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Sämtliche Werke

Titel: Sämtliche Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Heine
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schaut er mich an,
    Wodurch er mich seltsam nergelt.
    Der Bursche behauptet er sey ich selbst,
    Wir wären nur eins wir beide,
    Wir wären ein einziger armer Mensch,
    Der jetzt am Fieber leide.
    Nicht in der Schenke von Godesberg,
    In einer Krankenstube
    Des fernen Paris befänden wir uns –
    Du lügst du bleicher Bube.
    Du lügst, ich bin so gesund und roth
    Wie eine blühende Rose,
    Auch bin ich stark, nimm dich in Acht,
    Daß ich mich nicht erbose.
    Er zuckt die Achsel und seufzt: O Narr!
    Das hat meinen Zorn entzügelt;
    Und mit dem verdammten zweiten Ich
    Hab ich mich endlich geprügelt.
    Doch sonderbar jedweder Puff,
    Den ich dem Burschen ertheile
    Empfinde ich am eignen Leib,
    Und ich schlage mir Beule auf Beule.
    Bey dieser fatalen Balgerey
    Ward wieder der Hals mir trocken,
    Und will ich rufen nach Wein den Wirth,
    Die Worte im Munde stocken.
    Mir schwinden die Sinne und traumhaft hör ich
    Von Kataplasmen reden
    Auch von der Mixtur – ein Eßlöffel voll –
    Zwölf Tropfen stündlich in jeden.
    1854.
[Für eine Grille – keckes Wagen!]
    Für eine Grille – keckes Wagen! –
    Hab ich das Leben eingesetzt
    Und nun das Spiel verloren jetzt,
    Mein Herz du darfst dich nicht beklagen.
    Die Sachsen sagen: »Minschenwille
    Ist Minschen-Himmelrik« – Ich gab
    Das Leben hin, jedoch ich hab
    Verwirklicht meines Lebens Grille!
    Die Seeligkeit die ich empfunden
    Darob war nur von kurzer Frist
    Doch wer von Wonne trunken ist
    Der rechnet nicht nach eitel Stunden
    Wo Seeligkeit ist Ewigkeit
    Hier lodern alle Liebesflammen
    In eine einzge Glut zusammen;
    Hier giebt es weder Raum noch Zeit
    Um 1855.
[Mein Tag war heiter, glücklich meine Nacht]
    Mein Tag war heiter, glücklich meine Nacht.
    Mir jauchzte stets mein Volk, wenn ich die Leyer
    Der Dichtkunst schlug. Mein Lied war Lust und Feuer,
    Hat manche schöne Gluten angefacht.
    Noch blüht mein Sommer, dennoch eingebracht
    Hab ich die Erndte schon in meine Scheuer –
    Und jetzt soll ich verlassen was so theuer,
    So lieb und theuer mir die Welt gemacht!
    Der Hand entsinkt das Saitenspiel. In Scherben
    Zerbricht das Glas, das ich so fröhlich eben
    An meine übermüth’gen Lippen preßte.
    O Gott! wie häßlich bitter ist das Sterben!
    O Gott! wie süß und traulich läßt sich leben
    In diesem traulich süßen Erdenneste!
    1854.
[Ganz entsetzlich ungesund]
    Ganz entsetzlich ungesund
    Ist die Erde, und zu Grund,
    Ja, zu Grund muß alles gehn,
    Was hienieden groß und schön.
    Sind es alten Wahns Phantasmen,
    Die dem Boden als Miasmen
    Stumm entsteigen und die Lüfte
    Schwängern mit dem argen Gifte?
    Holde Frauenblumen, welche
    Kaum erschlossen ihre Kelche
    Den geliebten Sonnenküssen,
    Hat der Tod schon fortgerissen.
    Helden, trabend hoch zu Roß,
    Trifft unsichtbar das Geschoß;
    Und die Kröten sich beeifern,
    Ihren Lorbeer zu begeifern.
    Was noch gestern stolz gelodert,
    Das ist heute schon vermodert;
    Seine Leyer mit Verdruß
    Bricht entzwey der Genius.
    O wie klug sind doch die Sterne!
    Halten sich in sichrer Ferne
    Von dem bösen Erdenrund,
    Das so tödtlich ungesund.
    Kluge Sterne wollen nicht
    Leben, Ruhe, Himmelslicht
    Hier einbüßen, hier auf Erden,
    Und mit uns elendig werden –
    Wollen nicht mit uns versinken
    In den Twieten, welche stinken,
    In dem Mist, wo Würmer kriechen,
    Welche auch nicht lieblich riechen –
    Wollen immer ferne bleiben
    Vom fatalen Erdentreiben,
    Von dem Klüngel und Geruddel,
    Von dem Erdenkuddelmuddel.
    Mitleidsvoll aus ihrer Höhe
    Schaun sie oft auf unser Wehe;
    Eine goldne Thräne fällt
    Dann herab auf diese Welt.
    1854.
[Die Liebe begann im Monat Merz]
    Die Liebe begann im Monat Merz,
    Wo mir erkrankte Sinn und Herz.
    Doch als der May, der grüne, kam
    Ein Ende all mein Trauern nahm
    Es war am Nachmittag um drey,
    Wohl auf der Moosbank der Einsiedeley
    Die hinter der Linde liegt versteckt,
    Da hab ich Ihr mein Herz entdeckt.
    Die Blumen dufteten. Im Baum
    Die Nachtigall sang, doch hörten wir kaum
    Ein einziges Wort von ihrem Gesinge –
    Wir hatten zu reden viel wichtige Dinge.
    Wir schwuren uns Treue bis in den Tod.
    Die Stunden schwanden, das Abendroth
    Erlosch. Doch saßen wir lange Zeit
    Und weinten in der Dunkelheit.
    1854.
[Ich seh im Stundenglase schon]
    Ich seh im Stundenglase schon
    Den kargen Sand zerrinnen.
    Mein Weib, du engelsüße Person!
    Mich reißt der Tod von hinnen.
    Er reißt mich aus deinem Arm, mein Weib,
    Da hilft kein Widerstehen
    Er reißt die Seele aus dem Leib –
    Sie will vor Angst

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