Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Saemtliche Werke von Heinrich von Kleist (Illustrierte) (German Edition)

Saemtliche Werke von Heinrich von Kleist (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Saemtliche Werke von Heinrich von Kleist (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich von Kleist
Vom Netzwerk:
steckend,
Bat und beschwor er mich, bei allen Kindern Zeus’,
Ihm in geheim zu Nacht Gehör zu schaffen,
Bei der, die seine Seele innig liebt.
Er schlug, auf meine Frage: wo?
Hier diesen Park mir vor, wo zwischen Felsenwänden,
Das Volk sich oft vergnügt, den Ur zu hetzen;
Hier, meint’ er, sei es still, wie an dem Lethe,
Und keines lästgen Zeugen Blick zu fürchten,
Als nur der Mond, der ihm zur Seite buhlt.
     
    Thusnelda.
Du hast ihm meine Antwort überbracht?
     
    Gertrud.
Ich sagt ihm: wenn er heut, beim Untergang des Mondes,
Eh noch der Hahn den Tag bekräht,
Den Eichwald, den er meint, besuchen wollte,
Würd ihn daselbst die Landesfürstin,
Sie, deren Seele heiß ihn liebt,
Am Eingang gleich, zur Seite rechts, empfangen.
     
    Thusnelda.
Und nun hast du, der Bärin wegen,
Die Hermann jüngst im Walde griff,
Mit Childrich, ihrem Wärter, dich besprochen?
     
    Gertrud.
Es ist geschehn, wie mir dein Mund geboten;
Childrich, der Wärter, führt sie schon heran! –
Doch, meine große Herrscherin,
Hier werf ich mich zu Füßen dir:
Die Rache der Barbaren sei dir fern!
Es ist Ventidius nicht, der mich mit Sorg erfüllt;
Du selbst, wenn nun die Tat getan,
Von Reu und Schmerz wirst du zusammenfallen!
     
    Thusnelda.
Hinweg! – Er hat zur Bärin mich gemacht!
Arminius’ will ich wieder würdig werden!
     

Sechzehnter Auftritt
     
    Childerich tritt auf, eine Bärin an einer Kette führend. Die Vorigen.
     
    Childerich.
Heda! Seid Ihrs, Frau Gertrud?
     
    Gertrud (steht auf).       Gott im Himmel!
Da naht der Allzupünktliche sich schon!
     
    Childerich.
Hier ist die Bärin!
     
    Gertrud.      Wo?
     
    Childerich.       Seht Ihr sie nicht?
     
    Gertrud.
Du hast sie an der Kette, will ich hoffen?
     
    Childerich.
An Kett und Koppel. – Ach, so habt Euch doch!
Wenn ich dabei bin, müßt Ihr wissen,
Ist sie so zahm, wie eine junge Katze.
     
    Gertrud.
Gott möge ewig mich vor ihr bewahren! –
‘s ist gut, bleib mir nur fern, hier ist der Schlüssel,
Tu sie hinein und schleich dich wieder weg.
     
    Childerich.
Dort in den Park?
     
    Gertrud.       Ja, wie ich dir gesagt.
     
    Childerich.
Mein Seel ich hoff, so lang die Bärin drin,
Wird niemand anders sich der Pforte nahn?
     
    Gertrud.
Kein Mensch, verlaß dich drauf! Es ist ein Scherz nur,
Den meine Frau sich eben machen will.
     
    Childerich.
Ein Scherz?
     
    Gertrud.     Ja, was weiß ich?
     
    Childerich.    Was für ein Scherz?
     
    Gertrud.
Ei, so frag du –! Fort! In den Park hinein!
Ich kann das Tier nicht mehr vor Augen sehn!
     
    Childerich.
Nun, bei den Elfen, hört; nehmt Euch in acht!
Die Petze hat, wie Ihr befahlt,
Nun seit zwölf Stunden nichts gefressen;
Sie würde Witz, von grimmiger Art, Euch machen,
Wenns Euch gelüsten sollte, sie zu necken.
(Er läßt die Bärin in den Park und schließt ab.)
     
    Gertrud.
Fest!
     
    Childerich.
    Es ist alles gut.
     
    Gertrud.       Ich sage, feste
Den Riegel auch noch vor, den eisernen!
     
    Childerich.
Ach, was! Sie wird doch keine Klinke drücken?
– Hier ist der Schlüssel!
     
    Gertrud. Gut, gib her! –
Und nun entfernst du dich, in das Gebüsch,
Doch so, daß wir sogleich dich rufen können.
     
    (Childerich geht ab.)
     
    Schirmt, all ihr guten Götter, mich!
Da schleicht der Unglücksel’ge schon heran!
     

Siebzehnter Auftritt
     
    Ventidius tritt auf. – Thusnelda und Gertrud.
     
    Ventidius.
Dies ist der stille Park, von Bergen eingeschlossen,
Der, auf die Lispelfrage: wo?
Mir gestern in die trunknen Sinne fiel!
Wie mild der Mondschein durch die Stämme fällt!
Und wie der Waldbach fern, mit üppigem Geplätscher,
Vom Rand des hohen Felsens niederrinnt! –
Thusnelda! Komm und lösche diese Glut,
Soll ich, gleich einem jungen Hirsch,
Das Haupt voran, mich in die Flut nicht stürzen! –
Gertrud! – – So hieß ja, dünkt mich, wohl die Zofe,
Die mir versprach, mich in den Park zu führen?
     
    (Gertrud steht und kämpft mit sich selbst.)
     
    Thusnelda (mit gedämpfter Stimme).
Fort! Gleich! Hinweg! Du hörst! Gib ihm die Hand,
Und führ ihn in den Park hinein!
     
    Gertrud.
Geliebte Königin?!
     
    Thusnelda.      Bei meiner Rache!
Fort, Augenblicks, sag ich! Gib ihm die Hand,
Und führ ihn in den Park hinein!
     
    Gertrud (fällt ihr zu Füßen).
Vergebung, meine Herrscherin, Vergebung!
     
    Thusnelda (ihr ausweichend).
Die Närrin, die verwünschte, die! Sie auch
Ist in das Affenangesicht verliebt!
(Sie reißt ihr den Schlüssel aus der Hand und geht

Weitere Kostenlose Bücher