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Saemtliche Werke von Heinrich von Kleist (Illustrierte) (German Edition)

Saemtliche Werke von Heinrich von Kleist (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Saemtliche Werke von Heinrich von Kleist (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich von Kleist
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schweigen , wie die Auflösung fordert, ist in vielen Fällen unmöglich; denn schon das Datum des Bülletins, wenn z.B. eine Schlacht verloren und das Hauptquartier zurückgegangen wäre, verrät dies Faktum. In diesem Fall antedatiere man entweder das Bülletin; oder aber fingiere einen Druckfehler im Datum; oder endlich lasse das Datum ganz weg . Die Schuld kommt auf den Setzer oder Korrektor.

SATIRISCHE BRIEF E

     
    I.
     
    Brief eines rheinbündischen Offiziers an seinen Freund
    Auf meine Ehre, mein vortrefflicher Freund, Sie irren sich. Ich will ein Schelm sein, wenn die Schlacht von Jena, wie Sie zu glauben scheinen, meine politischen Grundsätze verändert hat. Lassen Sie uns wieder einmal, nach dem Beispiel des schönen Sommers von 1806, ein patriotisches Konvivium veranstalten (bei Sala schlag ich vor; er hat frische Austern bekommen und sein Burgunder ist vom Besten): so sollen Sie sehen, daß ich noch ein ebenso enthusiastischer Anhänger der Deutschen bin, wie vormals. Zwar, der Schein, ich gestehe es, ist wider mich. Der König hat mich nach dem Frieden bei Tilsit, auf die Verwendung des Reichsmarschalls, Herzogs von Auerstädt, dem ich einige Dienste zu leisten Gelegenheit, zum Obristen avanciert. Man hat mir das Kreuz der Ehrenlegion zugeschickt, eine Auszeichnung, mit welcher ich, wie Sie selbst einsehen, öffentlich zu erscheinen, nicht unterlassen kann; ich würde den König, dem ich diene, auf eine zwecklose Weise, dadurch kompromittieren.Aber was folgt daraus? Meinen Sie, daß diese Armseligkeiten mich bestimmen werden, die große Sache, für die die Deutschen fechten, aus den Augen zu verlieren? Nimmermehr! Lassen Sie nur den Erzherzog Karl, der jetzt ins Reich vorgerückt ist, siegen, und die Deutschen, so wie er es von ihnen verlangt hat, en masse aufstehen; so sollen Sie sehen, wie ich mich alsdann entscheiden werde.
    Muß man denn den Abschied nehmen, und zu den Fahnen der Österreicher übergehen, um dem Vaterlande in diesem Augenblick nützlich zu sein; Mitnichten! Ein Deutscher, der es redlich meint, kann seinen Landsleuten, in dem Lager der Franzosen selbst, ja, in dem Hauptquartier des Napoleon, die wichtigsten Dienste tun. Wie mancher kann der Requisition, an Fleisch oder Fourage, vorbeugen; wie manches Elend der Einquartierung mildern?
    Ich bin mit wahrer Freundschaft etc.
    N. S.
    Hierbei erfolgt, feucht, wie es eben der Kurier überbringt, das erste Bulletin der französischen Armee. Was sagen Sie dazu? Die österreichische Macht total pulverisiert, alle Korps der Armee vernichtet, drei Erzherzöge tot auf dem Platz! – Ein verwünschtes Schicksal! Ich wollte schon zur Armee abgehn. Herr von Montesquiou hat, wie ich höre, das Bulletin nunmehr anhero gebracht, und ist dafür, von Sr. Majestät, mit einer Tabatiere, schlecht gerechnet 2000 Dukaten an Wert, beschenkt worden. –
    2.
     
    Brief eines jungen märkischen Landfräuleins an ihren Onkel
    Teuerster Herr Onkel,
    Die Regungen der kindlichen Pflicht, die mein Herz gegen Sie empfindet, bewegen mich, Ihnen die Meldung zu tun, daß ich mich am 8. d. von Verhältnissen, die ich nicht nennen kann, gedrängt, mit dem jungen H. Lefat, Kapitän bei dem 9. französischen Dragonerregiment, der in unserm Hause zu P… einquartiert war, verlobt habe.
    Ich weiß, gnädigster Onkel, wie Sie über diesen Schritt denken. Sie haben sich gegen die Verbindungen, die die Töchter desLandes, solange der Krieg fortwährt, mit den Individuen des französischen Heers vollziehn, oftmals mit Heftigkeit und Bitterkeit erklärt. Ich will Ihnen hierin nicht ganz unrecht geben. Man braucht keine Römerin oder Spartanerin zu sein, um das Verletzende, das, allgemein betrachtet, darin liegen mag, zu empfinden. Diese Männer sind unsere Feinde; das Blut unserer Brüder und Verwandten klebt, um mich so auszudrücken, an ihren Röcken; und es heißt sich gewissermaßen, wie Sie sehr richtig bemerken, von den Seinigen lossagen, wenn man sich auf die Partei derjenigen herüberstellt, deren Bemühen ist, sie zu zertreten, und auf alle ersinnliche Weise, zu verderben und zu vernichten.
    Aber sind diese Männer, ich beschwöre Sie, sind sie die Urheber des unseligen Kriegs, der, in diesem Augenblick, zwischen Franzosen und Deutschen, entbrannt ist! Folgen sie nicht, der Bestimmung eines Soldaten getreu, einem blinden Gesetz der Notwendigkeit, ohne selbst oft die Ursach des Streits, für den sie die Waffen ergreifen, zu kennen? Ja, gibt es nicht einzelne unter ihnen,

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