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Sämtliche Werke

Sämtliche Werke

Titel: Sämtliche Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johann Wolfgang von Goethe
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Brustfleck .
    Ach, an den Worten und Manieren
    Muss man den ew’gen Wurstel spüren!
    Ich hab’s – dem Himmel sei’s geklagt –
    Euch doch so öfter schon gesagt,
    Dass Ihr Euch sittlich stellen sollt,
    Und tut dann alles, was Ihr wollt.
    Kein leicht unfertig Wort wird von der Welt verteidigt,
    Doch tut das Niedrigste, und sie wird nie beleidigt.
    Der Weise sagt – der Weise war nicht klein –:
    Nichts scheinen, aber alles sein.
    Doch ach, wie viel geht nicht an Euch verloren,
    Zu wie viel Großem wart Ihr nicht geboren,
    Was hofft man nicht, was Ihr noch leisten sollt!
    Hanswurst .
    Mir ist ja alles recht, nur lasst mich ungeschoren;
    Ich bin ja gern berühmt, soviel Ihr immer wollt.
    Redt man von mir, ich will’s nicht wehren,
    Nur muss mich’s nicht in meinem Wesen stören.
    Was hilft’s, dass ich ein dummes Leben führe?
    Da hört die Welt was Rechts von mir,
    Wenn man ihr sagt, dass, um von ihr
    Gelobt zu sein, ich mich geniere.
    Kilian Brustfleck .
    Mein Sohn, ach, das verstehst du nicht.
    Der größte Mann, sch… er dir ins Gesicht,
    So kenntest du ihn nur von seiner stink’gen Seite.
    Und so sind eben alle Leute.
    Der größte Matz kocht oft den besten Brei;
    Weiß er den gut zu präsentieren
    Und jedem lind ins Maul zu schmieren,
    Fährt er ganz sicher wohl dabei.
    Soll je das Publikum dir seine Gnade schenken,
    So muss es dich vorher als einen Matzen denken.
    Hanswurst .
    Das müsst Ihr freilich besser wissen;
    Denn Ihr habt Euch gar viel des Ruhms beflissen
    Und drum den Wohlstand nie verletzt,
    Viel lieber in die Hosen gesch…,
    Als Euch an einen Zaun gesetzt.
    Hanswurst .
    Euer fahles Wesen, schwankende Positur,
    Euer Trippeln und Krabbeln und Schneidernatur,
    Euer ewig lauschend Ohr,
    Euer Wunsch, hinten und vorn zu glänzen,
    Lernt freilich wie ein armes Rohr
    Von jedem Winde Reverenzen.
    Aber seht meine Figur,
    Wie harmoniert sie mit meiner Natur,
    Meine Kleider mit meinen Sitten:
    Ich bin aus dem Ganzen zugeschnitten.
     
 * 

Johann Wolfgang Goethe
Satyros
    oder
Der vergötterte Waldteufel
    entstanden 1773,
veröffentlicht 1817
    ———
    s  a  t  y  r  o  s
    ———
 
 * 
 
    Erster Akt
    Zweiter Akt
    Dritter Akt
    Vierter Akt
    Fünfter Akt
Erster Akt
    Einsiedler .
    Ihr denkt, ihr Herrn, ich bin allein,
    Weil ich nicht mag in Städten sein.
    Ihr irrt euch, liebe Herren mein!
    Ich hab mich nicht hierher begeben,
    Weil sie in Städten so ruchlos leben
    Und alle wandeln nach ihrem Trieb,
    Der Schmeichler, Heuchler und der Dieb:
    Das hätt mich immerfort ergetzt,
    Wollten sie nur nicht sein hochgeschätzt;
    Bestehlen und bescheißen mich, wie die Raben,
    Und noch dazu Reverenzen haben!
    Ihrer langweiligen Narrheit satt,
    Bin herausgezogen in Gottes Stadt,
    Wo's freilich auch geht drüber und drunter
    Und geht desungeacht nicht unter.
    Ich seh im Frühling ohne Zahl
    Blüten und Knospen durch Berg und Tal,
    Wie alles drängt und alles treibt,
    Kein Pläcklein ohne Keimlein bleibt.
    Da denkt nun gleich der steif' Philister:
    Das ist für mich und meine Geschwister.
    Unser Herrgott ist so gnädig heuer;
    Hätt ich's doch schon in Fach und Scheuer!
    Unser Herrgott spricht: Aber mir nit so!
    Es sollen's ander auch werden froh.
    Da lockt uns denn der Sonnenschein
    Störch und Schwalb' aus der Fremd herein,
    Den Schmetterling aus seinem Haus,
    Die Fliegen aus den Ritzen raus
    Und brütet das Raupenvölklein aus.
    Das quillt all von Erzeugungskraft,
    Wie sich's hat aus dem Schlaf gerafft;
    Vögel und Frösch und Tier' und Mücken
    Begehn sich zu allen Augenblicken,
    Hinten und vorn, auf Bauch und Rücken,
    Daß man auf jeder Blüt und Blatt
    Ein Eh- und Wochenbettlein hat.
    Und sing ich dann im Herzen mein
    Lob Gott mit allen Würmelein.
    Das Volk will dann zu essen haben,
    Verzehren bescherte Gottesgaben.
    So frißt 's Würmlein frisch Keimleinblatt,
    Das Würmlein macht das Lerchlein satt,
    Und weil ich auch bin zu essen hier,
    Mir das Lerchlein zu Gemüte führ.
    Ich bin denn auch ein häuslich' Mann,
    Hab Haus und Stall und Garten dran.
    Mein Gärtlein, Früchtlein ich beschütz
    Vor Kält und Raupen und dürrer Hitz.
    Kommt aber herein der Kieselschlag
    Und furaschiert mir an einem Tag,
    So ärgert mich der Streich fürwahr;
    Doch leb ich noch am End vom Jahr
    Wo mancher Bärwolf ist schon tot
    Aus Ängsten vor der Hungersnot.
    (Man hört von ferne heulen.)
    U! U! Au! Au! Weh! Weh! Ai! Ai!
    Einsiedler .
    Welch ein erbärmlich Wehgeschrei!
    Muß eine verwundte Besti'

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