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Saemtliche Werke von Jean Paul

Saemtliche Werke von Jean Paul

Titel: Saemtliche Werke von Jean Paul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Paul
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das ganze Unglück beifiel. Ich mußte mit ihm vor die Haustür hinaus, und er sagte mir, ich würde als sein Amtmann leicht einsehen, daß man das Getreide für das Getreide seiner Pächter ausgeben müßte, weil der Fürst mit einem Beamten kein Schonen hätte. Das letzte sah ich als sein neuer Amtmann ein, daß der geizige Arsenikkönig, der den Ämter-Handel, Justiz-Unfug und ähnliches duldete, doch auf Ungehorsame gegen ihn wie ein giftiger Wind zufähret; aber das sah ich nicht ein, daß eine zweite Betrügerei der Verhack und Advokat der ersten sein müsse. Zu unserem Gefechte stieß endlich der Gegenstand desselben, der Pachter selber, der mit zerrüttetem Gesicht und mit der stotternden Bitte zulief, »Ihro Gnaden sollten es nicht ungnädig vermerken, daß er in der Angst sein Korn für Ihro Gnaden Ihres ausgegeben hätte«. Nun war der Knoten auseinander: mein Prinzipal hatte bisher bloß seine glücklich über die Grenze gebrachte Schleichware mit der ertappten fremden vermengt. Dem Pachter hielt er sogleich als gesunder Moralist die Bosheit vor, auf einmal ihn, das Land und den Fürsten zu betrügen, »und er wünschte, er bräche jetzt das Schreiben der Regierung auf, er würde ihn auf der Stelle ausliefern«. Zu meinem Gustav eilt’ er hinein und warf ihm mit der Hitze der verkannten Unschuld so viel Grobheiten entgegen, als man von einem beleidigten Halb-Millionär erwarten kann, da Besitzer des Goldes, wie Saiten von Gold, am allergröbsten klingen. Mich dauerte mein lieber Gustav mit seiner Tugend-Plethora; ihn dauerte das Unglück des armen Pachters; und Beaten dauerte unsere allseitige Beschämung. Mit reißenden Gefühlen floh Gustav aus einem stummen Zimmer, wo er vom weichsten Herzen, das noch unter einem schönen Gesicht gezittert, von Beatens ihrem, die Blumen kindlicher Freude weggebrochen und herabgeschlagen hatte.
    Im Grund ging jetzt der Henker erst los – nämlich das Röperische Gebelle gegen das Falkenbergische Haus und gegen dessen abscheuliche Verschwendung und gegen den Kadetten. Beata schwieg; aber ich nicht: ich wäre ein Schelm gewesen (ein größerer, mein’ ich), wenn ich dem Rittmeister die Verschwendung in dem Sinne, worin sie der Gegner nahm, hätte beimessen lassen – ich wäre auch dumm (oder dümmer) gewesen, wenn ich ihn nicht in meinem ersten Amtmanns-Aktus an Widerstand zu gewöhnen getrachtet hätte, sondern erst im zehnten, zwanzigsten – – – Aber das Öl, das ich herumfließen ließ, um seine Wellen zu glätten, tropfte statt ins Wasser ins Feuer. Es half uns beiden wenig, daß uns meine Schülerin mit den silberhaltigsten Stellen aus Bendas Romeo anspielte – der alte Spaß war nimmer zurückzubringen – wir zuckten und lenkten vergeblich an unsern Gesichtern, Röper sah wie ein indianischer Hahn aus und ich wie ein europäischer. – Ich hatte vorgehabt, gegen Abend nach Mondaufgang etwas sentimentalisch zu sein in Beisein von Beaten, da sie mir ohnehin der Hof entriß; ich weiß gewiß, ich hätte hinlänglich empfunden und gefühlt; ich würde unter einem Schatten oder Baum mein Herz hervorgenommen und gesagt haben: »prenez«; ja ich schien sogar heute Beaten mir weit näher heranzuziehen als sonst, welches bei allen Mädchen gelingt, mit deren Eltern man die Geschäfte teilt. – – Das war nun sämtlich zum Henker; ich mußte kalt und zähe davongehen wie ein Kammergerichtbote und empfand schlecht. War der neue Amtmann verdrießlich, den man in sein Amt hineingeärgert hatte: so wars sein Prinzipal noch mehr, der in sein Jahr hineingezankt geworden. So hinkte ich davon und sagte unter dem ganzen Weg zu mir: »So und mit dem Gesicht und Aussehen ziehest du also, glücklicher Paul, von deiner Maußenbachischen Gerichthalterei heim, von der du schon in deinen Sektoren voraus geplaudert. – – Du brauchst meinetwegen nicht aufzugehen, Mond, ich brauche dein Puder-Gesicht heute nicht – der einzige verdammte Korn-Karren! und der Fürst! – und der Filz dazu! und auch die Jünglingtugend! – Ich wollt’, daß ihr alle…. Wär’ ich aber nur so gescheit gewesen und hätte gleich vormittags gefühlt und hätte vor dem Essen etwas von meinem Herzen vorgezeigt, nur ein Herzohr, nur eine Faser.«
    »Ei! Herr Amtmann!« (fuhr mir mein Wutz entgegen) »wieder da? Hats hübsche Ehebrüche gegeben, Hurenfälle, Raufereien, Injurien?«
    »Bloß einige Injurien«, sagt’ ich.

Dreiundzwanzigster oder XX. Trinitatis-Sekto r
     
    Andrer Zank – das

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