Saemtliche Werke von Jean Paul
Zerrissene, und Dr. Katzenberger warf seinen Schatten voraus.
In das Töpener Jahr, von dem wir so wenig Einzelheiten wissen, drängten sich die Eindrücke zusammen, die den Grund eines völlig neuen Jean Paul legten: Die Person Hermanns, die ihm hier als dichterische Gestalt aufging. Die Vertiefung des historisch politischen Blicks. Kant, Herder, und damit auch der Dritte nicht fehle, der ihm fast der Wichtigste werden sollte: Friedrich Jacobi. Anfang 1788 hatte Pfarrer Vogel seine neue Stelle als Superintendent in dem romantisch gelegenen Arzberg angetreten und seinem alten Schüler und Schützling von dort zum erstenmal über Friedrich Jacobi geschrieben, der in Nicolais Allgemeiner deutscher Bibliothek gerade wegen seines Streites mit Mendelssohn heftig angegriffen wurde. Noch vor wenigen Jahren hatte Jean Paul sich mit der ersten Fassung der »Scherzhaften Phantasie« an Nicolai gewandt. Jetzt war ihm kein Zweifel mehr, daß er mit der Berliner Aufklärung nichts mehr zu tun hatte. Mit vollem Herzen ergriff er für Jacobi Partei. Schon in den »Teufelspapieren« trat er warm für dessen »Vermischte Schriften« ein, um in der »Unsichtbaren Loge« den Hymnus auf ihn anzustimmen, der mit seinem vertieften Offenbarungsglauben und seiner Gegnerschaft gegen Kant und Fichte für ihn der Philosoph wurde.
Und endlich sollte mit dem Druck der »Teufelspapiere« auch äußerlich die alte Periode zu Ende gebracht und eine neue eingeleitet werden. Noch einmal hatte er das Manuskript umgearbeitet und seinem neu gewonnenen Lebensstandpunkt möglichst angeglichen. In den ersten Monaten des Jahres 1789 – Jean Paul war inzwischen ein Sechsundzwanzigjähriger geworden; mit zwanzig Jahren hatte er das Buch begonnen! – machte sich Beckmann in Gera an den Druck, den er vor drei Jahren versprochen hatte, und im Mai konnte Jean Paul nach sieben langen Jahren erzwungenen Schweigens endlich einmal wieder Dedikationsexemplare an seine Freunde versenden.
Nicht sogleich hatte das Buch den Titel getragen, unter dem es das Licht der Welt erblicken sollte, wenn man die Teilnahme ganz weniger Leser – der Erfolg blieb noch hinter den »Grönländischen Prozessen« zurück – so nennen kann. Beckmann hatte auf einem möglichst auffallenden Titel bestanden, zuerst »Faustin« vorgeschlagen, und erst allmählich hatte sich die Bezeichnung »Auswahl aus den Papieren des Teufels« herausgebildet. Um diesen Titel zu erklären, setzte Jean Paul der Schrift das »Aviso des Juden Mendel« voraus, in welchem Mendel erklärt, das Buch unter den nachgelassenen Papieren des ihm verschuldeten J. P. F. Hasus gefunden und beschlagnahmt zu haben. Eigentlich aber habe nicht Hasus das Buch geschrieben, der ein sanfter, milder Mann gewesen sei, sondern der Teufel, der sich nachts, wenn Hasus schlief, seines Körpers bemächtigt habe. (Kennzeichnung der dem Dichter so schwer gefallenen Rolle des herzlosen Spötters!)
Gleich der Anfang zeigt den unendlichen Fortschritt gegen das erste Satirenbuch. Eine feste Situation ist umrissen, und an sie knüpft die Satire an. Mit der ganzen Rücksichtslosigkeit gegen sich selber, die später noch viel auffälliger zutage trat, hat Jean Paul in der Person des Hasus sich selbst herausgestellt. Er ist dieser Hasus, in den der Teufel fuhr, um sich seines schlafenden Körpers zu bedienen. Und zugleich werden die Kulissen der Wirklichkeit beiseitegeräumt und der Blick, wenn auch nur scherzend, ins Kosmische gewendet. Auf einem höheren Planeten will Hasus einst gelebt und dort alle die großen Werke geschrieben haben, die heute auf der Erde unter fremdem Namen gehen. Swift, Sterne und überhaupt die größten Schriftsteller hätten vor ihm den Planeten verlassen und mit ihrem vorzüglichen Gedächtnis auf der Erde dann die Bücher niedergeschrieben und als eigene ausgegeben, die er allein dort oben verfaßt. Das Märchen von der Tonne und der Tristram Shandy wären von ihm, und ebenso die Werke Herders. Hätte man diese Wahrheit früher gewußt, so wäre das Schicksal aller dieser Werke nicht so traurig gewesen, und »besonders die ausgesuchten, die ein gewisser H. Herder ganz frei unter seinem Namen edieret, wären dem traurigen Lose entkommen, daß man sie jetzt in mehr als Einem Kreise Deutschlands, bei allen ihren offenbarsten Merkmalen und Gerüchen eines höhern ätherischen Vaterlandes, bei ihren Sonnensystemen strahlender Gedanken, bei einem Ausdruck, der Blüten und Früchte zugleich trägt, gleichwohl in
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