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Sämtliche Werke

Titel: Sämtliche Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Heine
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Zustände zu tun ist und manche daran sehr gern ein bißchen rütteln möchten; ebenso wie es in der Opposition sehr viele Männer gibt, die das Bestehende um alles in der Welt willen nicht umstürzen möchten und gar besonders vor dem Krieg eine Todesscheu hegen. Die meisten jener Oppositionsmänner wollen nur ihre Partei ans Regiment bringen, um dieses, gleich den Konservativen, in ihrem Privatinteresse auszubeuten. Die Prinzipien sind auf beiden Seiten nur Losungsworte ohne Bedeutung; es handelt sich im Grunde nur darum, welche von beiden Parteien die materiellen Vorteile der Herrschaft erwerbe. In dieser Beziehung haben wir hier denselben Kampf, der sich jenseits des Kanals, unter den Namen Whigs und Tories, seit zwei Jahrhunderten hinschleppt.
    Die englische konstitutionelle Regierungsform war, wie männiglich bekannt, das große Muster, wonach sich das jetzige französische parlamentarische Gemeinwesen gebildet; namentlich die Doktrinäre haben dieses Vorbild bis zur Pedanterie nachzuäffen gesucht, und es wäre nicht unwahrscheinlich, daß die allzu große Nachgiebigkeit, womit das heutige Ministerium die Usurpationen der Konservativen erduldet und sich von denselben ausbeuten läßt, am Ende aus einer gelehrten Gründlichkeit hervorginge, die ihr reiches, durch mühsame Studien erworbenes Wissen getreulichst dokumentieren möchte. Der 29. Oktober, d.h. der Herr Professor, den die Opposition mit jenem Monatsdatum bezeichnet, kennt das Räderwerk der englischen Staatsmaschine besser als irgend jemand, und wenn er glaubt, daß eine solche Maschine auch diesseits des Kanals nicht anders fungieren könne als durch die unsittlichen Mittel, in deren Anwendung Walpole ein Meister und Robert Peel keineswegs ein Stümper war, so ist eine solche Ansicht gewiß sehr zu beklagen, aber wir können ihr nicht mit hinlänglicher Gelehrsamkeit und Geschichtskenntnis widersprechen. Wir müssen sagen, die Maschine selbst taugt nichts; aber fehlt uns dieser Mut, so können wir den dirigierenden Maschinenmeister keiner allzu herben Kritik unterwerfen. Und wozu nützte am Ende diese Kritik? Was hülfe es, in Augsburg zu rügen, wenn an der Seine gesündigt wird? Die Opposition eines Ausländers in ausländischen Blättern, wo es sich um Gebreste der innern Verwaltung Frankreichs handelt, wäre eine Rodomontade, die ebenso ungeziemend wie närrisch. Nicht die innere Administration, sondern nur Akte der Politik, die auch auf unser eignes Vaterland einen Einfluß üben könnten, soll ein Korrespondent besprechen. Ich werde daher die jetzige Korruption, das Bestechungssystem, womit meine Kollegen in deutschen Zeitungen so viele Kolonnen anfüllen, weder in Frage stellen noch rechtfertigen. Was geht das uns an, wer in Frankreich die besten Ämter, die fettesten Sinekuren, die prachtvollsten Orden erschleicht oder an sich reißt? Was kümmert es uns, ob es ein Schnapphahn der Rechten oder ein Schnapphahn der Linken ist, der die goldenen Gedärme des Budgets einsteckt? Wir haben nur dafür zu sorgen, daß wir uns selbst in der respektiven Heimat von unsern heimischen Tories oder Whigs durch kein Ämtchen, durch keinen Titel, durch kein Bändchen erkaufen lassen, wenn es gilt, für die Interessen des deutschen Volks zu reden oder zu stimmen! Warum sollen wir jetzt über den Splitter, den wir in französischen Augen bemerkt, soviel Zeter schreien, wenn wir uns über den Balken in den blauen Augen unsrer deutschen Behörden entweder gar nicht oder sehr kleinlaut äußern dürfen? Wer könnte übrigens in Deutschland beurteilen, ob der Franzose, dem das französische Ministerium eine Stelle oder Gunst gewährt, dieselbe verdienter- oder unverdienterweise empfing? Die Ämterjägerei wird nicht aufhören unter einem Ministerium Thiers oder Barrot, wenn Guizot fällt. Kämen gar die Republikaner ans Ruder, so würde die Korruption sich mehr im Gewande der Hypokrisie zeigen, statt daß sie jetzt ohne Schminke, schier naiv zynisch auftritt. Die Partei wird immer den Männern der Partei die große Schüssel vorsetzen. Einen entsetzlich grauenhaften Anblick böte uns gewiß die Stunde, »wo sich das Laster erbricht und die Tugend zu Tische setzt!« Mit welcher Wolfsgier würden die armen Hungerleider der Tugend nach der langen Fastenzeit sich über die guten Speisen herstürzen! Wie mancher Cato würde sich bei dieser Gelegenheit den Magen verderben! Wehe den Verrätern, die sich satt gegessen und sogar Rebhühner und Trüffeln gegessen und

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