Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Saemtliche Werke von Jean Paul

Saemtliche Werke von Jean Paul

Titel: Saemtliche Werke von Jean Paul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Paul
Vom Netzwerk:
in Töpen und später in Hof war Jean Paul öfters in dem nur eine Stunde von Töpen und zwei Stunden von Hof entfernten Gute Venzka und dort der Familie von Spangenberg sehr willkommen, die er schon in früher Jugend kannte… Mit einem Buche in der Hand, worin er im Gehen zu lesen pflegte, kam er gewöhnlich in den Abendstunden dahin, ging aber früh, nicht selten vor Tagesanbruch, im stillen wieder fort. Vorzüglich gern unterhielt er sich mit der Frau von Spangenberg und ihrer jüngsten Tochter, und obgleich er fast so zu sprechen pflegte, wie er schrieb, so hatte dies in seinem Munde doch nichts Gesuchtes oder Erzwungenes. So äußerte er unter anderm einmal beim Abschied: »Es wäre jämmerlich, wenn ich sagen wollte, es wäre mir angenehm, bei Ihnen gewesen zu sein – denn wie wenig will das sagen!« Die angeborene Sanftmut und Milde, die in seinem Wesen lag, ging auch auf seine Worte über, die durch seinen Baireuther Dialekt einen ganz eigentümlichen Reiz erhielten; und sein lebhafter, stets beschäftigter Geist bewog ihn, sich über jede neue Idee mitzuteilen, welche sich in ihm regte.«
    Auffallend, und auch von anderer Seite hervorgehoben, ist die betonte Sanftmut und Milde seines Wesens. Sie erst macht uns seine Erscheinung ganz wahr und deutlich. Dieser Feuergeist, der ständig hingerissen war und andere hinriß, hatte in seinem Verhältnis zu allen Menschen eine zarte Liebe und Rücksichtnahme. Er war eine jener wahrhaft starken Naturen, die des äußerlichen Betonens von Kraft nicht bedürfen. Er stürmte gegen die Mächte der Zeit an, aber aus einem Herzen voller Liebe heraus, und seine Kraft war unbeweglich wie jene höchste Kraft, die Laotse preist.
    In seinem letzten Roman »Der Komet« hat er sich selbst beschrieben, wie er damals als Kandidat Richter auf den Landstraßen zwischen Hof und Töpen einherrannte: »einen dürren Jüngling mit offener Brust und fliegendem Haar und mit einer Schreibtafel in der Hand«. So konnte man ihn »singend im Trabe laufen« sehen. Zur höchsten Fertigkeit ausgebildet war seine Kunst, im Gehen zu lesen, die allein die Verbindung unendlicher Spaziergänge mit der Bewältigung einer staunenswert vielseitigen Lektüre erklärt.
    Wie früher Oerthel war jetzt Christian Otto seinem Leben der Nächste, und es besteht kein Zweifel, daß Jean Paul diesen Freunden ein Übermaß von Freundschaft und Hingabe entgegengebracht hat. Aber einem andern fühlte er sich doch noch tiefer und dämonischer verbunden, und während die Freunde um seine Liebe rangen, so rang er um die Freundschaft dieses einen, die ihm erst nach jahrelanger Mühe zuwuchs. »Ich werde wohl nicht eher ruhen, als bis ich mich mit ihm verloben dürfen«, schrieb er schon Anfang 1785 über Hermann an Oerthel. »Ich spiele auf die Gewohnheit der Morlakken an, bei denen ein Paar Freunde sich ordentlich kopulieren und feierlich einsegnen läßt… An etwas Körperliches müssen alle unsere Empfindungen sich halten und das griechische Feuer der Freundschaft würde gewiß bei uns noch häufiger sein, wenn es sich noch von der körperlichen Schönheit mit nährte… Daß sich dieses Feuer zuletzt mit einem Sinnenküzel und -triller endigt, kann nur dem anstößig sein, der das Geschlechtsvergnügen an sich für etwas Niedriges hält. Wer die Reinheit und Höhe kennt, zu der einige unserer Empfindungen nur ein- oder zweimal im ganzen Leben getrieben werden; wer das Hinkende, Niedrige, Mangelhafte, Kraftlose, Flüchtige und Unbeständige, das unsere edlen Empfindungen immer entstellet, mit den Idealen zusammenhält, die in seiner Seele davon liegen: der muß gestehen, daß dieses Leben ein elendes Spiel- und Flickwerk ist und daß wir bestimmt sind, hier auf der Folter unserer Wünsche und des Gefühles unseres Unvermögens zu liegen, wofern es nicht ein zweites wahres Leben gibt, wo unsere Empfindungen aus einem ungesunden dunstvollen Winterhaus ins Freie und in die Strahlen einer größeren Frühlingssonne kommen, wo die Freundschaft die Flügel der Liebe nimmt.«
    Bei Hermann kam nun allerdings griechische Schönheit zu den Vorzügen seines Geistes, und so beständig schwebte Jean Paul das Antlitz des Freundes vor, daß er sich Hermanns ihm ähnliche und gleich ihm schöne Schwester, wie er einmal schreibt, nicht als seine Braut vorstellen könne, da er die Empfindung haben würde, mit ihm, Hermann, verbunden zu sein. Jean Paul war vom Eros in seiner tiefsten und schönsten Gestalt erfaßt, und erst heute

Weitere Kostenlose Bücher