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Sämtliche Werke

Titel: Sämtliche Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Heine
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demselben Standpunkt mit den englischen Fabrikarbeitern, nur daß der Franzose mehr von einer Idee, der Engländer hingegen ganz und gar vom Hunger getrieben wird.
    Der Aufruhr in England ist für den Augenblick gestillt, aber nur für den Augenblick; er ist bloß vertagt, er wird mit jedesmal gesteigerter Macht aufs neue ausbrechen, und um so gefährlicher, da er immer die rechte Stunde abwarten kann. Wie aus vielen Anzeichen einleuchtet, ist der Widerstand der Fabrikarbeiter jetzt ebenso praktisch organisiert wie einst der Widerstand der irischen Katholiken. Die Chartisten haben diese drohende Macht in ihr Interesse zu ziehen und einigermaßen zu disziplinieren gewußt, und ihre Verbindung mit den unzufriedenen Fabrikarbeitern ist vielleicht die wichtigste Erscheinung der Gegenwart. Diese Verbindung entstand auf sehr einfachem Wege, sie war eine natürliche, obgleich die Chartisten sich gern mit einem bestimmten Programm als eine rein politische Partei präsentieren und die Fabrikarbeiter, wie ich schon oben erwähnt, nur arme Taglöhner sind, die vor Hunger kaum sprechen können und, gleichgültig gegen alle Regierungsform, nur das liebe Brot verlangen. Aber das Wort meldet selten den innern Herzensgedanken einer Partei, es ist nur ein äußerliches Erkennungszeichen, gleichsam die gesprochene Kokarde; der Chartist, der sich auf die politische Frage zu beschränken vorgibt, hegt Wünsche im Gemüte, die mit den vagsten Gefühlen jener hungrigen Handwerker tief übereinstimmen, und diese können ihrerseits immerhin das Programm der Chartisten zu ihrem Feldgeschrei wählen, ohne ihre Zwecke zu verabsäumen. Die Chartisten nämlich verlangen: erstens, daß das Parlament nur aus einer Kammer bestehe und durch alljährliche Wahlen erneuert werde; zweitens, daß durch geheimes Votieren die Unabhängigkeit der Wähler sichergestellt werde; endlich, daß jeder geborene Engländer, der ins Mannesalter getreten, Wähler und wählbar sei. »Davon können wir noch immer nicht essen«, sagten die notleidenden Arbeiter, »von Gesetzbüchern ebensowenig wie von Kochbüchern wird der Mensch satt, uns hungert.« – »Wartet nur«, entgegnen die Chartisten, »bis jetzt saßen im Parlament nur die Reichen, und diese sorgten nur für die Interessen ihrer eignen Besitztümer; durch das neue Wahlgesetz, durch die Charte, werden aber auch die Handwerker oder ihre Vertreter ins Parlament kommen, und da wird es sich wohl ausweisen, daß die Arbeit ebensogut wie jeder andere Besitz ein Eigentumsrecht in Anspruch nehmen kann und es einem Fabrikherrn ebensowenig erlaubt sein dürfte, den Taglohn des Arbeiters nach Willkür herabzusetzen, wie es ihm nicht erlaubt ist, das Mobiliar- oder Immobiliarvermögen seines Nachbarn zu beeinträchtigen. Die Arbeit ist das Eigentum des Volks, und die daraus entspringenden Eigentumsrechte sollen durch das regenerierte Parlament sanktioniert und geschützt werden.« Ein Schritt weiter, und diese Leute sagen, die Arbeit sei das Recht des Volks; und da dieses Recht auch die Berechtigung zu einem unbedinglichen Arbeitslohne zur Folge hätte, so führt der Chartismus, wo nicht zur Gütergemeinschaft, doch gewiß zur Erschütterung der bisherigen Eigentumsidee, des Grundpfeilers der heutigen Gesellschaft, und in jenen chartistischen Anfängen läge, in ihre Konsequenzen verfolgt, eine soziale Umwälzung, wogegen die französische Revolution als sehr zahm und bescheiden erscheinen dürfte.
    Hier offenbart sich wieder die Hypokrisie und der praktische Sinn der Engländer, im Gegensatz zu den Franzosen: die Chartisten verbergen unter legalen Formen ihren Terrorismus, während die Kommunisten ihn freimütig und unumwunden aussprechen. Letztere tragen freilich noch einige Scheu, die letzten Konsequenzen ihres Prinzips beim rechten Namen zu nennen, und diskutiert man mit ihren Häuptlingen, so verteidigen sich diese gegen den Vorwurf, als wollten sie das Eigentum abschaffen, und sie behaupten dann, sie wollten im Gegenteil das Eigentum auf eine breitere Basis etablieren, sie wollten ihm eine umfassendere Organisation verleihen. Du lieber Himmel, ich fürchte, das Eigentum würde durch den Eifer solcher Organisatoren sehr in die Krümpe gehen, und es würde am Ende nichts als die breite Basis übrigbleiben. »Ich will dir die Wahrheit gestehen«, sagte mir jüngst ein kommunistischer Freund, »das Eigentum wird keineswegs abgeschafft werden, aber es bekömmt eine neue Definition.«
    Es ist nun diese neue Definition,

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