Sämtliche Werke
mir!
Wirft sich zu Hassans Füßen.
O hilf dem blut’gen, abgerißnen Kopf,
Der keine Arme hat, den Hund zu würgen –
O leih mir deine Arme, Hassan! Hassan!
HASSAN.
Ja, meinen Arm will ich dir leihn, Almansor,
Und auch die starken Arme meiner Freunde.
Wir wollen würgen jenen span’schen Hund,
Der dir entreißen will dein Eigentum.
Steh auf! Du sollst Zuleima bald besitzen.
Almansor steht auf.
Als ich eu’r gestrig Nachtgespräch belauscht,
Riet ich zu schneller Flucht, allein vergebens;
Doch soll Almansor nicht verzweifeln, dacht ich.
Ich habe meine Freunde hergeführt;
Sie harren meines Winkes, und wir stürmen
Nach Alys Schloß, wir ungeladne Gäste.
Du nimmst dir deine Braut, und bringst sie mit
Nach unserm Schiff, das an der Küste liegt.
Zuleimas Liebe wird schon wiederkommen.
ALMANSOR.
Ha, ha, ha! Liebe! Liebe! Fades Wort,
Das einst mit schläfrig halbgeschloßnen Augen
Ein Engel gähnend sprach. Er gähnte wieder,
Und eine Welt voll Narren, alt und jung,
Hat gähnend nachgelallet: »Liebe! Liebe!«
Nein, nein! ich bin kein schmächt’ger Zephir mehr,
Der schmeichelnd fächelt eines Mädchens Wange;
Ich bin der Nordsturm, der ihr Haar zerzaust,
Und rasend mit sich reißt die scheue Braut.
Ich bin kein süßes Weihrauchdüftchen mehr,
Das einer Jungfrau Nase zärtlich kitzelt;
Ich bin der Gifthauch, der sie dumpf betäubt
Und schwelgend dringt in alle ihre Sinne.
Ich bin das Lamm nicht mehr, das, fromm und mild,
Sich hinschmiegt zu den Füßen seiner Schäfrin;
Ich bin der Tiger, der sie wild umkrallt
Und wollustbrüllend ihren Leib zerfleischt.
Zuleimas Leib ist’s, was ich jetzt verlange;
Ich will ein glücklich Tier sein, ja, ein Tier;
Und in des Sinnenrausches Taumel will ich
Vergessen, daß es einen Himmel gibt.
Ergreift hastig Hassans Hand.
Ich bleibe bei dir, Hassan! ja, wir wollen
Auf wilder See ein lustig Reich begründen.
Tribut soll uns der stolze Spanier zollen;
Wir plündern seine Küst’ und seine Schiffe; –
Auf dem Verdecke kämpf ich dir zur Seite; –
Mein Säbel spaltet stolze Spanierschädel –
Die Hunde über Bord! – das Schiff ist unser!
Ich aber eile jetzt, mich zu erquicken,
Nach der Kajüte, wo Zuleima wohnt,
Umfasse sie mit meinen blut’gen Armen,
Und küsse ab von ihrer weißen Brust
Die roten Flecken – Ha! sie sträubt sich noch?
Zu meinen Füßen, Sklavin, sollst du wimmern,
Ohnmächtig Ding, das meine Sinne kühlt
Nach wilder Kampfeshitze – Sklavin, Sklavin,
Gehorche mir, und fächle meine Glut!
Beide eilen fort.
Saal in Alys Schloß
Ritter und Frauen sitzen festlich geschmückt an einer Speisetafel.
Aly. Don Enrique. Zuleima. Ein Abt. Musikanten.
Speisenauftragende Bediente.
EIN RITTER
steht auf, mit einem gefüllten Becher in der Hand.
Ein schöner Name klingt in meiner Brust:
Es lebe Isabella von Kastilien! –
Er trinkt.
EIN TEIL DER GÄSTE.
Hoch lebe Isabella von Kastilien!
Bechergeklirr und Trompetentusch.
DER ABT.
Noch einen Namen nenn ich euch: Ximenes,
Erzbischof von Toledo, lebe hoch! –
Er trinkt.
EIN TEIL DER GÄSTE.
Hoch lebe der Erzbischof von Toledo!
Bechergeklirr und Trompetentusch.
EIN ANDERER RITTER.
Laßt uns die besten Namen nicht vergessen.
Stoßt an: Es lebe hoch das edle Brautpaar! –
Er trinkt.
ALLE.
Hoch lebe Doña Clara und Enrique!
Bechergeklirr und Trompetentusch. Zuleima und Enrique verneigen sich.
DON ENRIQUE.
Ich danke euch.
ZWEITER RITTER.
Doch Eure Braut ist stumm.
DON ENRIQUE.
Die holde Clara spricht zwar wenig heut,
Doch heut bedarf’s nur eines einz’gen Wortes,
Des Jaworts am Altar, und ich bin glücklich.
ZULEIMA.
Die Brust ist mir so sehr beklommen, Señor.
DRIITER RITTER.
Ein schlimmes Zeichen ist es, Don Enrique,
Daß Ihr das Salzfaß eben umgestoßen.
VIERTER RITTER.
Ein schlimmres Zeichen wär’s, wenn Ihr den Becher
Mitsamt dem Weine umgestoßen hättet.
DRITTER RITTER.
Don Carlos ist ein Säufer.
VIERTER RITTER.
Ja! Gottlob,
Und kein trübselig Sonntagskind, wie Ihr,
Dem gleich das beste Mahl versalzen ist,
Wenn jemand unversehns das Salzfaß umwirft.
Ja, ja, der Wein, das ist mein Element!
In seinen goldig hellen Liebesfluten
Will ich gesund die kranke Seele baden;
Und lachen muß ich immer, wenn ich denke,
Wie Mekkas nüchterner Prophet –
Ja, Señor,
Der Wein, der Wein, ja, ja, ich wollte sagen,
Der Wein ist gut –
ALY.
Pedrillo! Hör, Pedrillo!
PEDRILLO.
Genäd’ger Herr?
ALY.
Laß alle
Weitere Kostenlose Bücher