Saemtliche Werke von Heinrich von Kleist (Illustrierte) (German Edition)
Rathaus verfügt, und daselbst, in Begleitung eines starken Detaschements von Dragonern, 3000 Pechkränze verlangt, um die Vorstädte, die das Glacis embarrassieren, daniederzubrennen.
Der Rat der Stadt, der, unter solchen Umständen, das Ruhmvolle dieses Entschlusses einsah, hat, nach Abführung einiger renitierenden Mitglieder, die Sache in pleno erwogen, und, mit einer Majorität von 3 gegen 2 Stimmen, wobei meine, wie gewöhnlich, für 2 galt, und Sr. Exzellenz die 3 supplierten, die verlangten Pechkränze, ohne Bedenken, bewilligt.
Inzwischen ist nun die Frage, und wir geben Euch auf, Euch gutachtlich darüber auszulassen.
· wieviel an Pech und Schwefel, als den dazugehörigen Materialien, zur Fabrikation von 3000 Pechkränzen erforderlich sind; und
· ob die genannten Kombustibeln in der berechneten Menge, zur gehörigen Zeit, herbeizuschaffen sind?
Unseres Wissens liegt ein großer Vorrat von Pech und Schwefel,bei dem Kaufmann M… in der N…schen Vorstadt, P…sche Gasse, Num. 139.
Inzwischen ist dies ein, auf Bestellung der dänischen Regierung, aufgehäufter Vorrat, und wir besitzen bereits, in Relation, wie wir mit derselben stehen, den Auftrag, dem Kaufmann M… den Marktpreis davon mit 3000 fl. zuzufertigen.
Indem wir Euch nun, diesem Auftrage gemäß, die besagte Summe, für den Kaufmann M…, in guten Landespapieren, demselben auch sechs Wägen oder mehr und Pässe, und was immer zur ungesäumten Abführung der Ingredienzen an den Hafenplatz erforderlich sein mag, bewilligen, beschließen wir zwar, von diesem Eigentum der dänischen Regierung, behufs einer Niederbrennung der Vorstädte, keine Notiz zu nehmen.
Indessen habt Ihr das gesamte Personale der unteren Polizeibeamten zusammenzunehmen, und alle Gewölbe und Läden der Kauf- und Gewerksleute, die mit diesen Kombustibeln handeln oder sie verarbeiten, aufs strengste und eigensinnigste zu durchsuchen, damit, dem Entschluß Sr. Exzellenz gemäß, unverzüglich die Pechkränze verfertigt, und mit Debarrassierung des Glacis, verfahren werden möge.
Nichts ist notwendiger, als, in diesem Augenblick der herannahenden Gefahr, alles aufzubieten, und kein Opfer zu scheuen, das imstande ist, dem Staat diesen, für den Erfolg des Kriegs höchst wichtigen, Platz zu behaupten. Sr. Exzellenz haben erklärt, daß wenn ihr, auf dem Markt befindlicher, Palast, vor dem Glacis läge, sie denselben zuerst niederbrennen, und unter den Toren der Festung übernachten würden.
Da nun unser sowohl, des Burgemeisters, als auch Euer, des Unterbeamten, Haus in dem angegebenen Fall sind, indem sie, von der Q…sehen Vorstadt her, mit ihren Gärten und Nebengebäuden, das Glacis beträchtlich embarrassieren: so wird es bloß von Euren Recherchen, und von dem Bericht abhängen, den Ihr darüber abstatten werdet, ob wir den andern ein Beispiel zu geben, und den Pechkranz zuerst auf die Giebel derselben zu werfen haben.
Sind in Gewogenheit, etc.
Brief eines politischen Pescherä über einen Nürnberger Zeitungsartikel
Erlaube mir, Vetter Pescherä, daß ich dir, in der verwirrten Sprache, die kürzlich ein Deutscher mich gelehrt hat, einen Artikel mitteile, der in einer Zeitung dieses Landes, wenn ich nicht irre, im Nürnberger Korrespondenten, gestanden hat, und den ein Grönländer, der in Island auf einem Kaffeehause war, hierhergebracht hat.
Der Zeitungsartikel ist folgenden sonderbaren Inhalts:
»Es sind nicht sowohl die Franzosen, welche die Freiheitsschlacht, die bei Regensburg gefochten ward, entschieden haben, als vielmehr die Deutschen selbst.
Der tapfre Kronprinz von Bayern hat zuerst, an der Spitze der rheinbündischen Truppen, die Linien der Österreicher durchbrochen. Der Kaiser Napoleon hat ihn, am Abend der Schlacht, auf dem Walplatz umarmt, und ihn den Helden der Deutschen genannt.«
Ich versichere dich, Vetter Pescherä, ich bin hinausgegangen, auf den Sandhügel, wo die Sonne brennt, und habe meine Nase angesehen, stundenlang und wieder stundenlang: ohne imstande gewesen zu sein, den Sinn dieses Zeitungsartikels zu erforschen. Er verwischt alles, was ich über die Vergangenheit zu wissen meine, dergestalt, daß mein Gedächtnis wie ein weißes Blatt aussieht, und die ganze Geschichte derselben von neuem darin angefrischt werden muß.
Sage mir also, ich bitte dich,
· Ist es der Kaiser von Österreich, der das deutsche Reich, im Jahr 1805, zertrümmert hat?
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