nöthigste schreiben.
Iphigenie wäre auf keinen Fall auf den nächsten Sonnabend zu zwingen gewesen, weil die Hauptrolle sehr groß und schwer einzulernen ist. Es war schlechterdings nöthig der Bohsin Zeit dazu zu geben. Ich hoffe übrigens das Beste für dieses Stück; es ist mir nichts vorgekommen, was die Wirkung stören könnte. Gefreut hat es mich, daß die eigentlich poetisch schönen Stellen und die lyrischen besonders auf unsere Schauspieler immer die höchste Wirkung machten. Die Erzählung von den Thyestischen Greueln und nachher der Monolog des Orests, wo er dieselben Figuren wieder in Elysium friedlich zusammen sieht, müssen als zwei sich auf einander beziehende Stücke und als eine aufgelöste Dissonanz vorzüglich herausgehoben werden. Besonders ist alles daran zu wenden, daß der Monolog gut executirt werde, weil er auf der Grenze steht, und wenn er nicht die höchste Rührung erweckt, die Stimmung leicht verderben kann. Ich denke aber er soll eine sublime Wirkung machen.
Den übeln Erfolg der Ariadne wird Ihnen der Hofkammerrath schon berichtet haben. Sie können ihm alles schlimme glauben, was er Ihnen davon schreiben mag; denn diese Elise ist eine armselige herz- und geistlose Komödiantin von der gemeinen Sorte, die durch ihre Ansprüche ganz unausstehlich wird. Doch Sie werden sie selbst sehen und hören, wenn Sie länger in Jena bleiben, denn sie denkt in etlichen Tagen ein Declamations-Concert dort zu geben.
Wir sind seit sechs Tagen eingezogen und freilich noch in größter Confusion, doch habe ich mich in den Morgenstunden in etwas zur Arbeit sammeln können und hoffe nun bald recht in Gang zu kommen.
Zu der lyrischen Ausbeute gratulire ich. Genießen Sie die schöne Jahrszeit aufs beste und denken unser.
Weimar, 5. Mai 1802.
Sch.
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854. An Schiller.
Madame Bürger hat uns bis jetzt noch verschont, wenn sie nicht etwa morgen noch kommt und auf eine SonntagsDeclamation Anspruch macht. Auf alle Fälle werde ich mich in eine Ecke des Saals, nicht weit von der Thüre, setzen und nach Beschaffenheit der Umstände aushalten oder auf und davon gehen.
Was Sie mir von Iphigenie sagen ist mir erfreulich. Könnten und möchten Sie das Werk bis zur Aufführung treiben, ohne daß ich eine Probe sähe und es Sonnabend den 15ten geben, so bliebe ich noch eine Woche hier und brächte manches vor und hinter mich.
Wie ich höre geht der Theaterbau zu Lauchstädt recht gut von Statten. Ich bin recht neugierig wie dieser Pilz aus der Erde wachsen wird.
Wenn Sie eine Leseprobe von Alarkos gehalten haben, so sagen Sie mir doch ein Wort davon.
Es ist mir diese Tage ein anderes neues dramatisches Product zugeschickt worden, das mir, ich mag wohl so sagen, Kummer macht. Ein unverkennbares Talent, sorgfältiges Nachdenken, Studien der Alten, recht hübsche Einsicht, brauchbare Theile und im Ganzen unzulänglich, indem es weder vor- noch rückwärts Face macht. Den zehenten Theil davon hätte man vielleicht produciren können, aber, so wie es liegt ist es ganz und gar unmöglich. Wie ich zurückkomme sollen Sie es sehen und werden wahrscheinlich noch größere Klagelieder anstimmen. Sagen Sie aber niemand nichts davon, auch nichts von meiner vorläufigen Anzeige; denn wir müssen es unter uns, in der Stille, zurecht legen.
Das Bibliothekswesen construirt sich nach und nach, obgleich noch immer langsam genug. Ich halte meine Taktik und suche nun immer, von Epoche zu Epoche, vorzurücken.
Irgend eine poetische Stunde und sonst ein wissenschaftlicher Gewinn fällt auch mit ab.
Leben Sie recht wohl und richten sich recht behaglich ein.
Jena am 7. Mai 1802.
G.
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855. An Goethe.
Weimar am
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