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Saemtliche Werke von Jean Paul

Saemtliche Werke von Jean Paul

Titel: Saemtliche Werke von Jean Paul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Paul
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wortreiche Journal – denn sonst wär’ es weder von noch für Deutschland geschrieben – rückte eine gute Abhandlung von mir nicht ein, die ich über den außerordentlichen Handelflor in Scheerau eingeschickt, weil vielleicht keine Regierung in Deutschland weniger bekannt ist als die scheerauische. Wahrhaftig man sollte denken, dieses Fürstentum verstecke sich wie ein Walfisch unter die Eisrinde der Polarmeere, so unbekannt sind die wichtigem Nachrichten von ihm; z. B. solche wie die, daß wir Scheerauer seit der neuen Regierung den ganzen ostindischen Handel und die Molukken an uns gezogen, von denen wir jetzo unsere Gewürze selber holen, welche letzte die Regierung eigenhändig dazu aus Amsterdam verschreibt. – – Aber das steht ja eben im ersten Zeitungsartikel.

Nro. 1 6
     
    Gewürzinseln und Molukken in Scheerau
    Der Brandenburger Weiher bei Baireuth ist ein ausgegrabner Landsee von 500 Tagwerken, und vor einigen Monaten saß ich eine Stunde darin; denn man trocknet ihn jetzt zum Besten seiner bleichen Küstenbewohner aus. Der scheerauische Weiher, an dem vier Regenten weitergraben ließen, hat 129 Tagwerke mehr und ist für Deutschland wichtig: denn durch seine aërostatischen Dünste wird er so gut wie das Mittelländische Meer das Wetter in Deutschland ändern, sobald der Wind über beide geht. Die Ebbe und Flut muß genau genommen sogar auf einer Träne oder im Saufnäpfchen eines Zeisigs stattfinden, wie viel mehr auf einem solchen Wasser: – die Diözes von Inseln, die diesen Teich so putzt und furniert, z. B. Banda, Sumatra, Zeylon und das schöne Amboina, die großen und kleinen Molukken, traten erst unter der jetzigen Regierung aus dem Wasser – oder vielmehr ins Wasser. Herrn Buffon, wenn er noch lebte, und andre Naturforscher müßt’ es frappieren, daß die Inseln auf dem Scheerauischen Ozean nicht durch Auftürmungen von Korallen entstanden – auch nicht durch Erdbeben, die den Dromedar-Rücken des Meergrundes aus dem Wasser aufkrümmten – selber durch keinen Vulkan in der Nähe, der diese Berge ins Wasser hineingesäet hätte; denn Sumatra, die großen und die kleinen Molukken wurden bloß in kleinen Partien auf unzähligen Schubkarren und Leiterwagen an die Küsten herbeigeschoben – und weil auf den Karren Steine, Sand, Erde und alle Ingredienzien einer hübschen Insel waren, so brachten die Fronbauern, landesherrliche sowohl als ritterschaftliche, die ebenso viele (Tabak-) rauchende und Inseln bildende Vulkane waren, in kurzem die Molukken fertig, indes die ritterschaftlichen Brücken über landesherrliche Wasser noch nicht angefangen sind. Die Absicht des Landesherrn ist, den ganzen ostindischen Handel bei Asien in Scheerau so bei der Hand zu haben wie eine Rappémühle – und ich denke, wir haben ihn; nur mit dem Unterschiede, daß die scheerauischen Gewürzinseln noch besser sind als die holländischen. Auf den letzten muß man erst das Reifen des Pfeffers, der Muskatnüsse etc. abpassen; aber auf unsern liegt schon alles reif und trocken da, und man darfs nur ans Essen reiben: das macht, weil wir alle diese Früchte schon ganz zeitig aus – Amsterdam verschreiben. Es ist nämlich so:
    »Entweder alles oder nichts ist ein Regale. Der Rechtskundige kann es nicht billigen, daß die Fürsten, wiewohl sie die kostbarsten, aber seltensten Produkte zu ihren Regalien erheben, gleichwohl die gemeinen, aber desto ergiebigern in den Händen der Landeskinder lassen und dadurch den Fiskus schwächen. Der Jurist findet bei den südasiatischen Fürsten, so despotisch sie sonst sind, mehre Folgerichtigkeit, welche nicht das Wild, oder Salz, oder Bernstein, oder Perlen, sondern das ganze Land und den ganzen Handel nehmen und beide bloß jährlich verpachten. Die deutschen Fürsten haben hiezu größere Befugnis als alle andre; denn alle europäische Reiche haben indische Besitzungen, haben ein Neu-England, Neu-Frankreich, Neu-Holland; aber ein Neu-Deutschland hat das Alt-Deutschland nicht, und das einzige Land, welches ein Fürst noch wegzunehmen hat, ist sein eignes, man müßte denn aus Polen oder der Türkei ein Neu-Österreich, Neu-Preußen etc. zu machen wissen.
    Allein dieses sah bisher kein Regent als der scheerauische ein, der diese Grundsätze seinem geheimen Kabinette vorlegte, aber schon vor dem Abstimmen seinen Entschluß gefasset hatte: daß nun die Leute alles Gewürz bei ihm nehmen sollten. Er selber schafft nun, gleich der Natur, auf seinen Molukken die Gewürze, die

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