Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Saemtliche Werke von Heinrich von Kleist (Illustrierte) (German Edition)

Saemtliche Werke von Heinrich von Kleist (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Saemtliche Werke von Heinrich von Kleist (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich von Kleist
Vom Netzwerk:
ungeheure Wahrheit anzuschaun?
Nein! Schritt vor Schritt will ich das Land der großen Väter
Verlieren – über jeden Waldstrom schon im voraus,
Mir eine goldne Brücke baun,
In jeder Mordschlacht denken, wie ich in
Den letzten Winkel nur mich des Cheruskerlands
Zurückezieh: und triumphieren,
Wie nimmer Marius und Sylla triumphierten,
Wenn ich – nach einer runden Zahl von Jahren,
Versteht sich – im Schatten einer Wodanseiche,
Auf einem Grenzstein, mit den letzten Freunden,
Den schönen Tod der Helden sterben kann.
     
    Dagobert.
Nun denn, beim Styxfluß –!
     
    Selgar.    Das gestehst du, Vetter,
Auf diesem Weg nicht kömmst du eben weit.
     
    Dagobert.
Gleich einem Löwen grimmig steht er auf,
Warum? Um, wie ein Krebs, zurückzugehn.
     
    Hermann.
Nicht weit? Hm! – Seht, das möcht ich just nicht sagen.
Nach Rom – ihr Herren, Dagobert und Selgar!
Wenn mir das Glück ein wenig günstig ist.
Und wenn nicht ich, wie ich fast zweifeln muß,
Der Enkel einer doch, wag ich zu hoffen,
Die hier in diesem Paar der Lenden ruhn!
     
    Wolf (umarmt ihn).
Du Lieber, Wackrer, Göttlicher –!
Wahrhaftig, du gefällst mir. – Kommt, stoßt an!
Hermann soll, der Befreier Deutschlands, leben!
     
    Hermann (sich losmachend).
Kurz, wollt ihr, wie ich schon einmal euch sagte,
Zusammenraffen Weib und Kind,
Und auf der Weser rechtes Ufer bringen,
Geschirre, goldn’ und silberne, die ihr
Besitzet, schmelzen, Perlen und Juwelen
Verkaufen oder sie verpfänden,
Verheeren eure Fluren, eure Herden
Erschlagen, eure Plätze niederbrennen,
So bin ich euer Mann
     
    Wolf.   Wie? Was?
     
    Hermann.     Wo nicht –?
     
    Thuiskomar.
Die eignen Fluren sollen wir verheeren –?
     
    Dagobert.
Die Herden töten –?
     
    Selgar. Unsre Plätze niederbrennen –?
     
    Hermann.
Nicht? Nicht? Ihr wollt es nicht?
     
    Thuiskomar.
Das eben, Rasender, das ist es ja,
Was wir in diesem Krieg verteidigen wollen!
     
    Hermann (abbrechend).
Nun denn, ich glaubte, eure Freiheit wärs.
(Er steht auf.)
     
    Thuiskomar.
Was? – Allerdings. Die Freiheit –
     
    Hermann.     Ihr vergebt mir!
     
    Thuiskomar. Wohin, ich bitte dich?
     
    Selgar.     Was fällt dir ein?
     
    Hermann.
Ihr Herrn, ihr hörts; so kann ich euch nicht helfen.
     
    Dagobert (bricht auf).
Laß dir bedeuten, Hermann.
     
    Hermann (in die Szene rufend).
    Horst! Die Pferde!
     
    Selgar (ebenso).
Ein Augenblick! Hör an! Du mißverstehst uns!
     
    (Die Fürsten brechen sämtlich auf.)
     
    Hermann.
Ihr Herrn, zur Mittagstafel sehn wir uns.
     
    (Er geht ab; Hörnermusik.)
     
    Wolf.
O Deutschland! Vaterland! Wer rettet dich,
Wenn es ein Held, wie Siegmars Sohn nicht tut!
     
    (Alle ab.)
     

Zweiter Akt
     
    Szene: Teutoburg. Das Innere eines großen und prächtigen Fürstenzelts, mit einem Thron.
     

Erster Auftritt
     
    Hermann auf dem Thron. Ihm zur Seite Eginhardt. Ventidius, der Legat von Rom, steht vor ihm.
     
    Hermann.
Ventidius! Deine Botschaft, in der Tat,
Erfreut zugleich mich und bestürzt mich.
– Augustus, sagst du, beut zum drittenmal,
Mir seine Hülfe gegen Marbod an.
     
    Ventidius.
Ja, mein erlauchter Herr. Die drei Legionen,
Die, in Sicambrien, am Strom der Lippe stehn,
Betrachte sie wie dein! Quintilius Varus harrt,
Ihr großer Feldherr, deines Winkes nur,
In die Cheruskerplätze einzurücken.
Drei Tage, mehr bedarf es nicht, so steht er
Dem Marbod schon, am Bord der Weser, gegenüber,
Und zahlt, vorn an der Pfeile Spitzen,
Ihm das Metall, das er gewagt,
Dir als Tribut, der Trotzge, abzufodern.
     
    Hermann.
Freund, dir ist selbst bekannt, wie manchem bittern Drangsal
Ein Land ist heillos preis gestellt,
Das einen Heereszug erdulden muß.
Da finden Raub und Mord und Brand sich,
Der höllentstiegene Geschwisterreigen, ein,
Und selbst das Beil oft hält sie nicht zurück.
Meinst du nicht, alles wohl erwogen,
Daß ich im Stande wär, allein
Cheruska vor dem Marbod zu beschützen?
     
    Ventidius.
Nein, nein, mein Fürst! Den Wahn, ich bitte dich, entferne!
Gewiß, die Scharen, die du führst, sie bilden
Ein würdig kleines Heer, jedoch bedenke,
Mit welchem Feind du es zu tun!
Marbod, das Kind des Glücks, der Fürst der Sueven ists,
Der, von den Riesenbergen niederrollend,
Stets siegreich, wie ein Ball von Schnee, sich groß gewälzt.
Wo ist der Wall um solchem Sturz zu wehren?
Die Römer werden Mühe haben,
Die weltbesiegenden, wie mehr, o Herr, denn du,
Dein Reich vor der Verschüttung zu beschirmen.
     
    Hermann.
Freilich! Freilich! Du hast zu

Weitere Kostenlose Bücher