Sämtliche Werke
Was soll’s? (Man hört in der Ferne reden.)
Götz (in seinen Bart) .
Einen Strick um Deinen Hals.
Trompeter redet fort.
Götz (antwortet) .
Mich ergeben! Auf Gnad und Ungnad! Mit wem redet Ihr! Bin ich ein Räuber! Sag Deinem Hauptmann: Vor Ihro Kaiserliche Majestät hab’ ich, wie immer, schuldigen Respekt. Er aber, sag’s ihm, er kann mich – – (Schmeißt das Fenster zu.)
(Belagerung. Küche.)
Elisabeth. Götz zu ihr.
Götz .
Du hast viel Arbeit, arme Frau.
Elisabeth .
Ich wollt’, ich hätte sie lang’. Wir werden schwerlich aushalten können.
Götz .
Wir hatten nicht Zeit, uns zu versehen.
Elisabeth .
Und die vielen Leute, die ihr zeither gespeist habt. Mit dem Wein sind wir auch schon auf der Neige.
Götz .
Wenn wir nur auf einen gewissen Punkt halten, dass sie Kapitulation vorschlagen. Wir tun ihnen brav Abbruch. Sie schießen den ganzen Tag und verwunden unsere Mauern und knicken unsere Scheiben. Lerse ist ein braver Kerl. Er schleicht mit seiner Büchse herum. Wo sich einer zu nahe wagt, blaff liegt er.
Knecht .
Kohlen, gnädige Frau.
Götz .
Was gibt’s.
Knecht .
Die Kugeln sind alle, wir wollen neue gießen.
Götz .
Wie steht ’s Pulver?
Knecht .
So ziemlich. Wir sparen unsere Schüsse wohl aus.
(Saal.)
Lerse mit einer Kugelform. Knecht mit Kohlen.
Lerse .
Stell’ sie daher, und seht, wo ihr im Haus Blei kriegt. Inzwischen will ich hier zugreifen. (Hebt ein Fenster aus und schlägt die Scheiben ein.) Alle Vorteile gelten. – So geht’s in der Welt, weiß kein Mensch, was aus den Dingen werden kann. Der Glaser, der die Scheiben fasste, dachte gewiss nicht, dass das Blei einem seiner Urenkel garstiges Kopfweh machen könnte! Und da mich mein Vater zeugte, dachte er nicht, welcher Vogel unter dem Himmel, welcher Wurm auf der Erde mich fressen möchte.
Georg kommt mit einer Dachrinne.
Georg .
Da hast Du Blei. Wenn Du nur mit der Hälfte triffst, so entgeht keiner, der Ihro Majestät ansagen kann: Herr, wir haben schlecht bestanden.
Lerse (haut davon) .
Ein brav Stück.
Georg .
Der Regen mag sich einen andern Weg suchen! Ich bin nicht bang davor; ein braver Reiter und ein rechter Regen mangeln nie eines Pfads.
Lerse (Er gießt) .
Halt den Löffel. (Er geht ans Fenster.) Da zeiht so ein Reichsknappe mit der Büchse herum. Sie denken, wir haben uns verschossen. Er soll die Kugel versuchen, warm wie sie aus der Pfanne kommt. (Er lädt.)
Georg (lehnt den Löffel an) .
Lass mich sehn.
Lerse (schießt) .
Da liegt der Spatz.
Georg .
Der schoss vorhin nach mir, (sie gießen) wie ich zum Dachfenster hinausstieg und die Rinne holen wollte. Er traf eine Taube, die nicht weit von mir saß, sie stürzt’ in die Rinne. Ich dankt’ ihm für den Braten und stieg mit der doppelten Beute wieder herein.
Lerse .
Nun wollen wir wohl laden und im ganzen Schloss herumgehen, unser Mittagessen verdienen.
Götz kommt.
Götz .
Bleib, Lerse! Ich habe mit Dir zu reden! Dich, Georg, will ich nicht von der Jagd abhalten. (Georg ab.)
Götz .
Sie entbieten mir einen Vertrag.
Lerse .
Ich will zu ihnen hinaus und hören, was es soll.
Götz .
Es wird sein: Ich soll mich auf Bedingungen in ritterlich Gefängnis stellen.
Lerse .
Das ist nichts. Wie wär’s, wenn sie uns freien Abzug eingestünden, da Ihr doch von Sickingen keinen Entsatz erwartet? Wir vergrüben Geld und Silber, wo sie’s mit keiner Wünschelrute finden sollten, überließen ihnen das Schloss und kämen mit Manier davon.
Götz .
Sie lassen uns nicht.
Lerse .
Es kommt auf eine Prob’ an. Wir wollen um sicher Geleit rufen und ich will hinaus. (Ab.)
(Saal.)
Götz, Elisabeth, Georg, Knechte bei Tisch.
Götz .
So bringt uns die Gefahr zusammen. Lasst’s Euch schmecken, meine Freunde! Vergesst das Trinken nicht. Die Flasche ist leer. Noch eine, liebe Frau. (Elisabeth zuckt die Achsel.) Ist keine mehr da?
Elisabeth (leise) .
Noch eine. Ich hab’ sie für Dich beiseite gesetzt.
Götz .
Nicht doch, Liebe! Gib sie heraus. Sie brauchen Stärkung, nicht ich. Es ist ja meine Sache.
Elisabeth .
Holt sie draußen im Schrank!
Götz .
Es ist die letzte. Und mir ist’s, als ob wir nicht zu sparen Ursach hätten. Ich bin lange nicht so vergnügt gewesen. (Er schenkt ein.) Es lebe der Kaiser!
Alle .
Er lebe.
Götz .
Das soll unser vorletztes Wort sein, wenn wir sterben! Ich lieb’ ihn, denn wir haben einerlei Schicksal. Und ich bin noch glücklicher als er. Er muss den Reichsständen die Mäuse fangen,
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