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Sämtliche Werke

Titel: Sämtliche Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Heine
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Frauen,
    Sie grinsen und spinnen,
    Sie seufzen und sinnen;
    Sie sind gar häßlich anzuschauen.
    Die erste trägt den Rocken,
    Sie dreht die Fäden,
    Befeuchtet jeden;
    Deshalb ist die Hängelippe so trocken.
    Die zweite läßt tanzen die Spindel;
    Das wirbelt im Kreise,
    In drolliger Weise;
    Die Augen der Alten sind rot wie Zindel.
    Es hält die dritte Parze
    In Händen die Schere,
    Sie summt Miserere;
    Die Nase ist spitz, drauf sitzt eine Warze.
    O spute dich und zerschneide
    Den Faden, den bösen,
    Und laß mich genesen
    Von diesem schrecklichen Lebensleide!
    11
    Mich locken nicht die Himmelsauen
    Im Paradies, im sel’gen Land;
    Dort find ich keine schönre Frauen,
    Als ich bereits auf Erden fand.
    Kein Engel mit den feinsten Schwingen
    Könnt mir ersetzen dort mein Weib;
    Auf Wolken sitzend Psalmen singen,
    Wär auch nicht just mein Zeitvertreib.
    O Herr! ich glaub, es wär das beste,
    Du ließest mich in dieser Welt;
    Heil nur zuvor mein Leibgebreste,
    Und sorge auch für etwas Geld.
    Ich weiß, es ist voll Sünd’ und Laster
    Die Welt; jedoch ich bin einmal
    Gewöhnt, auf diesem Erdpechpflaster
    Zu schlendern durch das Jammertal.
    Genieren wird das Weltgetreibe
    Mich nie, denn selten geh ich aus;
    In Schlafrock und Pantoffeln bleibe
    Ich gern bei meiner Frau zu Haus.
    Laß mich bei ihr! Hör ich sie schwätzen,
    Trinkt meine Seele die Musik
    Der holden Stimme mit Ergötzen.
    So treu und ehrlich ist ihr Blick!
    Gesundheit nur und Geldzulage
    Verlang ich, Herr! O laß mich froh
    Hinleben noch viel schöne Tage
    Bei meiner Frau im statu quo!
    9
Die Libelle
    Es tanzt die schöne Libelle
    Wohl auf des Baches Welle;
    Sie tanzt daher, sie tanzt dahin,
    Die schimmernde, flimmernde Gauklerin.
    Gar mancher junge Käfertor
    Bewundert ihr Kleid von blauem Flor,
    Bewundert des Leibchens Emaille
    Und auch die schlanke Taille.
    Gar mancher junge Käfertor
    Sein bißchen Käferverstand verlor;
    Die Buhlen sumsen von Lieb’ und Treu,
    Versprechen Holland und Brabant dabei.
    Die schöne Libelle lacht und spricht:
    »Holland und Brabant brauch ich nicht,
    Doch sputet euch, ihr Freier,
    Und holt mir ein Fünkchen Feuer.
    Die Köchin kam in Wochen,
    Muß selbst mein Süpplein kochen;
    Die Kohlen des Herdes erloschen sind –
    Holt mir ein Fünkchen Feuer geschwind.«
    Kaum hat die Falsche gesprochen das Wort,
    Die Käfer flatterten eilig fort.
    Sie suchen Feuer, und lassen bald
    Weit hinter sich den Heimatwald.
    Sie sehen Kerzenlicht, ich glaube
    In einer erleuchteten Gartenlaube;
    Und die Verliebten, mit blindem Mut
    Stürzen sie sich in die Kerzenglut.
    Knisternd verzehrten die Flammen der Kerzen
    Die Käfer und ihre liebenden Herzen;
    Die einen büßten das Leben ein,
    Die andern nur die Flügelein.
    O wehe dem Käfer, welchem verbrannt
    Die Flügel sind! Im fremden Land
    Muß er wie ein Wurm am Boden kriechen,
    Mit feuchten Insekten, die häßlich riechen.
    »Die schlechte Gesellschaft«, hört man ihn klagen,
    »Ist im Exil die schlimmste der Plagen.
    Wir müssen verkehren mit einer Schar
    Von Ungeziefer, von Wanzen sogar,
    Die uns behandeln als Kameraden,
    Weil wir im selben Schmutze waten –
    Drob klagte schon der Schüler Virgils,
    Der Dichter der Hölle und des Exils.
    Ich denke mit Gram an die bessere Zeit,
    Wo ich mit beflügelter Herrlichkeit
    Im Heimatäther gegaukelt,
    Auf Sonnenblumen geschaukelt,
    Aus Rosenkelchen Nahrung sog
    Und vornehm war, und Umgang pflog
    Mit Schmetterlingen von adligem Sinn,
    Und mit der Zikade, der Künstlerin –
    Jetzt sind meine armen Flügel verbrannt;
    Ich kann nicht zurück ins Vaterland,
    Ich bin ein Wurm, und ich verrecke
    Und ich verfaule im fremden Drecke.
    Oh, daß ich nie gesehen hätt
    Die Wasserfliege, die blaue Kokett’
    Mit ihrer feinen Taille –
    Die schöne, falsche Kanaille!«
    10
Himmelfahrt
    Der Leib lag auf der Totenbahr’,
    Jedoch die arme Seele war,
    Entrissen irdischem Getümmel,
    Schon auf dem Wege nach dem Himmel.
    Dort klopft’ sie an die hohe Pforte,
    Und seufzte tief und sprach die Worte:
    »Sankt Peter, komm und schließe auf!
    Ich bin so müde vom Lebenslauf –
    Ausruhen möcht ich auf seidnen Pfühlen
    Im Himmelreich, ich möchte spielen
    Mit lieben Englein Blindekuh
    Und endlich genießen Glück und Ruh’!«
    Man hört Pantoffelgeschlappe jetzund,
    Auch klirrt es wie ein Schlüsselbund,
    Und aus einem Gitterfenster am Tor
    Sankt Peters Antlitz schaut hervor.
    Er spricht: »Es kommen die Vagabunde,
    Zigeuner, Polacken und Lumpenhunde,
    Die

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