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Saemtliche Werke von Heinrich von Kleist (Illustrierte) (German Edition)

Saemtliche Werke von Heinrich von Kleist (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Saemtliche Werke von Heinrich von Kleist (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich von Kleist
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wo du kamst.
     
    Käthchen.
Gut, gut. Du wirst mich dir gehorsam finden.
Peitsch mich nur nicht, bis ich mit Gottschalk sprach. –
    (Sie kehrt sich zu Gottschalk um.)
Nimm du den Brief.
     
    Gottschalk.      Gib her, mein liebes Kind.
Was ist dies für ein Brief? Und was enthält er?
     
    Käthchen.
Der Brief hier ist vom Graf vom Stein, verstehst du?
Ein Anschlag, der noch heut vollführt soll werden,
Auf Thurneck, diese Burg, darin enthalten,
Und auf das schöne Fräulein Kunigunde,
Des Grafen, meines hohen Herren, Braut.
     
    Gottschalk.
Ein Anschlag auf die Burg? Es ist nicht möglich!
Und vom Graf Stein? – Wie kamst du zu dem Brief?
     
    Käthchen.
Der Brief ward Prior Hatto übergeben,
Als ich mit Vater just, durch Gottes Fügung,
In dessen stiller Klause mich befand.
Der Prior, der verstand den Inhalt nicht,
Und wollt ihn schon dem Boten wiedergeben;
Ich aber riß den Brief ihm aus der Hand,
Und eilte gleich nach Thurneck her, euch alles
Zu melden, in die Harnische zu jagen;
Denn heut, Schlag zwölf um Mitternacht, soll schon
Der mörderische Frevel sich vollstrecken.
     
    Gottschalk.
Wie kam der Prior Hatto zu dem Brief?
     
    Käthchen.
Lieber, das weiß ich nicht; es ist gleichviel.
Er ist, du siehst, an irgend wen geschrieben,
Der hier im Schloß zu Thurneck wohnhaft ist;
Was er dem Prior soll, begreift man nicht.
Doch daß es mit dem Anschlag richtig ist,
Das hab ich selbst gesehn; denn kurz und gut,
Der Graf zieht auf die Thurneck schon heran:
Ich bin ihm, auf dem Pfad hieher, begegnet.
     
    Gottschalk.
Du siehst Gespenster, Töchterchen!
     
    Käthchen.    Gespenster! –
Ich sage, nein! So wahr ich Käthchen bin!
Der Graf liegt draußen vor der Burg, und wer
Ein Pferd besteigen will, und um sich schauen,
Der kann den ganzen weiten Wald ringsum
Erfüllt von seinen Reisigen erblicken!
     
    Gottschalk.
- Nehmt doch den Brief, Herr Graf, und seht selbst zu.
Ich weiß nicht, was ich davon denken soll.
     
    Der Graf vom Strahl (legt die Peitsche weg, nimmt den Brief und entfaltet ihn).
»Um zwölf Uhr, wenn das Glöckchen schlägt, bin ich
Vor Thurneck. Laß die Tore offen sein.
Sobald die Flamme zuckt, zieh ich hinein.
Auf niemand münz ich es, als Kunigunden,
Und ihren Bräutigam, den Graf vom Strahl:
Tu mir zu wissen, Alter, wo sie wohnen.«
     
    Gottschalk.
Ein Höllenfrevel! – Und die Unterschrift?
     
    Der Graf vom Strahl.
Das sind drei Kreuze.
    (Pause.)
Wie stark fandst du den Kriegstroß, Katharina?
     
    Käthchen.
Auf sechzig Mann, mein hoher Herr, bis siebzig.
     
    Der Graf vom Strahl.
Sahst du ihn selbst den Graf vom Stein?
     
    Käthchen.     Ihn nicht.
     
    Der Graf vom Strahl.
Wer führte seine Mannschaft an?
     
    Käthchen.    Zwei Ritter,
Mein hochverehrter Herr, die ich nicht kannte.
     
    Der Graf vom Strahl.
Und jetzt, sagst du, sie lägen vor der Burg?
     
    Käthchen.
Ja, mein verehrter Herr.
     
    Der Graf vom Strahl.     Wie weit von hier?
     
    Käthchen.
Auf ein dreitausend Schritt, verstreut im Walde.
     
    Der Graf vom Strahl.
Rechts, auf der Straße?
     
    Käthchen. Links, im Föhrengrunde,
Wo überm Sturzbach sich die Brücke baut.
     
    (Pause.)
     
    Gottschalk.
Ein Anschlag, greuelhaft, und unerhört!
     
    Der Graf vom Strahl (steckt den Brief ein).
Ruf mir sogleich die Herrn von Thurneck her!
- Wie hoch ists an der Zeit?
     
    Gottschalk. Glock halb auf zwölf.
     
    Der Graf vom Strahl.
So ist kein Augenblick mehr zu verlieren.
    (Er setzt sich den Helm auf.)
     
    Gottschalk.
Gleich, gleich; ich gehe schon! – Komm, liebes Käthchen,
Daß ich dir das erschöpfte Herz erquicke! –
Wie großen Dank, bei Gott, sind wir dir schuldig?
So in der Nacht, durch Wald und Feld und Tal –
     
    Der Graf vom Strahl.
Hast du mir sonst noch, Jungfrau, was zu sagen?
     
    Käthchen.
Nein, mein verehrter Herr.
     
    Der Graf vom Strahl.      – Was suchst du da?
     
    Käthchen (sich in den Busen fassend).
Den Einschlag, der vielleicht dir wichtig ist.
Ich glaub, ich hab –? Ich glaub, er ist –?
    (Sie sieht sich um.)
     
    Der Graf vom Strahl.   Der Einschlag?
     
    Käthchen.
Nein, hier.
    (Sie nimmt das Kuvert und gibt es dem Grafen.)
     
    Der Graf vom Strahl. Gib her! (Er betrachtet das Papier.)
    Dein Antlitz speit ja Flammen! –
Du nimmst dir gleich ein Tuch um, Katharina,
Und trinkst nicht ehr, bis du dich abgekühlt.
- Du aber hast keins?
     
    Käthchen.      Nein –
     
    Der Graf vom Strahl (macht sich die Schärpe los – wendet sich

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