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Sämtliche Werke

Titel: Sämtliche Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Heine
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Nymphen,
    Schlanke, jugendliche Leiber.
    Rittlings saßen sie zu Pferde,
    Mythologisch splitternackt;
    Doch die Haare fielen lockicht
    Lang herab, wie goldne Mäntel.
    Trugen Kränze auf den Häuptern,
    Und mit keck zurückgebognen,
    Übermüt’gen Posituren
    Schwangen sie belaubte Stäbe.
    Neben ihnen sah ich ein’ge
    Zugeknöpfte Ritterfräulein,
    Schräg auf Damensätteln sitzend,
    Und den Falken auf der Faust.
    Parodistisch hinterdrein,
    Auf Schindmähren, magern Kleppern,
    Ritt ein Troß von komödiantisch
    Aufgeputzten Weibspersonen,
    Deren Antlitz reizend lieblich,
    Aber auch ein bißchen frech.
    Schrien, wie rasend, mit den vollen,
    Liederlich geschminkten Backen.
    Wie das jubelnd widerhallte!
    Jagdhorntöne und Gelächter!
    Roßgewieh’r, Gebell von Hunden!
    Peitschenknall, Hallo und Hussa!
    Caput XIX
    Aber als der Schönheit Kleeblatt
    Ragten in des Zuges Mitten
    Drei Gestalten – Nie vergeß ich
    Diese holden Frauenbilder.
    Leicht erkennbar war die eine
    An dem Halbmond auf dem Haupte;
    Stolz, wie eine reine Bildsäul’,
    Ritt einher die große Göttin.
    Hochgeschürzte Tunika,
    Brust und Hüfte halb bedeckend.
    Fackellicht und Mondschein spielten
    Lüstern um die weißen Glieder.
    Auch das Antlitz weiß wie Marmor,
    Und wie Marmor kalt. Entsetzlich
    War die Starrheit und die Blässe
    Dieser strengen edlen Züge.
    Doch in ihrem schwarzen Auge
    Loderte ein grauenhaftes
    Und unheimlich süßes Feuer,
    Seelenblendend und verzehrend.
    Wie verändert ist Diana,
    Die, im Übermut der Keuschheit,
    Einst den Aktäon verhirschte
    Und den Hunden preisgegeben!
    Büßt sie jetzt für diese Sünde
    In galantester Gesellschaft?
    Wie ein spukend armes Weltkind
    Fährt sie nächtlich durch die Lüfte.
    Spät zwar, aber desto stärker
    Ist erwacht in ihr die Wollust,
    Und es brennt in ihren Augen
    Wie ein wahrer Höllenbrand.
    Die verlorne Zeit bereut sie,
    Wo die Männer schöner waren,
    Und die Quantität ersetzt ihr
    Jetzt vielleicht die Qualität.
    Neben ihr ritt eine Schöne,
    Deren Züge nicht so griechisch
    Streng gemessen, doch sie strahlten
    Von des Keltenstammes Anmut.
    Dieses war die Fee Abunde,
    Die ich leicht erkennen konnte
    An der Süße ihres Lächelns
    Und am herzlich tollen Lachen!
    Ein Gesicht, gesund und rosig,
    Wie gemalt von Meister Greuze,
    Mund in Herzform, stets geöffnet,
    Und entzückend weiße Zähne.
    Trug ein flatternd blaues Nachtkleid,
    Das der Wind zu lüften suchte –
    Selbst in meinen besten Träumen
    Sah ich nimmer solche Schultern!
    Wenig fehlte und ich sprang
    Aus dem Fenster, sie zu küssen!
    Dieses wär mir schlecht bekommen,
    Denn den Hals hätt ich gebrochen.
    Ach! sie hätte nur gelacht,
    Wenn ich unten in den Abgrund
    Blutend fiel zu ihren Füßen –
    Ach! ich kenne solches Lachen!
    Und das dritte Frauenbild,
    Das dein Herz so tief bewegte,
    War es eine Teufelinne,
    Wie die andern zwo Gestalten?
    Ob’s ein Teufel oder Engel,
    Weiß ich nicht. Genau bei Weibern
    Weiß man niemals, wo der Engel
    Aufhört und der Teufel anfängt.
    Auf dem glutenkranken Antlitz
    Lag des Morgenlandes Zauber,
    Auch die Kleider mahnten kostbar
    An Scheherezadens Märchen.
    Sanfte Lippen, wie Grenaten,
    Ein gebognes Liliennäschen,
    Und die Glieder schlank und kühlig
    Wie die Palme der Oase.
    Lehnte hoch auf weißem Zelter,
    Dessen Goldzaum von zwei Mohren
    Ward geleitet, die zu Fuß
    An der Fürstin Seite trabten.
    Wirklich eine Fürstin war sie,
    War Judäas Königin,
    Des Herodes schönes Weib,
    Die des Täufers Haupt begehrt hat.
    Dieser Blutschuld halber ward sie
    Auch vermaledeit; als Nachtspuk
    Muß sie bis zum Jüngsten Tage
    Reiten mit der Wilden Jagd.
    In den Händen trägt sie immer
    Jene Schüssel mit dem Haupte
    Des Johannes, und sie küßt es;
    Ja, sie küßt das Haupt mit Inbrunst.
    Denn sie liebte einst Johannem –
    In der Bibel steht es nicht,
    Doch im Volke lebt die Sage
    Von Herodias’ blut’ger Liebe –
    Anders wär ja unerklärlich
    Das Gelüste jener Dame –
    Wird ein Weib das Haupt begehren
    Eines Manns, den sie nicht liebt?
    War vielleicht ein bißchen böse
    Auf den Liebsten, ließ ihn köpfen;
    Aber als sie auf der Schüssel
    Das geliebte Haupt erblickte,
    Weinte sie und ward verrückt,
    Und sie starb in Liebeswahnsinn.
    (Liebeswahnsinn! Pleonasmus!
    Liebe ist ja schon ein Wahnsinn!)
    Nächtlich auferstehend trägt sie,
    Wie gesagt, das blut’ge Haupt
    In der Hand, auf ihrer Jagdfahrt –
    Doch mit toller Weiberlaune
    Schleudert sie das Haupt zuweilen
    Durch die

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