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Sämtliche Werke

Titel: Sämtliche Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Heine
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Antlitz. In der ersten Revolution mußte der Name Pitt dazu dienen, die besten Patrioten als verkaufte Verräter zu beflecken – Danton, Robespierre, ja sogar Marat, denunzierte man als besoldet von Pitt. Der Pitt der Februarrevolution hieß Guizot, und den lächerlichsten Verdächtigungen mußte der Name Guizot Vorschub leisten. Erregte man den Neid eines jener Tageshelden, die schwach von Geist waren, aber lange in Sainte-Pélagie oder gar auf dem Mont Saint-Michel gesessen, so konnte man darauf rechnen, nächstens in seinem Klub als ein Helfershelfer Guizots, als ein feiler Söldner des Guizotschen Bestechungssystems angeklagt zu werden. Es gab damals keine Guillotine, womit man die Kopfe abschnitt, aber man hatte eine Guizotine erfunden, womit man uns die Ehre abschnitt. Auch der Name des Schreibers dieser Blätter entging nicht der Verunglimpfung in jener Tollzeit, und ein Korrespondent der »Allgemeinen Zeitung« entblödete sich nicht, in einem anonymen Artikel von den unwürdigsten Stipulationen zu sprechen, wodurch ich für eine namhafte Summe meine literarische Tätigkeit den gouvernementalen Bedürfnissen des Ministeriums Guizot verkauft hätte.
    Ich enthalte mich jeder Beleuchtung der Person jenes fürchterlichen Anklägers, dessen rauhe Tugend durch die herrschende Korruption so sehr in Harnisch geraten; ich will diesem mutigen Ritter nicht das Visier seiner Anonymität abreißen, und nur beiläufig bemerke ich, daß er kein Deutscher, sondern ein Italiener ist, der, in Jesuitenschulen erzogen, seiner Erziehung treu blieb und zu dieser Stunde in den Bureaux der österreichischen Gesandtschaft zu Paris eine kleine Anstellung genießt. Ich bin tolerant, gestatte jedem, sein Handwerk zu treiben, wir können nicht alle ehrliche Leute sein, es muß Käuze von allen Farben geben, und wenn ich mir etwa eine Rüge gestatte, so ist es nur die raffinierte Treulosigkeit, womit mein ultramontaner Brutus sich auf die Autorität eines französischen Flugblattes berief, das, der Tagesleidenschaft dienend, nicht rein von Entstellungen und Mißdeutungen jeder Art war, aber in bezug auf mich selbst sich auch kein Wort zuschulden kommen ließ, welches obige Bezüchtigung rechtfertigen konnte. Wie es kam, daß die sonst so behutsame »Allgemeine Zeitung« ein Opfer solcher Mystifikation wurde, will ich später andeuten. Ich begnüge mich hier, auf die Augsburger »Allgemeine Zeitung« vom 23. Mai 1848, Außerordentliche Beilage, zu verweisen, wo ich in einer öffentlichen Erklärung über die saubere Insinuation ganz unumwunden, nicht der geringsten Zweideutigkeit Raum lassend, mich aussprach. Ich unterdrückte alle verschämten Gefühle der Eitelkeit, und in öffentlicher »Allgemeinen Zeitung« machte ich das traurige Geständnis, daß auch mich am Ende die schreckliche Krankheit des Exils, die Armut, heimgesucht hatte und daß auch ich meine Zuflucht nehmen mußte zu jenem »großen Almosen, welches das französische Volk an so viele Tausende von Fremden spendete, die sich durch ihren Eifer für die Sache der Revolution in ihrer Heimat mehr oder minder glorreich kompromittiert hatten und an dem gastlichen Herde Frankreichs eine Freistätte suchten«.
    Dieses waren meine nackten Worte in der besagten Erklärung, ich nannte die Sache bei ihrem betrübsamsten Namen. Obgleich ich wohl andeuten konnte, daß die Hülfsgelder, welche mir als eine »allocation annuelle d’une pension de secours« zuerkannt worden, auch wohl als eine hohe Anerkennung meiner literarischen Reputation gelten mochten, wie man mir mit der zartesten Courtoisie notifiziert hatte, so setzte ich doch jene Pension unbedingt auf Rechnung der Nationalgroßmut, der politischen Bruderliebe, welche sich hier ebenso rührend schön kundgab, wie es die evangelische Barmherzigkeit jemals getan haben mag. Es gab hochfahrende Gesellen unter meinen Exilkollegen, welche jede Unterstützung nur Subvention nannten; bettelstolze Ritter, welche alle Verpflichtung haßten, nannten sie ein Darlehn, welches sie später wohlverzinst den Franzosen zurückzahlen würden – ich jedoch demütigte mich vor der Notwendigkeit und gab der Sache ihren wahren Namen. In der erwähnten Erklärung hatte ich hinzugesetzt: »Ich nahm solche Hülfsgelder in Anspruch kurz nach jener Zeit, als die bedauerlichen Bundestagsdekrete erschienen, die mich, als den Chorführer eines sogenannten Jungen Deutschlands, auch finanziell zu verderben suchten, indem sie nicht bloß meine vorhandenen

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