Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Saemtliche Werke von Heinrich von Kleist (Illustrierte) (German Edition)

Saemtliche Werke von Heinrich von Kleist (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Saemtliche Werke von Heinrich von Kleist (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich von Kleist
Vom Netzwerk:
im Begriff waren, zwei Unschuldige zu opfern! Und damit, während die Leiche des Elenden in rötlichen Flammen aufprasselnd, vom Hauche des Nordwindes in alle Lüfte verstreut und verweht ward, führte er Frau Littegarden, im Gefolge aller seiner Ritter, auf das Schloß. Er setzte sie, durch einen kaiserlichen Schluß, wieder in ihr väterliches Erbe ein, von welchem die Brüder in ihrer unedelmütigen Habsucht schon Besitz genommen hatten; und schon nach drei Wochen ward, auf dem Schlosse zu Breysach, die Hochzeit der beiden trefflichen Brautleute gefeiert, bei welcher die Herzogin Regentin, über die ganze Wendung, die die Sache genommen hatte, sehr erfreut, Littegarden einen großen Teil der Besitzungen des Grafen, die dem Gesetz verfielen, zum Brautgeschenk machte. Der Kaiser aber hing Herrn Friedrich, nach der Trauung, eine Gnadenkette um den Hals; und sobald er, nach Vollendung seiner Geschäfte mit der Schweiz, wieder in Worms angekommen war, ließ er in die Statuten des geheiligten göttlichen Zweikampfs, überall wo vorausgesetzt wird, daß die Schuld dadurch unmittelbar ans Tageslicht komme, die Worte einrücken: »wenn es Gottes Wille ist.«

FABEL N

     
     
    1. Die Hunde und der Vogel.
     
    Zwei ehrliche Hühnerhunde, die, in der Schule des Hungers zu Schlauköpfen gemacht, alles griffen, was sich auf der Erde blicken ließ, stießen auf einen Vogel. Der Vogel, verlegen, weil er sich nicht in seinem Element befand, wich hüpfend bald hier-, bald dorthin aus, und seine Gegner triumphierten schon; doch bald darauf, zu hitzig gedrängt, regte er die Flügel und schwang sich in die Luft. Da standen sie wie Austern, die Helden der Triften, und klemmten den Schwanz ein und gafften ihm nach.
    Witz, wenn du dich in die Luft erhebst: wie stehen die Weisen und blicken dir nach!
     
     
    2. Die Fabel ohne Moral.
     
    Wenn ich dich nur hätte, sagte der Mensch zu einem Pferde, das mit Sattel und Gebiß vor ihm stand und ihn nicht aufsitzen lassen wollte; wenn ich dich nur hätte, wie du zuerst, das unerzogene Kind der Natur, aus den Wäldern kamst! Ich wollte dich schon führen, leicht wie ein Vogel, dahin über Berg und Tal, wie es mich gut dünkte, und dir und mir sollte dabei wohl sein. Aber da haben sie dir Künste gelehrt, Künste, von welchen ich, nackt, wie ich vor dir stehe, nichts weiß; und ich müßte zu dir in die Reitbahn hinein (wovor mich doch Gott bewahre), wenn wir uns verständigen wollten.

Lyrik
     

    Wappen der Familie von Kleist

Der höhere Frieden.
     
    Wenn sich auf des Krieges Donnerwagen
Menschen waffnen, auf der Zwietracht Ruf,
Menschen, die im Busen Herzen tragen,
Herzen, die der Gott der Liebe schuf:
    Denk’ ich, können sie doch mir nichts rauben,
Nicht den Frieden, der sich selbst bewährt,
Nicht die Unschuld, nicht an Gott den Glauben,
Der dem Hasse, wie dem Schrecken wehrt;
    Nicht des Ahorns dunkelm Schatten wehren,
Daß er mich im Weizenfeld erquickt,
Und das Lied der Nachtigall nicht stören,
Die den stillen Busen mir entzückt.

An Wilhelmine.
     
    Nicht aus des Herzens bloßem Wunsche keimt
Des Glückes schöne Götterpflanze auf.
Der Mensch soll mit der Mühe Pflugschar sich
Des Schicksals harten Boden öffnen, soll
Des Glückes Erntetag sich selbst bereiten
Und Taten in die offnen Furchen streun.
Er soll des Glückes heil’gen Tempel sich
Nicht mit Hermeos’ Caduceus öffnen,
Nicht wie ein Nabob seinen trägen Arm
Nach der Erfüllung jedes Wunsches strecken.
Er soll mit etwas den Genuß erkaufen,
Wär’s auch mit des Genusses Sehnsucht nur.
    Nicht vor den Bogen tritt der Hirsch und wendet
Die Scheibe seiner Brust dem Pfeile zu;
Der Jäger muß in Feld und Wald ihn suchen,
Wenn er daheim mit Beute kehren will;
Er muß mit jedem Halme sich beraten,
Ob er des Hirsches leichte Schenkel trug,
An jedes Baums entreis’tem Aste prüfen,
    Ob ihn sein königlich Geweih berührt;
Er muß die Spur durch Tal und Berg verfolgen,
Sich rastlos durch des Moors Gestrüppe drehn,
Sich auf des Felsens Gipfel schwingen, sich
Hinab in tiefer Schlünde Absturz stürzen,
Bis in der Wildnis dickster Mitternacht
Er kraftlos neben seiner Beute sinkt.
    Der Schwalbe Nest hangt an des Knaben Hütte,
Allein die leichte Beute reizt ihn nicht:
Er will des Adlers königliche Brut,
Die in der Eiche hohem Wipfel thront!
Denn das Erworbne – wär’s mit einem Tropfen Schweiß
Auch nur erworben – ist uns mehr als das
Gefundne wert. Den wir mit unsers Lebens
Gefahr erretteten, der ist uns teuer,
So wie dem

Weitere Kostenlose Bücher