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Sämtliche Werke

Titel: Sämtliche Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Heine
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lilienweißer Leib
    Erheitert deine Sinne.«
    »Frau Venus, meine schöne Frau,
    Dein Reiz wird ewig blühen;
    Wie viele einst für dich geglüht,
    So werden noch viele glühen.
    Doch denk ich der Götter und Helden, die einst
    Sich zärtlich daran geweidet,
    Dein schöner lilienweißer Leib,
    Er wird mir schier verleidet.
    Dein schöner lilienweißer Leib
    Erfüllt mich fast mit Entsetzen,
    Gedenk ich, wie viele werden sich
    Noch späterhin dran ergetzen!«
    »Tannhäuser, edler Ritter mein,
    Das sollst du mir nicht sagen,
    Ich wollte lieber, du schlügest mich,
    Wie du mich oft geschlagen.
    Ich wollte lieber, du schlügest mich,
    Als daß du Beleidigung sprächest,
    Und mir, undankbar kalter Christ,
    Den Stolz im Herzen brächest.
    Weil ich dich geliebet gar zu sehr,
    Nun hör ich solche Worte –
    Leb wohl, ich gebe Urlaub dir,
    Ich öffne dir selber die Pforte.«
    *
    Zu Rom, zu Rom, in der heiligen Stadt,
    Da singt es und klingelt und läutet:
    Da zieht einher die Prozession,
    Der Papst in der Mitte schreitet.
    Das ist der fromme Papst Urban,
    Er trägt die dreifache Krone,
    Er trägt ein rotes Purpurgewand,
    Die Schleppe tragen Barone.
    »O heil’ger Vater, Papst Urban,
    Ich laß dich nicht von der Stelle,
    Du hörst zuvor mir Beichte an,
    Du rettest mich von der Hölle!«
    Das Volk, es weicht im Kreise zurück,
    Es schweigen die geistlichen Lieder:
    »Wer ist der Pilger bleich und wüst,
    Vor dem Papste kniet er nieder?«
    »O heil’ger Vater, Papst Urban,
    Du kannst ja binden und lösen,
    Errette mich von der Höllenqual
    Und von der Macht des Bösen.
    Ich bin der edle Tannhäuser genannt,
    Wollt Lieb’ und Lust gewinnen,
    Da zog ich in den Venusberg,
    Blieb sieben Jahre drinnen.
    Frau Venus ist eine schöne Frau,
    Liebreizend und anmutreiche;
    Die Stimme ist wie Blumenduft,
    Wie Blumenduft so weiche.
    Wie der Schmetterling flattert um eine Blum’,
    Den zarten Duft zu nippen,
    So flatterte meine Seele stets
    Um ihre Rosenlippen.
    Ihr edles Gesicht umringeln wild
    Die blühend schwarzen Locken;
    Schaun dich die großen Augen an,
    Wird dir der Atem stocken.
    Schaun dich die großen Augen an,
    So bist du wie angekettet;
    Ich habe nur mit großer Not
    Mich aus dem Berg gerettet.
    Ich hab mich gerettet aus dem Berg,
    Doch stets verfolgen die Blicke
    Der schönen Frau mich überall,
    Sie winken: ›Komm zurücke!‹
    Ein armes Gespenst bin ich am Tag,
    Des Nachts mein Leben erwachet,
    Dann träum ich von meiner schönen Frau,
    Sie sitzt bei mir und lachet.
    Sie lacht so gesund, so glücklich, so toll,
    Und mit so weißen Zähnen!
    Wenn ich an dieses Lachen denk,
    So weine ich plötzliche Tränen.
    Ich liebe sie mit Allgewalt,
    Nichts kann die Liebe hemmen!
    Das ist wie ein wilder Wasserfall,
    Du kannst seine Fluten nicht dämmen!
    Er springt von Klippe zu Klippe herab,
    Mit lautem Tosen und Schäumen,
    Und bräch er tausendmal den Hals,
    Er wird im Laufe nicht säumen.
    Wenn ich den ganzen Himmel besäß,
    Frau Venus schenkt’ ich ihn gerne;
    Ich gäb ihr die Sonne, ich gäb ihr den Mond,
    Ich gäbe ihr sämtliche Sterne.
    Ich liebe sie mit Allgewalt,
    Mit wildentzügelten Flammen –
    Ist das der Hölle Feuer schon,
    Und wird mich Gott verdammen?
    Oh, heil’ger Vater, Papst Urban,
    Du kannst ja binden und lösen!
    Errette mich von der Höllenqual
    Und von der Macht des Bösen.«
    Der Papst hub jammernd die Händ’ empor,
    Hub jammernd an zu sprechen:
    »Tannhäuser, unglücksel’ger Mann,
    Der Zauber ist nicht zu brechen.
    Der Teufel, den man Venus nennt,
    Er ist der schlimmste von allen,
    Erretten kann ich dich nimmermehr
    Aus seinen schönen Krallen.
    Mit deiner Seele mußt du jetzt
    Des Fleisches Lust bezahlen,
    Du bist verworfen, du bist verdammt
    Zu ewigen Höllenqualen.«
    *
    Der Ritter Tannhäuser, er wandelt so rasch,
    Die Füße, die wurden ihm wunde.
    Er kam zurück in den Venusberg
    Wohl um die Mitternachtstunde.
    Frau Venus erwachte aus dem Schlaf,
    Ist schnell aus dem Bette gesprungen;
    Sie hat mit ihrem weißen Arm
    Den geliebten Mann umschlungen.
    Aus ihrer Nase rann das Blut,
    Den Augen die Tränen entflossen;
    Sie hat mit Tränen und Blut das Gesicht
    Des geliebten Mannes begossen.
    Der Ritter legte sich ins Bett,
    Er hat kein Wort gesprochen.
    Frau Venus in die Küche ging,
    Um ihm eine Suppe zu kochen.
    Sie gab ihm Suppe, sie gab ihm Brot,
    Sie wusch seine wunden Füße,
    Sie kämmte ihm das struppige Haar,
    Und lachte dabei so süße.
    »Tannhäuser, edler Ritter mein,
    Bist lange

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