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Saemtliche Werke von Heinrich von Kleist (Illustrierte) (German Edition)

Saemtliche Werke von Heinrich von Kleist (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Saemtliche Werke von Heinrich von Kleist (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich von Kleist
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gehört, was mir geschehn?
Daß Varus treulos den Vertrag gebrochen,
Und mir Sicambrien mit Römern überschwemmt?
Sieh, Holm, der Friesen wackern Fürsten,
Der durch das engste Band der Freundschaft mir verbunden:
Als jüngst die Rach Augustus’ auf ihn fiel,
Mir die Legionen fern zu halten,
Gab ich der Rach ihn des Augustus preis.
So lang an dem Gestad der Ems der Krieg nun wütet,
Mit keinem Wort, ich schwörs, mit keinem Blick,
Bin ich zu Hülfe ihm geeilt;
Ich hütet, in Calpurns, des Römerboten, Nähe,
Die Mienen, Hermann, die sich traurend
Auf des verlornen Schwagers Seite stellten:
Und jetzt – noch um den Lohn seh ich
Mich der fluchwürdigen Feigherzigkeit betrogen:
Varus führt die Legionen mir ins Land,
Und gleich, als wär ich Augusts Feind,
Wird es jedwedem Greul des Krieges preisgegeben.
     
    Hermann.
Ich hab davon gehört, Thuiskar.
Ich sprach den Boten, der die Nachricht
Dir eben aus Sicambrien gebracht.
     
    Thuiskomar.
Was nun – was wird für dich davon die Folge sein?
Marbod, der herrschensgierge Suevenfürst,
Der, fern von den Sudeten kommend,
Die Oder rechts und links die Donau überschwemmt,
Und seinem Szepter (so erklärt er)
Ganz Deutschland siegreich unterwerfen will:
Am Weserstrom, im Osten deiner Staaten,
Mit einem Heere steht er da,
Und den Tribut hat er dir abgefordert.
Du weißt, wie oft dir Varus schon
Zu Hülfe schelmisch die Kohorten bot.
Nur allzuklar ließ er die Absicht sehn,
Den Adler auch im Land Cheruskas aufzupflanzen;
Den schlausten Wendungen der Staatskunst nur
Gelang es, bis auf diesen Tag,
Dir den bösartgen Gast entfernt zu halten.
Nun ist er bis zur Lippe vorgerückt;
Nun steht er, mit drei Legionen,
In deines Landes Westen drohend da;
Nun mußt du, wenn er es in Augusts Namen fordert,
Ihm deiner Plätze Tore öffnen:
Du hast nicht mehr die Macht, es ihm zu wehren.
     
    Hermann.
Gewiß. Da siehst du richtig. Meine Lage
Ist in der Tat bedrängter als jemals.
     
    Thuiskomar.
Beim Himmel, wenn du schnell nicht hilfst,
Die Lage eines ganz Verlornen!
– Daß ich , mein wackrer Freund, dich in dies Irrsal stürzte,
Durch Schritte, wenig klug und überlegt,
Gewiß, ich fühls mit Schmerz, im Innersten der Brust.
Ich hätte nimmer, fühl ich, Frieden
Mit diesen Kindern des Betruges schließen,
Und diesen Varus, gleich dem Wolf der Wüste,
In einem ewgen Streit, bekriegen sollen.
– Das aber ist geschehn, und wenig frommt, du weißt,
In das Vergangene sich reuig zu versenken.
Was wirst du, fragt sich, nun darauf beschließen?
     
    Hermann.
Ja! Freund! Davon kann kaum die Red noch sein.
Nach allem, was geschehn, find ich
Läuft nun mein Vorteil ziemlich mit des Varus,
Und wenn er noch darauf besteht,
So nehm ich ihn in meinen Grenzen auf.
     
    Thuiskomar (erstaunt).
Du nimmst ihn – was?
     
    Dagobert.       In deines Landes Grenze? –
     
    Selgar.
Wenn Varus drauf besteht, du nimmst ihn auf?
     
    Thuiskomar.
Du Rasender! Hast du auch überlegt? –
     
    Dagobert.
Warum?
     
    Selgar.     Weshalb, sag an?
     
    Dagobert.   Zu welchem Zweck?
     
    Hermann.
– Mich gegen Marbod zu beschützen,
Der den Tribut mir trotzig abgefordert.
     
    Thuiskomar.
Dich gegen Marbod zu beschützen!
Und du weißt nicht, Unseliger, daß er
Den Marbod schelmisch gegen dich erregt,
Daß er mit Geld und Waffen heimlich
Ihn unterstützt, ja, daß er Feldherrn
Ihm zugesandt, die in der Kunst ihn tückisch,
Dich aus dem Feld zu schlagen, unterrichten?
     
    Hermann.
Ihr Freund, ich bitt euch, kümmert euch
Um meine Wohlfahrt nicht! Bei Wodan, meinem hohen Herrn!
So weit im Kreise mir der Welt
Das Heer der munteren Gedanken reichet,
Erstreb ich und bezweck ich nichts,
Als jenem Römerkaiser zu erliegen.
Das aber möcht ich gern mit Ruhm, ihr Brüder,
Wies einem deutschen Fürsten ziemt:
Und daß ich das vermög, im ganzen vollen Maße,
Wie sichs die freie Seele glorreich denkt –
Will ich allein stehn, und mit euch mich –
– Die manch ein andrer Wunsch zur Seite lockend zieht, –
In dieser wichtgen Sache nicht verbinden.
     
    Dagobert.
Nun, bei den Nornen! Wenn du sonst nichts willst,
Als dem August erliegen –?! (Er lacht.)
     
    Selgar.   – Man kann nicht sagen,
Daß hoch Arminius das Ziel sich stecket!
     
    Hermann.       So! –
Ihr würdet beide euren Witz vergebens
Zusammenlegen, dieses Ziel,
Das vor der Stirn euch dünket, zu erreichen.
Denn setzt einmal, ihr Herrn, ihr stündet
(Wohin ihr es im Lauf der Ewigkeit nicht bringt)
Dem Varus kampfverbunden gegenüber;
Im Grund

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