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Sämtliche Werke

Titel: Sämtliche Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Heine
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Lüfte, kindisch lachend,
    Und sie fängt es sehr behende
    Wieder auf, wie einen Spielball.
    Als sie mir vorüberritt,
    Schaute sie mich an und nickte
    So kokett zugleich und schmachtend,
    Daß mein tiefstes Herz erbebte.
    Dreimal auf und nieder wogend
    Fuhr der Zug vorbei, und dreimal
    Im Vorüberreiten grüßte
    Mich das liebliche Gespenst.
    Als der Zug bereits erblichen
    Und verklungen das Getümmel,
    Loderte mir im Gehirne
    Immerfort der holde Gruß.
    Und die ganze Nacht hindurch
    Wälzte ich die müden Glieder
    Auf der Streu – (denn Federbetten
    Gab’s nicht in Urakas Hütte) –
    Und ich sann: Was mag bedeuten
    Das geheimnisvolle Nicken?
    Warum hast du mich so zärtlich
    Angesehn, Herodias?
    Caput XX
    Sonnenaufgang. Goldne Pfeile
    Schießen nach den weißen Nebeln,
    Die sich röten, wie verwundet,
    Und in Glanz und Licht zerrinnen.
    Endlich ist der Sieg erfochten,
    Und der Tag, der Triumphator,
    Tritt, in strahlend voller Glorie,
    Auf den Nacken des Gebirges.
    Der Gevögel laute Sippschaft
    Zwitschert in verborgnen Nestern,
    Und ein Kräuterduft erhebt sich,
    Wie’n Konzert von Wohlgerüchen. –
    In der ersten Morgenfrühe
    Waren wir ins Tal gestiegen,
    Und derweilen der Laskaro
    Seines Bären Spur verfolgte,
    Suchte ich die Zeit zu töten
    Mit Gedanken. Doch das Denken
    Machte mich am Ende müde
    Und sogar ein bißchen traurig.
    Endlich müd’ und traurig sank ich
    Nieder auf die weiche Moosbank,
    Unter jener großen Esche,
    Wo die kleine Quelle floß,
    Die mit wunderlichem Plätschern
    Also wunderlich betörte
    Mein Gemüt, daß die Gedanken
    Und das Denken mir vergingen.
    Es ergriff mich wilde Sehnsucht
    Wie nach Traum und Tod und Wahnsinn,
    Und nach jenen Reiterinnen,
    Die ich sah im Geisterheerzug.
    Oh, ihr holden Nachtgesichte,
    Die das Morgenrot verscheuchte,
    Sagt, wohin seid ihr entflohen?
    Sagt, wo hauset ihr am Tage?
    Unter alten Tempeltrümmern,
    Irgendwo in der Romagna,
    (Also heißt es) birgt Diana
    Sich vor Christi Tagesherrschaft.
    Nur in mitternächt’gem Dunkel
    Wagt sie es hervorzutreten,
    Und sie freut sich dann des Weidwerks
    Mit den heidnischen Gespielen.
    Auch die schöne Fee Abunde
    Fürchtet sich vor Nazarenern,
    Und den Tag hindurch verweilt sie
    In dem sichern Avalun.
    Dieses Eiland liegt verborgen
    Ferne, in dem stillen Meere
    Der Romantik, nur erreichbar
    Auf des Fabelrosses Flügeln.
    Niemals ankert dort die Sorge,
    Niemals landet dort ein Dampfschiff
    Mit neugierigen Philistern,
    Tabakspfeifen in den Mäulern.
    Niemals dringt dorthin das blöde
    Dumpf langweil’ge Glockenläuten,
    Jene trüben Bumm-Bamm-Klänge,
    Die den Feen so verhaßt.
    Dort, in ungestörtem Frohsinn,
    Und in ew’ger Jugend blühend,
    Residiert die heitre Dame,
    Unsre blonde Frau Abunde.
    Lachend geht sie dort spazieren
    Unter hohen Sonnenblumen,
    Mit dem kosenden Gefolge
    Weltentrückter Paladine.
    Aber du, Herodias,
    Sag, wo bist du? – Ach, ich weiß es,
    Du bist tot und liegst begraben
    Bei der Stadt Jeruscholayim!
    Starren Leichenschlaf am Tage
    Schläfst du in dem Marmorsarge!
    Doch um Mitternacht erweckt dich
    Peitschenknall, Hallo und Hussa!
    Und du folgst dem wilden Heerzug
    Mit Dianen und Abunden,
    Mit den heitern Jagdgenossen,
    Denen Kreuz und Qual verhaßt ist!
    Welche köstliche Gesellschaft!
    Könnt ich nächtlich mit euch jagen
    Durch die Wälder! Dir zur Seite
    Ritt’ ich stets, Herodias!
    Denn ich liebe dich am meisten!
    Mehr als jene Griechengöttin,
    Mehr als jene Fee des Nordens,
    Lieb ich dich, du tote Jüdin!
    Ja, ich liebe dich! Ich merk es
    An dem Zittern meiner Seele.
    Liebe mich und sei mein Liebchen,
    Schönes Weib, Herodias!
    Liebe mich und sei mein Liebchen!
    Schleudre fort den blut’gen Dummkopf
    Samt der Schüssel, und genieße
    Schmackhaft bessere Gerichte.
    Bin so recht der rechte Ritter,
    Den du brauchst – Mich kümmert’s wenig,
    Daß du tot und gar verdammt bist –
    Habe keine Vorurteile –
    Hapert’s doch mit meiner eignen
    Seligkeit, und ob ich selber
    Noch dem Leben angehöre,
    Daran zweifle ich zuweilen!
    Nimm mich an als deinen Ritter,
    Deinen Cavalier servente;
    Werde deinen Mantel tragen
    Und auch alle deine Launen.
    Jede Nacht, an deiner Seite,
    Reit ich mit dem wilden Heere,
    Und wir kosen und wir lachen
    Über meine tollen Reden.
    Werde dir die Zeit verkürzen
    In der Nacht – Jedoch am Tage
    Schwindet jede Lust, und weinend
    Sitz ich dann auf deinem Grabe.
    Ja, am Tage sitz ich weinend
    Auf dem Schutt der Königsgrüfte,
    Auf dem Grabe der

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