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Sämtliche Werke

Titel: Sämtliche Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Heine
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Trompeten und die Zimbeln,
    Und es donnerten die Pauken,
    Und es kam die Galoppade.
    Diese träumt ich nicht zu Ende –
    Denn ein ungeschlachter Bär
    Trat mir auf die Hühneraugen,
    Daß ich aufschrie und erwachte.
    Caput XXII
    Phöbus, in der Sonnendroschke,
    Peitschte seine Flammenrosse,
    Und er hatte schon zur Hälfte
    Seine Himmelsfahrt vollendet –
    Während ich im Schlafe lag
    Und von Bären und Gespenstern,
    Die sich wunderlich umschlangen,
    Tolle Arabesken! träumte.
    Mittag war’s, als ich erwachte,
    Und ich fand mich ganz allein.
    Meine Wirtin und Laskaro
    Gingen auf die Jagd schon frühe.
    In der Hütte blieb zurück
    Nur der Mops. Am Feuerherde
    Stand er aufrecht vor dem Kessel,
    In den Pfoten einen Löffel.
    Schien vortrefflich abgerichtet,
    Wenn die Suppe überkochte,
    Schnell darin herumzurühren
    Und die Blasen abzuschäumen.
    Aber bin ich selbst behext?
    Oder lodert mir im Kopfe
    Noch das Fieber? Meinen Ohren
    Glaub ich kaum – es spricht der Mops!
    Ja, er spricht, und zwar gemütlich
    Schwäbisch ist die Mundart; träumend,
    Wie verloren in Gedanken,
    Spricht er folgendergestalt:
    »Oh, ich armer Schwabendichter!
    In der Fremde muß ich traurig
    Als verwünschter Mops verschmachten
    Und den Hexenkessel hüten!
    Welch ein schändliches Verbrechen
    Ist die Zauberei! Wie tragisch
    Ist mein Schicksal: menschlich fühlen
    In der Hülle eines Hundes!
    Wär ich doch daheim geblieben,
    Bei den trauten Schulgenossen!
    Das sind keine Hexenmeister,
    Sie bezaubern keinen Menschen.
    Wär ich doch daheim geblieben,
    Bei Karl Mayer, bei den süßen
    Gelbveiglein des Vaterlandes,
    Bei den frommen Metzelsuppen!
    Heute sterb ich fast vor Heimweh –
    Sehen möcht ich nur den Rauch,
    Der emporsteigt aus dem Schornstein,
    Wenn man Nudeln kocht in Stukkert!«
    Als ich dies vernahm, ergriff mich
    Tiefe Rührung; von dem Lager
    Sprang ich auf, an das Kamin
    Setzt ich mich, und sprach mitleidig:
    »Edler Sänger, wie gerietest
    Du in diese Hexenhütte?
    Und warum hat man so grausam
    Dich in einen Hund verwandelt?«
    Jener aber rief mit Freude:
    »Also sind Sie kein Franzose?
    Sind ein Deutscher und verstanden
    Meinen stillen Monolog?
    Ach, Herr Landsmann, welch ein Unglück,
    Daß der Legationsrat Kölle,
    Wenn wir bei Tabak und Bier
    In der Kneipe diskurierten,
    Immer auf den Satz zurückkam,
    Man erwürbe nur durch Reisen
    Jene Bildung, die er selber
    Aus der Fremde mitgebracht!
    Um mir nun die rohe Kruste
    Von den Beinen abzulaufen
    Und, wie Kölle, mir die feinern
    Weltmannssitten anzuschleifen:
    Nahm ich Abschied von der Heimat,
    Und auf meiner Bildungsreise
    Kam ich nach den Pyrenäen,
    Nach der Hütte der Uraka.
    Bracht ihr ein Empfehlungsschreiben
    Vom Justinus Kerner; dachte
    Nicht daran, daß dieser Freund
    In Verbindung steht mit Hexen.
    Freundlich nahm mich auf Uraka,
    Doch es wuchs, zu meinem Schrecken,
    Diese Freundlichkeit, ausartend
    Endlich gar in Sinnenbrunst.
    Ja, es flackerte die Unzucht
    Scheußlich auf im welken Busen
    Dieser lasterhaften Vettel,
    Und sie wollte mich verführen.
    Doch ich flehte: ›Ach, entschuld’gen
    Sie, Madame! bin kein frivoler
    Goetheaner, ich gehöre
    Zu der Dichterschule Schwabens.
    Sittlichkeit ist unsre Muse,
    Und sie trägt vom dicksten Leder
    Unterhosen – Ach! vergreifen
    Sie sich nicht an meiner Tugend!
    Andre Dichter haben Geist,
    Andre Phantasie, und andre
    Leidenschaft, jedoch die Tugend
    Haben wir, die Schwabendichter.
    Das ist unser einz’ges Gut!
    Rauben Sie mir nicht den sittlich
    Religiösen Bettelmantel,
    Welcher meine Blöße deckt!‹
    Also sprach ich, doch ironisch
    Lächelte das Weib, und lächelnd
    Nahm sie eine Mistelgerte
    Und berührt’ damit mein Haupt.
    Ich empfand alsbald ein kaltes
    Mißgefühl, als überzöge
    Eine Gänsehaut die Glieder.
    Doch die Haut von einer Gans
    War es nicht, es war vielmehr
    Eines Hundes Fell – seit jener
    Unheilstund’ bin ich verwandelt,
    Wie Sie sehn, in einen Mops!«
    Armer Schelm! Vor lauter Schluchzen
    Konnte er nicht weitersprechen,
    Und er weinte so beträglich,
    Daß er fast zerfloß in Tränen.
    »Hören Sie«, sprach ich mit Wehmut,
    »Kann ich etwa von dem Hundsfell
    Sie befrein und Sie der Dichtkunst
    Und der Menschheit wiedergeben?«
    Jener aber hub wie trostlos
    Und verzweiflungsvoll die Pfoten
    In die Höhe, und mit Seufzen
    Und mit Stöhnen sprach er endlich:
    »Bis zum Jüngsten Tage bleib ich
    Eingekerkert in der Mopshaut,
    Wenn nicht einer Jungfrau Großmut
    Mich erlöst aus der

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