Saemtliche Werke von Heinrich von Kleist (Illustrierte) (German Edition)
oben hin!
In Halle sah ich drei Halloren tauchen;
Doch das ist nichts, seit ich die Ratz’ erblickt!
Ei, Mädel! Du erstickst ja, Margarete!
Margarete . Hilf! Rette! Gott, mein Vater!
Johanna . Nun? was gibt’s? –
Ward, seit die Welt steht, so etwas erlebt!
Fritz ist’s, so schau doch her, der junge Jäger,
Der morgen dich, du weißt, zur Kirche führet! –
Umsonst! Sie geht schon wieder in den Grund!
Wenn wiederum die Nacht sinkt, kenn’ ich sie
Auswendig, bis zur Sohl’ herab, daß ich’s
Ihr mit geschloßnem Aug’ beschreiben werde;
Und heut, von ungefähr belauscht im Bade,
Tut sie, als wollte sie den Schleier nehmen
Und nie erschaut von Männeraugen sein!
Margarete . Unsittlicher! Pfui, Häßlicher!
Johanna . Nun endlich!
In dein Geschick doch endlich fügst du dich.
Du setzest dich, wo rein der Kiesgrund dir
Dem Golde gleich erglänzt, und hältst mir still.
Wovor, mein Herzenskind, auch bebtest du?
Der See ist dir, der weite, strahlende,
Ein Mantel in der Tat, so züchtiglich
Als jener samtene, verbrämt mit Gold,
Mit dem du Sonntags in der Kirch’ erscheinst.
Margarete . Fritz, liebster aller Menschen, hör’ mich an:
Willst du mich morgen noch zur Kirche führen?
Johanna . Ob ich das will?
Margarete . Gewiß? begehrst du das?
Johanna . Ei, allerdings! Die Glock’ ist ja bestellt.
Margarete . Nun sieh, so fleh’ ich, kehr’ dein Antlitz weg!
Geh gleich vom Ufer, schleunig, augenblicklich!
Laß mich allein!
Johanna . Ach, wie die Schultern glänzen!
Ach, Wie die Knie’, als sah’ ich sie im Traum,
Hervorgehn schimmernd, wenn die Welle flieht!
Ach, wie das Paar der Händchen, festverschränkt,
Das ganze Kind, als wär’s aus Wachs gegossen,
Mir auf dem Kiesgrund schwebend aufrecht halten!
Margarete . Nun denn, so mag die Jungfrau mir verzeihn!
Johanna . Du steigst heraus? Ach, Gretchen! Du erschreckst mich!
Hier an den Erlstamm drück’ ich das Gesicht
Und obendrein noch fest die Augen zu.
Denn alles, traun, auf Erden möcht’ ich lieber,
Als mein geliebtes Herzenskind erzürnen.
Geschwind, geschwind! Das Hemdchen – hier! da liegt es!
Das Röckchen jetzt, das blaugekantete!
Die Strümpfe auch, die seidnen, und die Bänder,
Worin ein flammend Herz verzeichnet ist!
– Auch noch das Tuch? Nun, Gretchen, bist du fertig?
Kann ich mich wenden, Kind?
Margarete . Schamloser, du!
Geh hin und suche für dein Bett dir morgen,
Welch eine Dirn’ im Orte dir gefällt!
Mich, wahrlich, wirst du nicht zur Kirche führen!
Denn wisse: wessen Aug’ mich nackt gesehn,
Sieht weder nackt mich noch bekleidet wieder!
Johanna . Gott, Herr, mein Vater, in so großer Not
Bleibt auf der Welt zum Trost mir nichts als eines ;
Denn in das Brautbett morgen möcht’ ich wohl,
Was leugnet’ ich’s! doch, Herzchen, wiß’ auch du:
In Sigismunds, des Großknechts, nicht in deins.
Margarete . Was sagst du?
Johanna . Was?
Margarete . Sieh da, die Schäkerin!
Johanna ist’s, die Magd, in Fritzens Röcken!
Und äfft, in eines Flieders Busch gesteckt,
Mit Fritzens rauher Männerstimme mich!
Johanna . Ha, ha, ha, ha!
Margarete . Das hätt’ ich wissen sollen!
Das hätte mir, als ich im Wasser lag,
Der kleine Finger jückend sagen sollen!
So hätt’ ich, als du sprachst: »Ei sieh, die Nixe!
Wie sie sich wälzet!« Und: »Was meinst du, Kind,
Soll ich herab zu dir vom Ufer sinken?«
Gesagt: »Komm her, mein lieber Fritz, warum nicht?
Der Tag war heiß, erfrischend ist das Bad,
Und auch an Platz für beide fehlt es nicht;«
Daß du zu schanden wärst, du Unverschämte,
An mir, die dreimal Aergere, geworden!
Johanna . So! das wär’ schön gewesen! Ein züchtig Mädchen, wisse,
Soll über solche Dinge niemals scherzen;
So lehrt es irgendwo ein schwarzes Buch. –
Doch jetzt das Mieder her! ich will’s dir senkeln,
Daß er im Ernst uns nicht, indes wir scherzen,
Fritz hier, der Jäger, lauschend überrasche.
Denn auf dem Rückweg schleicht er hier vorbei;
Und schade wär’ es doch –- nicht wahr, mein Gretchen? –
Müßt er dich auch geschnürt nie wieder sehn.
Die beiden Tauben.
Eine Fabel nach Lafontaine.
Zwei Täubchen liebten sich mit zarter Liebe.
Jedoch, der weichen Ruhe überdrüssig,
Ersann der Tauber eine Reise sich.
Die Taube rief: »Was unternimmst du, Lieber?
Von mir willst du, der süßen Freundin, scheiden:
Der Uebel größtes, ist’s die Trennung nicht?
Für dich nicht, leider,
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