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Saemtliche Werke von Heinrich von Kleist (Illustrierte) (German Edition)

Saemtliche Werke von Heinrich von Kleist (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Saemtliche Werke von Heinrich von Kleist (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich von Kleist
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jetzt bereue, daß die Welt
Für eine ordentliche Frau mich hält!
     

Zweiter Akt
     
     
     
    Es ist Tag.
     

Erste Szene
     
    Amphitryon. Sosias.
     
    Amphitryon: Steh, Gaudieb, sag ich, mir, vermaledeiter
Halunke! Weißt du, Taugenichts, daß dein
Geschwätz dich an den Galgen bringen wird?
Und daß, mit dir nach Würden zu verfahren,
Nur meinem Zorn ein tüchtges Rohr gebricht?
     
    Sosias: Wenn Ihrs aus diesem Ton nehmt, sag ich nichts.
Befehlt, so träum ich, oder bin betrunken.
     
    Amphitryon: Mir solche Märchen schamlos aufzubürden!
Erzählungen, wie unsre Ammen sie
Den Kindern abends in die Ohren lullen. –
Meinst du, ich werde dir die Possen glauben?
     
    Sosias: Behüt! Ihr seid der Herr und ich der Diener,
Ihr werdet tun und lassen, was Ihr wollt.
     
    Amphitryon: Es sei. Ich unterdrücke meinen Zorn,
Gewinne die Geduld mir ab, noch einmal
Vom Ei den ganzen Hergang anzuhören.
– Ich muß dies Teufelsrätsel mir entwirren,
Und nicht den Fuß eh’r setz ich dort ins Haus.
– Nimm alle deine Sinne wohl zusammen,
Und steh Rede, pünktlich, Wort für Wort. ;
     
    Sosias: Doch, Herr, aus Furcht, vergebt mir, anzustoßen,
Ersuch ich Euch, eh wir zur Sache schreiten,
Den Ton mir der Verhandlung anzugeben.
Soll ich nach meiner Überzeugung reden,
Ein ehrlicher Kerl, versteht mich, oder so,
Wie es bei Hofe üblich, mit Euch sprechen?
Sag ich Euch dreist die Wahrheit, oder soll ich
Mich wie ein wohlgezogner Mensch betragen?
     
    Amphitryon: Nichts von den Fratzen. Ich verpflichte dich,
Bericht mir unverhohlen abzustatten.
     
    Sosias: Gut. Laßt mich machen jetzt. Ihr sollt bedient sein.
Ihr habt bloß mir die Fragen auszuwerfen.
     
    Amphitryon: Auf den Befehl, den ich dir gab –?
     
    Sosias: Ging ich
Durch eine Höllenfinsternis, als wäre
Der Tag zehntausend Klafter tief versunken,
Euch allen Teufeln, und den Auftrag gebend,
Den Weg nach Theben, und die Königsburg.
     
    Amphitryon: Was, Schurke, sagst du?
     
    Sosias: Herr, es ist die Wahrheit
     
    Amphitryon: Gut. Weiter. Während du den Weg verfolgtest –?
     
    Sosias: Setzt ich den Fuß stets einen vor den andern,
Und ließ die Spuren hinter mir zurück.
     
    Amphitryon: Was! Ob dir was begegnet, will ich wissen!
     
    Sosias: Nichts, Herr, als daß ich salva venia
Die Seele voll von Furcht und Schrecken hatte.
     
    Amphitryon: Drauf eingetroffen hier –?
     
    Sosias: Übt ich ein wenig
Mich auf den Vortrag, den ich halten sollte,
Und stellte witzig die Laterne mir,
Als Eure Gattin, die Prinzessin, vor.
     
    Amphitryon: Dies abgemacht –?
     
    Sosias: Ward ich gestört. Jetzt kömmts
     
    Amphitryon: Gestört? Wodurch? Wer störte dich?
     
    Sosias: Sosias.
     
    Amphitryon: Wie soll ich das verstehn?
     
    Sosias: Wie Ihrs verstehn sollt?
Mein Seel! Da fragt Ihr mich zu viel.
Sosias störte mich, da ich mich übte.
     
    Amphitryon: Sosias! Welch ein Sosias! Was für
Ein Galgenstrick, Halunke, von Sosias,
Der außer dir den Namen führt in Theben,
Hat dich gestört, da du dich eingeübt?
     
    Sosias: Sosias! Der bei Euch in Diensten steht,
Den Ihr vom Lager gestern abgeschickt,
Im Schlosse Eure Ankunft anzumelden.
     
    Amphitryon: Du? Was?
     
    Sosias: Ich, ja. Ein Ich, das Wissenschaft
Von allen unsern Heimlichkeiten hat,
Das Kästchen und die Diamanten kennt,
Dem Ich vollkommen gleich, das mit Euch spricht.
     
    Amphitryon: Was für Erzählungen?
     
    Sosias: Wahrhaftige.
Ich will nicht leben, Herr, belüg ich Euch.
Dies Ich war früher angelangt, als ich,
Und ich war hier, in diesem Fall, mein Seel,
Noch eh ich angekommen war.
     
    Amphitryon:
Woher entspringt dies Irrgeschwätz? Der Wischwasch?
Ists Träumerei? Ist es Betrunkenheit?
Gehirnverrückung? Oder solls ein Scherz sein?
     
    Sosias: Es ist mein völl’ger Ernst, Herr, und Ihr werdet,
Auf Ehrenwort, mir Euren Glauben schenken,
Wenn Ihr so gut sein wollt. Ich schwörs Euch zu,
Daß ich, der einfach aus dem Lager ging,
Ein Doppelter in Theben eingetroffen;
Daß ich mir glotzend hier begegnet bin;
Daß hier dies eine Ich, das vor Euch steht,
Vor Müdigkeit und Hunger ganz erschöpft,
Das andere, das aus dem Hause trat,
Frisch, einen Teufelskerl, gefunden hat;
Daß diese beiden Schufte, eifersüchtig
Jedweder, Euern Auftrag auszurichten,
Sofort in Streit gerieten, und daß ich
Mich wieder ab ins Lager trollen mußte,
Weil ich ein unvernünftger Schlingel war.
     
    Amphitryon: Man muß von meiner Sanftmut sein, von meiner
Friedfertigkeit, von meiner Selbstverleugnung,
Um einem Diener

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