Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Sämtliche Werke

Titel: Sämtliche Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Heine
Vom Netzwerk:
Sünder!
    Erzürnten sie dich, so weißt du ja,
    Sie sind so dumm wie die Rinder.
    Verschone ihr Leben um Christi will’n,
    Der für uns alle gestorben!
    Denn bleiben mir nicht dreihundert Stück,
    So ist mein Geschäft verdorben.«
    7
Affrontenburg
    Die Zeit verfließt, jedoch des Schloß,
    Das alte Schloß mit Turm und Zinne
    Und seinem blöden Menschenvolk,
    Es kommt mir nimmer aus dem Sinne.
    Ich sehe stets die Wetterfahn’,
    Die auf dem Dach sich rasselnd drehte.
    Ein jeder blickte scheu hinauf,
    Bevor er nur den Mund auftäte.
    Wer sprechen wollt, erforschte erst
    Den Wind, aus Furcht, es möchte plötzlich
    Der alte Brummbär Boreas
    Anschnauben ihn nicht sehr ergötzlich.
    Die Klügsten freilich schwiegen ganz –
    Denn ach, es gab an jenem Orte
    Ein Echo, das im Widerklatsch
    Boshaft verfälschte alle Worte.
    Inmitten im Schloßgarten stand
    Ein sphinxgezierter Marmorbronnen,
    Der immer trocken war, obgleich
    Gar manche Träne dort geronnen.
    Vermaledeiter Garten! Ach,
    Da gab es nirgends eine Stätte,
    Wo nicht mein Herz gekränket ward,
    Wo nicht mein Aug’ geweinet hätte.
    Da gab’s wahrhaftig keinen Baum,
    Worunter nicht Beleidigungen
    Mir zugefüget worden sind
    Von feinen und von groben Zungen.
    Die Kröte, die im Gras gelauscht,
    Hat alles mitgeteilt der Ratte,
    Die ihrer Muhme Viper gleich
    Erzählt, was sie vernommen hatte.
    Die hat’s gesagt dem Schwager Frosch –
    Und solcherweis’ erfahren konnte
    Die ganze schmutz’ge Sippschaft stracks
    Die mir erwiesenen Affronte.
    Des Gartens Rosen waren schön,
    Und lieblich lockten ihre Düfte;
    Doch früh hinwelkend starben sie
    An einem sonderbaren Gifte.
    Zu Tod ist auch erkrankt seitdem
    Die Nachtigall, der edle Sprosser,
    Der jenen Rosen sang sein Lied; –
    Ich glaub, vom selben Gift genoß er.
    Vermaledeiter Garten! Ja,
    Es war, als ob ein Fluch drauf laste;
    Manchmal am hellen, lichten Tag
    Mich dort Gespensterfurcht erfaßte.
    Mich grinste an der grüne Spuk,
    Er schien mich grausam zu verhöhnen,
    Und aus den Taxusbüschen drang
    Alsbald ein Ächzen, Röcheln, Stöhnen.
    Am Ende der Allee erhob
    Sich die Terrasse, wo die Wellen
    Der Nordsee, zu der Zeit der Flut,
    Tief unten am Gestein zerschellen.
    Dort schaut man weit hinaus ins Meer.
    Dort stand ich oft in wilden Träumen.
    Brandung war auch in meiner Brust –
    Das war ein Tosen, Rasen, Schäumen –
    Ein Schäumen, Rasen, Tosen war’s,
    Ohnmächtig gleichfalls wie die Wogen,
    Die kläglich brach der harte Fels,
    Wie stolz sie auch herangezogen.
    Mit Neid sah ich die Schiffe ziehn
    Vorüber nach beglückten Landen –
    Doch mich hielt das verdammte Schloß
    Gefesselt in verfluchten Banden.
8
Zum Lazarus
    ~
    1 Laß die heil’gen Parabolen
    2 Es hatte mein Haupt die schwarze Frau
    3 Wie langsam kriechet sie dahin
    4 Einst sah ich viele Blumen blühen
    5 Ich sah sie lachen, sah sie lächeln
    6 Du warst ein blondes Jungfräulein, so artig
    7 Vom Schöppenstuhle der Vernunft
    8 Ein Wetterstrahl, beleuchtend plötzlich
    9 Die Gestalt der wahren Sphinx
    10 Es sitzen am Kreuzweg drei Frauen
    11 Mich locken nicht die Himmelsauen
    ~
    1
    Laß die heil’gen Parabolen,
    Laß die frommen Hypothesen –
    Suche die verdammten Fragen
    Ohne Umschweif uns zu lösen.
    Warum schleppt sich blutend, elend,
    Unter Kreuzlast der Gerechte,
    Während glücklich als ein Sieger
    Trabt auf hohem Roß der Schlechte?
    Woran liegt die Schuld? Ist etwa
    Unser Herr nicht ganz allmächtig?
    Oder treibt er selbst den Unfug?
    Ach, das wäre niederträchtig.
    Also fragen wir beständig,
    Bis man uns mit einer Handvoll
    Erde endlich stopft die Mäuler –
    Aber ist das eine Antwort?
    2
    Es hatte mein Haupt die schwarze Frau
    Zärtlich ans Herz geschlossen;
    Ach! meine Haare wurden grau,
    Wo ihre Tränen geflossen.
    Sie küßte mich lahm, sie küßte mich krank,
    Sie küßte mir blind die Augen;
    Das Mark aus meinem Rückgrat trank
    Ihr Mund mit wildem Saugen.
    Mein Leib ist jetzt ein Leichnam, worin
    Der Geist ist eingekerkert –
    Manchmal wird ihm unwirsch zu Sinn,
    Er tobt und rast und berserkert.
    Ohnmächtige Flüche! Dein schlimmster Fluch
    Wird keine Fliege töten.
    Ertrage die Schickung, und versuch,
    Gelinde zu flennen, zu beten.
    3
    Wie langsam kriechet sie dahin,
    Die Zeit, die schauderhafte Schnecke!
    Ich aber, ganz bewegungslos
    Blieb ich hier auf demselben Flecke.
    In meine dunkle Zelle dringt
    Kein Sonnenstrahl, kein Hoffnungsschimmer,
    Ich weiß, nur mit der Kirchhofsgruft
    Vertausch ich dies fatale

Weitere Kostenlose Bücher