Sämtliche Werke
Schriften, sondern auch alles, was späterhin aus meiner Feder fließen würde, im voraus mit Interdikt belegten und mich solchermaßen meines Vermögens und meiner Erwerbsmittel beraubten, ohne Urteil und Recht.«
Ja, »ohne Urteil und Recht«. – Ich glaube mit Fug solchermaßen ein Verfahren bezeichnen zu dürfen, das unerhört war in den Annalen absurder Gewalttätigkeit. Durch ein Dekret meiner heimischen Regierung wurden nicht bloß alle Schriften verboten, die ich bisher geschrieben, sondern auch die künftigen, alle Schriften, welche ich hinfüro schreiben würde; mein Gehirn wurde konfisziert, und meinem armen unschuldigen Magen sollten durch dieses Interdikt alle Lebensmittel abgeschnitten werden. Zugleich sollte auch mein Name ganz ausgerottet werden aus dem Gedächtnis der Menschen, und an alle Zensoren meiner Heimat erging die strenge Verordnung, daß sie sowohl in Tagesblättern wie in Broschüren und Büchern jede Stelle streichen sollten, wo von mir die Rede sei, gleichviel, ob günstig oder nachteilig. Kurzsichtige Toren! solche Beschlüsse und Verordnungen waren ohnmächtig gegen einen Autor, dessen geistige Interessen siegreich aus allen Verfolgungen hervorgingen, wenn auch seine zeitlichen Finanzen sehr gründlich zugrunde gerichtet wurden, so daß ich noch heute die Nachwirkung der kleinlichen Nücken verspüre. Aber verhungert bin ich nicht, obgleich ich in jener Zeit von der bleichen Sorge hart genug bedrängt ward. Das Leben in Paris ist so kostspielig, besonders wenn man hier verheiratet ist und keine Kinder hat. Letztere, diese liebe kleine Puppen, vertreiben dem Gatten und zumal der Gattin die Zeit, und da brauchen sie keine Zerstreuung außer dem Hause zu suchen, wo dergleichen so teuer. Und dann habe ich nie die Kunst gelernt, wie man die Hungrigen mit bloßen Worten abspeist, um so mehr, da mir die Natur ein so wohlhabendes Äußere verliehen, daß niemand an meine Dürftigkeit geglaubt hätte. Die Notleidenden, die bisher meine Hülfe reichlich genossen, lachten, wenn ich sagte, daß ich künftig selber darben müsse. War ich nicht der Verwandte aller möglichen Millionäre? Hatte nicht der Generalissimus aller Millionäre, hatte nicht dieser Millionärissimus mich seinen Freund genannt, seinen Freund? Ich konnte nie meinen Klienten begreiflich machen, daß der große Millionärissimus mich eben deshalb seinen Freund nenne, weil ich kein Geld von ihm begehre; verlangte ich Geld von ihm, so hätte ja gleich die Freundschaft ein Ende! Die Zeiten von David und Jonathan, von Orestes und Pylades seien vorüber. Meine armen, hülfsbedürftigen Dummköpfe glaubten, daß man so leicht etwas von den Reichen erhalten könne. Sie haben nicht, wie ich, gesehen, mit welchen schrecklichen eisernen Schlössern und Stangen ihre großen Geldkisten verwahrt sind. Nur von Leuten, welche selbst wenig haben, läßt sich allenfalls etwas erborgen, denn erstens sind ihre Kisten nicht von Eisen, und dann wollen sie reicher scheinen, als sie sind.
Ja, zu meinen sonderbaren Mißgeschicken gehörte auch, daß nie jemand an meine eignen Geldnöten glauben wollte. In der Magna Charta, welche, wie uns Cervantes berichtet, der Gott Apollo den Poeten oktroyiert hat, lautet freilich der erste Paragraph: »Wenn ein Poet versichert, daß er kein Geld habe, solle man ihm auf sein bloßes Wort glauben und keinen Eidschwur verlangen« – ach! ich berief mich vergebens auf dieses Vorrecht meines Poetenstandes. So geschah es auch, daß die Verleumdung leichtes Spiel hatte, als sie die Motive, welche mich bewogen, die in Rede stehende Pension anzunehmen, nicht den natürlichsten Nöten und Befugnissen zuschrieb. Ich erinnere mich, als damals mehre meiner Landsleute, darunter der entschiedenste und geistreichste, Dr. Marx, zu mir kamen, um ihren Unwillen über den verleumderischen Artikel der »Allgemeinen Zeitung« auszusprechen, rieten sie mir, kein Wort darauf zu antworten, indem sie selbst bereits in deutschen Blättern sich dahin geäußert hätten, daß ich die empfangene Pension gewiß nur in der Absicht angenommen, um meine ärmern Parteigenossen tätiger unterstützen zu können. Solches sagten mir sowohl der ehemalige Herausgeber der »Neuen Rheinischen Zeitung« als auch die Freunde, welche seinen Generalstab bildeten; ich aber dankte für die liebreiche Teilnahme, und ich versicherte diesen Freunden, daß sie sich geirrt, daß ich gewöhnlich jene Pension sehr gut für mich selbst brauchen konnte und daß ich
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