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Saemtliche Werke von Jean Paul

Saemtliche Werke von Jean Paul

Titel: Saemtliche Werke von Jean Paul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Paul
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Ich kann sagen, mir war wohl dabei trotz meiner Verschiedenheit von dem Wiedergebornen – von dir ist gar nicht die Rede, Luise und Gerichtprinzipalin! – Welches lahme Herz schlüge nicht mit deinem in sympathetischer Harmonie zusammen, wenn es dein Auge über das Vergnügen deines Mannes und von Wünschen für sein Leben glänzen sieht. – Sondern von deinem Eheherrn selber red’ ich: er sei nun, wie er will, mir ist es unmöglich, von einem Manne, mit dem ich unter einer Stubendecke sitze, das Schlimme zu denken, das ich bisher von ihm gehört oder auch geglaubt, und es ist wahrlich nicht einerlei, ob uns ein Tisch oder eine Kunststraße trennt. Wenn du einen Menschen von Hörensagen hassest: so gehe in sein Haus und sehe zu, ob du, wenn du in seinen Gesprächen so manchen freundlichen Zug, in seinem Betragen gegen das Kind oder Weib, das er liebt, so manches Zeichen der Liebe aufgefunden hast, ob du da mit dem hineingebrachten Hasse wieder hinausgehest. War gegenwärtiger Verfasser in seinem Leben gegen etwas eingenommen, so waren es die Großen; seitdem er aber in seinen Klavierstunden zu Scheerau Gelegenheit gehabt, mit manchem Großen unter einem Deckengemälde zu stehen, seitdem er selbst unter diesen Riesen mit herumspringt: so sieht er, daß ein Minister, der ein Volk drückt, seine Kinder lieben und daß der Menschenfeind am Sessiontisch ein Menschenfreund am Nähpult seines Weibes sein kann. So haben die Alpenspitzen in der Ferne ein kahles steiles Ansehen, in der Nähe aber Platz und gute Kräuter genug.
    Ich gesteh’ es also, da nach altväterischer Sitte (an Geburttagen bei Hofe speist’ ich dergleichen nie) eine Biskuit-Torte aufgetragen wurde, auf der das Vivat und der Name Röper mit Typen von Mandeln aufgesäet zu lesen und zu essen war – da ferner der Inhaber des Namens zwar sagte: »Solche dumme Streiche machst du nun«, aber sogleich das Auge voll bekam und beifügte: »Schneid unsern Leuten draußen auch einen Bissen« – ich gestehe, sagt’ ich, ich wünschte alsdann manche Sage von ihm aus meinem Gedächtnis, die sich mit dem lapidarischen Mandelstil nicht wohl vertrug, und ich hätte besonders etwas darum gegeben, die Krebse am allerliebsten, wenn er, weniger um das Steingut in ihren Köpfen besorgt, seine Luise nicht angebrummt hätte, die in der Freude einige Beiträge zu seiner Krebs-Daktyliothek verschüttet hatte. – Ich will nur aufrichtig sein: der Henker hätte mich holen müssen, wenn ich hart wie ein Krebsauge hätte bleiben wollen, da du, meine Musik-Schülerin, geliebte Beata, welche aus der Hofluft , wie andre Blumen aus der mephitischen, nichts eingezogen als zartere Reize und höhern Schmelz, da du, holde Schülerin, mit dem weiblichen Gefühle des väterlichen Ansehens hingingest und dem Vater, mit dem Munde auf seiner Hand, die aufrichtigsten Wünsche brachtest und da du erst am Halse deiner Mutter, die euch beide mit Blicken der Liebe überschüttete, dein Herz in ein näheres übergossest….
    Erst jetzo kommt die versprochne Hauptsache – nämlich mein Gustav. Ich wollt’, er wär’ ausgeblieben. Er tritt vor zwei Husaren voraus, die einen Kornwagen eskortierten. Der Wagen wollte sich über der Grenze – das Fürstentum Scheerau stößet wie der menschliche Verstand überall auf Grenzen – abladen; die zwei Husaren wollten sich bestechen lassen, es war alles gut; aber Gustav wars nicht; der Kondukteur, der Pachter, hatte die Schleichware für Röperisches Gut ausgegeben – und vor Röper sträubte sich der ganze Gustav schon vom Vater her zurück. Zweitens lebte er jetzt mit der Tugend im Brautstand und in den Flitterwochen, wo man gute Werke und moralische hors d’oeuvre für einerlei nimmt und wo zugleich Stil und Tugend zu viel Feuer haben. Kurz der Pachter und Wagen mußten zurück; und der Kadett war ins Geburttagzimmer getreten, um es mit überwallendem Hasse gegen Röperische Betrügereien anzusagen. – Aber war er dies imstande, als er mich nach vielen Wochen und meine Schülerin zum ersten Male sah und unter die fröhlich geröteten Gesichter trat, aus denen er auf einmal Blut und Freude jagen wollte? – Er konnte nichts als mich beiseite ziehen und mir alles entdecken; aber das Belauschen und das anfahrende corpus delicti entdeckten dem Kommerzien-Agenten das nämliche. Er geriet ohne weiteres in eine schimpfende Wut gegen den Kadetten, den die Sache, wie er sagte, nichts angehe, und steigerte sich so lange darin, bis ihm ein Heilmittel gegen

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