Sämtliche Werke
den goldnen Schleier,
Womit mich sel’ge Träume leicht umwoben?
Erblassen seh ich plötzlich dich, mein Lieb,
Mein Röslein wandelt sich in eine Lilie –
Sag an, mein Lieb, hast du den Tod geschaut,
Der unsichtbar erscheinet, uns zu trennen?
ZULEIMA.
Der Tod, der trennet nicht, der Tod vereinigt,
Das Leben ist’s, was uns gewaltsam trennt.
Hörst du, Almansor, was die Glocken murmeln?
Sie murmeln dumpf: –
Verhüllt sich. –
»Zuleima wird vermählt heut
Mit einem Mann, der nicht Almansor heißt.«
Pause.
ALMANSOR.
So hast du mir ins Herz hineingezischt
Dein schlimmstes Gift, du Schlangenkönigin!
Von diesem Gifthauch welken rings die Blumen,
Des Springborns Wasser wandelt sich in Blut,
Und tot fällt aus der Luft herab der Vogel.
So hast du mich hineingesungen, Falsche,
In jene Folterkammer, die du Kirch’ nennst,
Und kreuzigst mich an deines Gottes Kreuz,
Und ziehst geschäftig an den Glockensträngen,
Und spielst die Orgel, um zu übertäuben
Mein lautes Reu- und Angstgebet zu Allah!
So hast du mich gelockt, du schlimme Fee,
In deinen Muschelwagen mit den Täubchen,
Hast mich hinaufgelockt bis in die Wolken,
Um jählings mich von dort herabzuschleudern.
Ich höre fallend noch dein Spottgelächter,
Ich sehe fallend, wie dein Zauberwagen
Zu einem Sarge wird, mit Feuerrädern,
Wie deine Tauben sich in Drachen wandeln,
Wie du sie lenkst am schwarzen Schlangenzügel –
Und grausen Fluch hinunterbrüllend, stürz ich
Hinab, hinab, bis in den Schlund der Hölle,
Und Teufel selbst erschrecken und erbleichen
Bei meinem Wahnsinnfluch und Wahnsinnanblick.
Fort! fort von hier! Ich weiß noch einen Fluch,
Spräch ich ihn aus, müßt Eblis selbst erblassen,
Die Sonne müßt erschrocken rückwärts eilen,
Die Toten kröchen zitternd aus den Gräbern,
Und Mensch und Tier und Bäume würden Stein.
Stürzt fort.
Zuleima, die bis jetzt verhüllt und unbeweglich
stand, wirft sich nieder vor dem Christusbilde. Ein Kirchenlied singend, ziehen Mönche mit Kirchenfahnen und Heiligenbildern in Prozession vorüber.
Waldgegend
DER CHOR.
Es ist ein schönes Land, das schöne Spanien,
Ein großer Garten, wo da prangen Blumen,
Goldäpfel, Myrten; – aber schöner noch
Prangten mit stolzem Glanz die Maurenstädte,
Das edle Maurentum, das Tarik einst
Mit starker Hand auf span’schen Boden pflanzte.
Durch manch Ereignis war schon früh gediehn
Das junge Reich; es wuchs und blühte auf
In Herrlichkeit und überstrahlte fast
Des alten Mutterlands ehrwürd’ge Pracht.
Denn als der letzte Omayad’ entrann
Dem Gastmahl, wo der arge Abbaside
Der Omayaden blut’ge Leichenhaufen
Zu Speisetischen höhnend aufgeschichtet;
Als Abderam nach Spanien sich gerettet,
Und wackre Mauren treu sich angeschlossen
Dem letzten Zweig des alten Herrscherstamms –
Da trennte feindlich sich der span’che Moslem
Vom Glaubensbruder in dem Morgenlande;
Zerrissen ward der Faden, der von Spanien,
Weit übers Meer, bis nach Damaskus reichte,
Und dort geknüpft war am Kalifenthron;
Und in den Prachtgebäuden Cordovas,
Da wehte jetzt ein reinrer Lebensgeist
Als in des Orients dumpfigen Haremen.
Wo sonst nur grobe Schrift die Wand bedeckte,
Erhub sich jetzt, in freundlicher Verschlingung,
Der Tier- und Blumenbilder bunte Fülle;
Wo sonst nur lärmte Tamburin und Zimbel,
Erhob sich jetzt, beim Klingen der Chitarre,
Der Wehmutsang, die schmelzende Romanze;
Wo sonst der finstre Herr, mit strengem Blick,
Die bange Sklavin trieb zum Liebesfron,
Erhub das Weib jetzund sein Haupt als Herrin,
Und milderte, mit zarter Hand, die Roheit
Der alten Maurensitten und Gebräuche,
Und Schönes blühte, wo die Schönheit herrschte.
Kunst, Wissenschaft, Ruhmsucht und Frauendienst,
Das waren jene Blumen, die da pflegte
Der Abderamen königliche Hand.
Gelehrte Männer kamen aus Byzanz,
Und brachten Rollen voll uralter Weisheit;
Viel neue Weisheit sproßte aus der alten;
Und Scharen wißbegier’ger Schüler wallten
Aus allen Ländern her nach Cordova,
Um hier zu lernen, wie man Sterne mißt,
Und wie man löst die Rätsel dieses Lebens.
Cordova fiel, Granada stieg empor
Und ward der Sitz der Maurenherrlichkeit.
Noch klingt’s in blühend stolzen Liedern von
Granadas Pracht, von ihren Ritterspielen,
Von Höflichkeit im Kampf, von Siegergroßmut,
Und von dem Herzenspochen holder Damen,
Die streiten sahn die Ritter ihrer Farbe.
Doch war’s ein ernstrer Ritterkampf, worin
Sie selber fiel,
Weitere Kostenlose Bücher