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Sämtliche Werke

Titel: Sämtliche Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Heine
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Magd ward schwanger und gebar –
    Wozu das viele Gewimmer?
    Wer nie im Leben thörigt war,
    Ein Weiser war er nimmer.
    1852-53.
[Wer ein Herz hat und im Herzen]
    Wer ein Herz hat und im Herzen
    Liebe trägt ist überwunden
    Schon zur Hälfte, und so lieg’ ich
    Jetzt geknebelt und gebunden.
    Wenn ich sterbe wird die Zunge
    Ausgeschnitten meiner Leiche;
    Denn sie fürchten, redend käm’ ich
    Wieder aus dem Schattenreiche.
    Stumm verfaulen wird der Todte
    In der Gruft, und nie verrathen
    Werd’ ich die an mir verübten
    Lächerlichen Frevelthaten.
    1852-54.
[Die Söhne des Glückes beneide ich nicht]
    Die Söhne des Glückes beneide ich nicht
    Ob ihrem Leben, beneiden
    Will ich sie nur ob ihrem Tod,
    Dem schmerzlos raschen Verscheiden.
    Im Prachtgewand, das Haupt bekränzt
    Und Lachen auf der Lippe
    Sitzen sie froh beim Lebensbanquett –
    Da trifft sie jählings die Hippe.
    Im Festkleid und mit Rosen geschmückt,
    Die noch wie lebend blühten
    Gelangen in das Schattenreich
    Fortunas Favoriten.
    Nie hatte Siechthum sie entstellt,
    Sind Todte von guter Miene
    Und huldreich empfängt sie an ihrem Hof
    Zarewna Proserpine.
    Wie sehr muß ich beneiden ihr Loos!
    Schon sieben Jahr mit herben
    Qualvollen Gebresten wälz’ ich mich
    Am Boden und kann nicht sterben!
    O Gott, verkürze meine Qual
    Damit man mich bald begrabe;
    Du weißt ja, daß ich kein Talent
    Zum Martyrthume habe.
    Ob deiner Inconsequenz, O Herr,
    Erlaube daß ich staune:
    Du schufest den fröhlichsten Dichter und raubst
    Ihm jetzt seine gute Laune
    Der Schmerz verdumpft den heitern Sinn
    Und macht mich melancholisch;
    Nimmt nicht der traurige Spaß ein End,
    So werd’ ich am Ende katholisch.
    Ich heule dir dann die Ohren voll
    Wie andre gute Christen –
    O Miserere! Verloren geht
    Der beste der Humoristen!
    1853.
[Nachts, erfaßt vom wilden Geiste]
    Nachts, erfaßt vom wilden Geiste,
    Streck’ ich die geballten Fäuste
    Drohend aus – jedoch erschlafft
    Sinkt der Arm, mir fehlt die Kraft.
    Leib und Seele sind gebrochen,
    Und ich sterbe ungerochen.
    Auch kein Blutsfreund zornentflammt,
    Uebernimmt das Rächeramt.
    Ach! Blutsfreunde sind es eben
    Welche mir den Tod gegeben.
    Und die schnöde Meuchelthat
    Ward verübet durch Verrath.
    Siegfried gleich dem hürnen Recken
    Wußten sie mich hinzustrecken –
    Leicht erspäht Familienlist,
    Wo der Held verwundbar ist.
    1854.
[Wenn sich die Blutegel vollgesogen]
    Wenn sich die Blutegel vollgesogen,
    Man streut auf ihren Rücken bloß
    Ein Bischen Salz, und sie fallen ab –
    Doch dich, mein Freund, wie werd ich dich los?
    Mein Freund, mein Gönner, mein alter Blutsauger,
    Wo find ich für dich das rechte Salz?
    Du hast mir liebreich ausgesaugt
    Den letzten Tropfen Rückgratschmalz.
    Auch bin ich seitdem so abgemagert
    Ein ausgebeutet armes Skelett –
    Du aber schwollest stattlich empor
    Die Wänglein sind roth, das Bäuchlein ist fett.
    O Gott, schick mir einen braven Banditen,
    Der mich ermordet mit raschem Stoß –
    Nur diesen langweilgen Blutegel nicht;
    Der langsam saugt – wie werd ich ihn los?
    1854.
[Mir lodert und wogt im Hirn eine Fluth]
    Mir lodert und wogt im Hirn eine Fluth
    Von Wäldern, Bergen und Fluren;
    Aus dem tollen Wust tritt endlich hervor
    Ein Bild mit festen Conturen.
    Das Städtchen das mir im Sinne schwebt
    Ist Godesberg, ich denke.
    Dort wieder unter dem Lindenbaum
    Sitz ich vor der alten Schenke.
    Der Hals ist mir trocken, als hätt ich verschluckt
    Die untergehende Sonne.
    Herr Wirth! Herr Wirth! eine Flasche Wein
    Aus Eurer besten Tonne.
    Es fließt der holde Rebensaft
    Hinunter in meine Seele
    Und löscht bey dieser Gelegenheit
    Den Sonnenbrand der Kehle.
    Und noch eine Flasche, Herr Wirth, ich trank
    Die erste in schnöder Zerstreuung,
    Ganz ohne Andacht! Mein edler Wein
    Ich bitte dich drob um Verzeihung.
    Ich sah hinauf nach dem Drachenfels,
    Der hochromantisch beschienen
    Vom Abendroth, sich spiegelt im Rhein
    Mit seinen Burgruinen.
    Ich horchte dem fernen Winzergesang
    Und dem kecken Gezwitscher der Finken –
    So trank ich zerstreut und an den Wein
    Dacht’ ich nicht während dem Trinken.
    Jetzt aber steck ich die Nase ins Glas,
    Und ernsthaft zuvor beguck ich
    Den Wein den ich schlucke, manchmal auch
    Ganz ohne zu gucken, schluck ich.
    Doch sonderbar! Während dem Schlucken wird mir
    Zu Sinne als ob ich verdoppelt,
    Ein andrer armer Schlucker sey
    Mit mir zusammengekoppelt.
    Der sieht so krank und elend aus
    So bleich und abgemergelt.
    Gar schmerzlich verhöhnend

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