Sämtliche Werke
wagen, die paar zweideutigen Verse corrigiren und das Einstudiren dirigiren wollen, so glaube ich nicht daß es gehen wird, und doch wäre es in der jetzigen Lage recht gut und sie würde dann vielleicht für andere Theater verlangt, wie es ja schon mit dem Nathan gegangen ist. Rhadamist und Zenobia ist, bei näherer Betrachtung, ein sehr merkwürdiges Stück, der höchste Gipfel einer manierirten Kunst, wogegen die Voltairischen Stücke als reine Natur erscheinen. Das, was an diesem Stücke imponirt ist wahrscheinlich die Kainische Lage des Helden und der unstete Charakter, der an das Schicksal jenes ersten Brudermörders erinnert. Es übrigens aufs deutsche Theater zu heben sehe ich noch keine Handhabe.
Zu der Bekanntschaft des heiligen Bernhards gratulire ich. Wir wollen sehen Specialiora von ihm zu erfahren.
Unsere hiesigen theologischen Freunde sind in üblen Umständen. Griesbach leidet an seinen Füßen und Paulus mit seiner Frau. Sie ist sehr übel dran, so daß ich für ihre Existenz fürchte und die Natur kann nun wieder eine Weile operiren, bis sie ein so neckisches Wesen zum zweitenmale zusammen bringt.
Zelter hat sehr lebhafte Eindrücke zurückgelassen. Man hört überall seine Melodieen und wir haben ihm zu danken daß unsere Lieder und Balladen durch ihn von den Todten erweckt worden .
Das Bibliothekswesen klärt sich auf. Bretter und Balken schwimmen die Saale hinunter, zu dem neuen Musentempel in Lauchstädt. Lassen Sie doch auch dieses unser Unternehmen auf sich wirken und thun Sie für Ihre ältern Sachen was Sie können. Zwar weiß ich wohl wie schwer es hält, doch müssen Sie nach und nach, durch Nachdenken und Uebung, dem dramatischen Metier so viel Handgriffe abgewinnen, daß Genie und reine poetische Stimmung nicht gerade zu jeder Operation nöthig sind.
Sonst habe ich einiges gelesen und getrieben. Sehr merkwürdig war mir ein Blick in das Original von Browns medicinischen Elementen. Es sieht einem daraus ein ganz trefflicher Geist entgegen, der sich Worte, Ausdrücke, Wendungen schafft und sich deren mit bescheidener Consequenz bedient, um seine Ueberzeugungen darzustellen. Man spürt nichts von dem heftigen terminologischen Schlendrian seiner Nachfolger. Uebrigens ist das Büchlein im Zusammenhange schwer zu verstehen und ich habe es deßwegen bei Seite gelegt, weil ich weder die gehörige Zeit noch Aufmerksamkeit darauf wenden kann.
Seitdem ich dieses dictirt, habe ich mich entschlossen Dienstag nach Weimar zu gehen. Da Sie denn, zum Voraus, auf den Abend schönstens eingeladen sind.
Wollten Sie sich erkundigen: ob die Freunde Mittwoch Abends bei mir zusammenkommen wollen? und in jedem Falle das Ja oder Nein in mein Haus wissen lassen.
Da ich nun so bald das Vergnügen hoffe Sie zu sehen füge ich nichts weiter hinzu.
Jena am 19. März 1802.
G.
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849. An Goethe.
Weimar, 20. März 1802.
Ich freue mich, daß Sie bald wieder hier sein und daß wir den Eintritt des Frühjahrs zusammen zubringen werden, der mich immer traurig zu machen pflegt, weil er ein unruhiges und gegenstandloses Sehnen hervorbringt.
Gern will ich das Mögliche thun, um die Iphigenia zur theatralischen Erscheinung zu bringen; es ist bei einem solchen Geschäft immer viel zu lernen und an dem Erfolg zweifle ich nicht, wenn unsre Leute das ihrige leisten. Es ist mir neulich sogar aus Dresden geschrieben worden, daß man die Iphigenia dort auf die Bühne bringen will, und gewiß werden noch andre Theater nachfolgen.
Mit dem Karlos bin ich auf ziemlich gutem Wege und hoffe in acht oder zehn Tagen damit zu Stande zu sein. Es ist ein sicherer theatralischer Fond in dem Stück, und es enthält vieles, was ihm die Gunst verschaffen kann. Es war freilich nicht möglich, es zu einem befriedigenden Ganzen zu machen, schon darum weil es viel zu breit zugeschnitten ist; aber ich begnügte mich, das Einzelne nur nothdürftig zusammen zu reihen, und so das Ganze bloß zum Träger des Einzelnen zu machen. Und wenn vom Publicum die Rede ist, so ist das Ganze doch das, was zuletzt in Betrachtung kommt.
Die Jungfrau v. O. wollen wir aber erst in Lauchstädt spielen lassen, ehe wir hier damit auftreten. Ich muß mir dieses ausbitten, weil sich der Herzog einmal bestimmt dagegen erklärt hat und ich auch nicht von ferne den Schein haben möchte, als wenn ich die Sache betrieben hätte. Mündlich darüber mehr. Der zweite Grund ist, weil ich im vorigen Jahre der Jagemann die Johanna zugetheilt, so würde es
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