Sämtliche Werke
Schöpsenkeul’ –
Moral
Auch du, mein Brutus, auch du, du frißt?
So ruft wehmüthig der Moralist.
Ja böses Beyspiel kann verführen;
Und ach! gleich allen Säugethieren,
Nicht ganz und gar vollkommen ist
Der tugendhafte Hund – er frißt!
1854-55.
Fabel
Es saß ein brauner Wanzerich
Auf einem Pfennig und spreitzte sich
Wie ein Rentièr und sprach: »Wer Geld hat
Auch Ehr und Ansehn in der Welt hat.
Wer Geld hat ist auch lieblich und schön –
Es kann kein Weib mir widerstehn;
Die Weiber erbleichen schon und zittern
Sobald sie meinen Odem wittern.
Ich habe manche Sommernacht
Im Bett der Königinn zugebracht;
Sie wälzte sich auf ihren Matrazzen
Und mußte sich beständig kratzen.«
Ein lustiger Zeisig, welcher gehört
Die pralende Worte, war drob empört;
Im heiteren Unmuth sein Schnäbelein schliff er
Und auf das Insekt ein Spottlied pfiff er.
Gemein und schmutzig der Wanzerich
Wie Wanzen pflegen rächte er sich;
Er sagte daß ihm der Zeisig grollte
Weil er kein Geld ihm borgen wollte.
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Und die Moral? Der Fabulist
Verschweigt sie heute mit klugem Zagen,
Denn mächtig verbündet in unseren Tagen
Das reiche Ungeziefer ist.
Es sitzt mit dem Geldsack unter dem Arsch
Und trommelt siegreich den Dessauer Marsch.
1855.
Zu ›Fabel‹
Das Ungeziefer jedes Lands
Es bildet eine heil’ge Allianz.
Zumal die musikalischen Wanzen
Die Componisten von schlechten Romanzen
(Welche, wie Schlesingers Uhr nicht gehn)
Allüberall im Bündniß stehn.
Da ist der Mozart der Krätze in Wien
Die Perle ästhetischer Pfänderleiher
Der intriguirt mit dem Lorbeermeyer,
Dem großen Maestro in Berlin –
Da werden Artikelchen ausgeheckt
Die eine Blattlaus, ein Mitinsekt
Für baares Geld in die deutsche Presse schmuckelt –
Das lügt und kriecht und katzebuckelt –
Und hat dabey die Melancholik –
Das Publikum glaubt oft der Lüge
Aus Mitleid; es sind so leidend die Züge
Der Heuchler und ihr Dulderblick –
Was willst du thun in solchen Nöthen
Du mußt die Verläumdung ruhig ertragen,
Du darfst nicht reden, du darfst nicht klagen
Willst du das schnöde Geschmeiß zertreten
Verpestet es dir die Luft mit Gestank,
Beschmutzt dir den Stiefel, der so blank –
1855.
Zum
Lazarus
~
Nicht gedacht soll seiner werden
Der Scheidende
Ich habe verlacht, bey Tag und bey Nacht
Wer ein Herz hat und im Herzen
Die Söhne des Glückes beneide ich nicht
Nachts, erfaßt vom wilden Geiste
Wenn sich die Blutegel vollgesogen
Mir lodert und wogt im Hirn eine Fluth
Für eine Grille – keckes Wagen!
Mein Tag war heiter, glücklich meine Nacht
Ganz entsetzlich ungesund
Die Liebe begann im Monat Merz
Ich seh im Stundenglase schon
Den Strauß, den mir Mathilde band
Ich war, O Lamm, als Hirt bestellt
Wie schön er ist, so qualvoll auch
Guter Rath
Ein Sonett
Orpheisch
Celimene
Stunden, Tage, Ewigkeiten
Die Liebesgluten, die so lodernd flammten
Geleert hab ich nach Herzenswunsch
Es geht am End, es ist kein Zweifel
Mittelalterliche Rohheit
Es kommt der Tod – jetzt will ich sagen
~
[Nicht gedacht soll seiner werden]
»Nicht gedacht soll seiner werden«
Aus dem Mund der armen alten
Esther Wolf hört ich die Worte
Die ich treu im Sinn behalten.
Ausgelöscht seyn aus der Menschen
Angedenken hier auf Erden –
Ist die Blume der Verwünschung!
Nicht gedacht soll seiner werden.
Herz, mein Herz, ström aus die Fluten
Deiner Klagen und Beschwerden,
Doch von Ihm sey nie die Rede –
Nicht gedacht soll seiner werden.
Nicht gedacht soll seiner werden,
Nicht im Liede, nicht im Buche –
Dunkler Hund im dunklen Grabe
Du verfaulst mit meinem Fluche!
Selbst am Auferstehungstage,
Wenn geweckt von den Fanfaren
Der Posaunen, schlotternd wallen
Zum Gericht die Todtenschaaren,
Und alldort der Engel ablies’t
Vor den göttlichen Behörden
Alle Namen der Geladnen –
Nicht gedacht soll seiner werden!
1848-50.
Der Scheidende
Der Vorhang fällt, das Stück ist aus,
Und gähnend wandelt jetzt nach Haus
Mein liebes deutsches Publikum.
Die guten Leutchen sind nicht dumm;
Das speist jetzt ganz vergnügt zu Nacht,
Und trinkt sein Schöppchen, singt und lacht –
Mir aber ist der Spaß verdorben,
Was sterblich war ist längst gestorben,
In mir
1850.
[Ich habe verlacht, bey Tag und bey Nacht]
Ich habe verlacht, bey Tag und bey Nacht,
So Männer wie Frauenzimmer;
Ich habe große Dummheiten gemacht –
Die Klugheit bekam mir noch schlimmer.
Die
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