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Sämtliche Werke

Titel: Sämtliche Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Heine
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deutsche Poet brauchte sich wahrlich seiner Genossenschaft nicht zu schämen, und er befand sich in Gesellschaften von Berühmtheiten des Talentes und des Unglücks, deren Schicksal erschütternd. Dicht neben meinem Namen auf der erwähnten Pensionsliste, in derselben Rubrik und in derselben Kategorie, fand ich den Namen eines Mannes, der einst ein Reich beherrschte, größer als die Monarchie des Ahasverus, der da König war von Haude bis Kusch, von Indien bis an die Mohren, über hundertundsiebenundzwanzig Länder; – es war Godoy, der Prince de la paix, der unumschränkte Günstling Ferdinands VII. und seiner Gattin, die sich in seine Nase verliebt hatte. – Nie sah ich eine umfangreichere, kurfürstlichere Purpurnase, und ihre Füllung mit Schnupftabak muß gewiß dem armen Godoy mehr gekostet haben, als sein französisches Jahrgehalt betrug. Ein anderer Name, den ich neben dem meinigen erblickte und der mich mit Rührung und Ehrfurcht erfüllte, war der meines Freundes und Schicksalsgenossen, des ebenso glorreichen wie unglücklichen Augustin Thierry, des größten Geschichtschreibers unserer Zeit. Aber anstatt neben solchen respektabeln Leuten meinen Namen zu nennen, wußte der ehrliche Korrespondent der »Allgemeinen Zeitung« aus den erwähnten Budgetlisten, wo freilich auch pensionierte diplomatische Agenten verzeichnet standen, just zwei Namen der deutschen Landsmannschaft herauszuklauben, welche Personen gehörten, die gewiß besser sein mochten als ihr Ruf, aber jedenfalls dem meinigen schaden mußten, wenn man mich damals mit ihnen zusammenstellte. Der eine war ein deutscher Gelehrter aus Göttingen, ein Legationsrat, der von jeher der Sündenbock der liberalen Partei gewesen und das Talent besaß, durch eine zur Schau getragene diplomatische Geheimtuerei für das Schlimmste zu gelten. Begabt mit einem Schatz von Kenntnissen und einem eisernen Fleiße, war er für viele Kabinette ein sehr brauchbarer Arbeiter gewesen, und so arbeitete er später gleichfalls in der Kanzlei Guizots, welcher ihn auch mit verschiedenen Missionen betraute, und diese Dienste rechtfertigen seine Besoldung, die sehr bescheiden war. Die Stellung des andern Landsmanns, mit welchem der ehrliche Korruptionskorrespondent mich zusammen nannte, hatte mit der meinigen ebensowenig Analogie wie die des ersteren: er war ein Schwabe, der bisher als unbescholtener Spießbürger in Stuttgart lebte, aber jetzt in einem fatal zweideutigen Lichte erschien, als man sah, daß er auf dem Budget Guizots mit einer Pension verzeichnet stand, die fast ebenso groß war wie das Jahrgehalt, das aus derselben Kasse der Oberst Gustavson, Exkönig von Schweden, bezog; ja sie war drei- oder viermal so groß wie die auf demselben Guizotschen Budget eingezeichneten Pensionen des Baron von Eckstein und des Hrn. Capefigue, welche beide, nebenbei gesagt, seit undenklicher Zeit Korrespondenten der »Allgemeinen Zeitung« sind. Der Schwabe konnte in der Tat seine fabelhaft große Pension durch kein notorisches Verdienst rechtfertigen, er lebte nicht als Verfolgter in Paris, sondern, wie gesagt, in Stuttgart als ein stiller Untertan des Königs von Württemberg, er war kein großer Dichter, er war kein Lumen der Wissenschaft, kein Astronom, kein berühmter Staatsmann, kein Heros der Kunst, er war überhaupt kein Heros, im Gegenteil, er war sehr unkriegerisch, und als er einst die Redaktion der »Allgemeinen Zeitung« beleidigt hatte und diese letztere spornstreichs von Augsburg nach Stuttgart reiste, um den Mann auf Pistolen herauszufordern: – da wollte der gute Schwabe kein Bruderblut vergießen (denn die Redaktion der »Allgemeinen Zeitung« ist von Geburt eine Schwäbin), und er lehnte das Pistolenduell noch aus dem ganz besondern Sanitätsgrunde ab, weil er keine bleiernen Kugeln vertragen könne und sein Bauch nur an gebackene Schaletkugeln und schwäbische Knödeln gewöhnt sei.
    Korsen, nordamerikanische Indianer und Schwaben verzeihen nie; und auf diese schwäbische Vendetta rechnete der Jesuitenzögling, als er seinen korrupten Korruptionsartikel der »Allgemeinen Zeitung« einschickte; und die Redaktion derselben ermangelte nicht, brühwarm eine Pariser Korrespondenz abzudrucken, welche den guten Leumund des unerschossenen schwäbischen Landsmanns den unheimlichsten und schändlichsten Hypothesen und Konjekturen überlieferte. Die Redaktion der »Allgemeinen Zeitung« konnte ihre Unparteilichkeit bei der Aufnahme dieses Artikels um so glänzender zur

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