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Saemtliche Werke von Jean Paul

Saemtliche Werke von Jean Paul

Titel: Saemtliche Werke von Jean Paul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Paul
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aufhängende und in die aufgehangne Reihe, und er wäre Kriminalist geblieben – Ein unrasierter Malefikant im Karzer war ihm ein sinesisches Goldfischchen in einer gläsernen Bowle, beide wurden Gästen vorgestellt – Freie Spitzbuben-Pürsch nur in ein paar Weltteilen wäre seine Sache und Lust gewesen – Mich haßte er auf den Tod, weil ich ihm einmal einen vom Tode ins Zuchthaus wegdefendieret hatte – Er besaß die Sterbelisten aller Hingerichteten und eine Matrikul oder ein genealogisches Saatregister aller Räuber (Ehrenräuber ausgenommen), die in allen deutschen Kreisen zu ernten standen, und wahre Spitzbuben waren für ihn, was für den biographischen Plutarch gutgesinnte Menschen. Kurz er war ein echter Kriminalist, ganz wie ihn die alten deutschen oder neuen englischen Gesetze haben wollen; denn nach beiden soll jeder bloß von seinesgleichen gerichtet und verdammt werden; Kolben aber mußte jeder Spitzbube und Mörder für einen ebenso großen halten, und Inkulpat konnte mithin sagen, daß er die Rechtswohltat genösse, von einem seinesgleichen gerichtet zu werden. Ich kenne nicht viele ebenbürtige Malefizräte und Fakultisten, auf welche dieses anzuwenden wäre.
    Das verdroß Röpern ungemein; denn sein Malefizrat zog ihm alle Monate einen kostensplitterigen Fraisfall zu; und hohen Frais-Gerichtherrn ist doch nicht sowohl mit der Einfangung als Beerbung der Inquisiten gedient. Kurz als der Amtmann eine neue Galgenrekruten-Aushebung im Maußenbacher Walde vorzunehmen gedachte – woran vielleicht Robisch schuld war –: so stellte Herr von Röper diese Dieb-Preßgänge dadurch ab, daß er seinem Malefizrat so viel Grobheiten antat, als dazu vonnöten waren, daß der Amtmann nichts tun konnte als abdanken.
    Er tat doch noch etwas, der Schelm, er malte meine Wenigkeit ab. Da er mein Defensorat nicht vergessen konnte, so verwaltete er das Fiskalat und sagte zu Röpern, ich taugte nichts, ich wäre ein Mensch, der ihn und mehre Edelleute haßte und der den feinsten Hofton hätte; Paul nähme jeden Prozeß von Untertanen gegen ihre Lehnherrn an und hätte selber einmal gegen den Herrn Kommerzien-Agenten die Feder geführet. – Du elender Kolb! warum sollen Einbeine das nicht tun? – Meine wichtigsten Prozesse sind noch heute keine andern. – Und warum soll nicht gar ein Vorschlag wirklich werden, den ich sogleich tun will? Der, daß man nach dem Muster der Armen-Advokaten Untertanen-Advokaten einführt, die bloß gegen Patrimonialgerichte wie die Malteserritter gegen Ungläubige fechten. –
    Ich hab’ es aus Röpers eignem Munde; denn kurz, er installierte mich doch zum Maußenbacher – Amtmann, die Advozier- und Lesewelt erstaune, wie sie will. Die Kolbischen Angriffe waren eben meine Wendeltreppe zu diesem Gerichtstuhle. Mein Gerichtprinzipal muß zu seinen ewigen Kämpfen mit allen Instanzen und Edelleuten einen juristischen Taureador, einen hitzigen Federmesser-Harpunierer haben; Kolb sagte aber, ich wäre einer. Zweitens präsentierte mir Herr von Röper den Gerichtstuhl, weil ich weder ritt (des kurzen Beines wegen) noch fuhr (des seekranken Magens wegen) und mithin zur Justizpflege ohne den Pferde-Nachtrab, den sein Stall bisher zu apanagieren hatte, gegangen kam. Für Rezensenten und deren Redakteurs wird der Wink kein Schade sein, daß sie bedenken mögen, daß sie von nun an Papier nehmen und einen Mann rezensieren, der nicht etwa wie sie nichts ist, sondern einen, der so gut richtet wie sie, aber über ein reelleres Leben als das literarische, und der solche Rezensenten selber henken kann, wenn sie in seinem Gerichtsprengel etwas anders stehlen als Ehre.
    Jetzt kommt die Hauptsache. Ich war zum erstenmal als Richter in Maußenbach und trat meine Amtmannschaft an. Es ging alles recht gut, ich und Untertanen wurden einander vorgestellt, und ich hatte an diesem Tage über fünfhundert Hände in meiner. Freilich muß ich noch manches saure Gesicht wegscheuern, das sie mir mit machen, weil sie es meinem weniggeliebten Prinzipal machen; denn Volk und Adel liegen nicht bloß in Rom, sondern auch in heutigen Dörfern stets einander in Haaren und Zöpfen und fechten über Schuldensachen. Außer meiner Gerichthalterei feierte heute noch etwas seinen Geburttag – der Verleiher derselben, Röper; wir aßen also recht gut, zweierlei Dingen zu Ehren; erstlich weil das von ihm aufgelöste Parlament in mir heute wieder zusammenberufen und zweitens weil der Berufer vor vielen Jahren geboren worden.

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